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BGH, Urteil vom 07. Februar 2012 – II ZR 230/09

§ 712 Abs 1 BGB, § 715 BGB, § 737 S 2 BGB, § 47 Abs 4 GmbHG

1. Eine Kommanditgesellschaft als Gesellschafterin einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
ist grundsätzlich nicht von der Beschlussfassung über die Einholung eines Rechtsgutachtens zur Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen ihren nicht an der Geschäftsführung beteiligten Kommanditisten ausgeschlossen, auch wenn dieser mit 94% an ihrem Kapital beteiligt und zu 50% stimmberechtigt ist.

Nach diesen Maßstäben war die Beklagte zu 1 nicht bei der Abstimmung über TOP 12 ausgeschlossen, weil P.    ihr Abstimmungsverhalten in der GbR nicht entscheidend beeinflussen konnte. P.    hatte in der Beklagten zu 1 keine Leitungsmacht. Als Kommanditist war er von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Seine Beteiligung von 94 % am Kapital der Beklagten zu 1 verschaffte ihm als nicht geschäftsführender Kommanditist keine Möglichkeit, seine Vorstellungen über das Abstimmungsverhalten der Beklagten zu 1 bei der Beschlussfassung in der GbR darüber, ob ein Rechtsgutachten zur Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen ihn in Auftrag gegeben werden sollte, durchzusetzen. In einer Kommanditgesellschaft, um die es sich bei der Beklagten zu 1 handelt, ist für Geschäftsführungsmaßnahmen ein Gesellschafterbeschluss nur unter den Voraussetzungen der §§ 164, 116 Abs. 2 HGB erforderlich. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass es sich bei der Abstimmung in der GbR über den Antrag des Klägers, ein Rechtsgutachten zur Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen P.     einzuholen, für die Beklagte zu 1 um ein außergewöhnliches Geschäft im Sinn von § 116 Abs. 2 HGB handelte, das eines Beschlusses sämtlicher Gesellschafter bedurfte. Auch sonstige Umstände, die die Möglichkeit einer beständigen, umfassenden und gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflussnahme von P.  auf das Abstimmungsverhalten der Beklagten zu 1 in der GbR begründen könnten, sind nach dem bislang festgestellten Sachverhalt nicht ersichtlich. Weiterer Feststellungen bedarf es insoweit nicht. Ob die Beklagte zu 1 bei der Abstimmung über TOP 12 einem Stimmverbot unterlag, kann dahin stehen, weil sich dies nicht auf das Beschlussergebnis auswirken würde.

2. Ein Gesellschafter(-Geschäftsführer) einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
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unterliegt wegen des Grundsatzes, dass niemand Richter in eigener Sache sein kann, einem Stimmverbot, wenn Beschlussgegenstand ein pflichtwidriges Unterlassen eines Mitgeschäftsführers ist, das beiden als Geschäftsführer aufgrund übereinstimmender Verhaltensweisen in gleicher Weise angelastet wird; dies gilt auch dann, wenn beide das Unterlassen von Maßnahmen nicht miteinander abgestimmt haben.

Gegenstand von TOP 12 ist die Einholung eines Rechtsgutachtens zur Prüfung, ob der GbR Schadensersatzansprüche gegen den Gesellschafter der Beklagten zu 1 P.    wegen Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer der GbR zustehen. Bei Beschlussfassungen der Gesellschafter über die Entlastung eines Gesellschafters, die Einleitung eines Rechtsstreits oder die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen Gesellschafter sowie die Befreiung eines Gesellschafters von einer Verbindlichkeit unterliegt der betroffene Gesellschafter auch im Personengesellschaftsrecht einem Stimmverbot (BGH, Urteil vom 9. Mai 1974 – II ZR 84/72, WM 1974, 834, 835; Urteil vom 4. November 1982 – II ZR 210/81, WM 1983, 60; ebenso bereits RGZ 136, 236, 245; 162, 370, 372 f.; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 709 Rn. 65; Goette in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 119 Rn. 11 f.; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 119 Rn. 8). Dem liegt der allgemein geltende Grundsatz (vgl. § 712 Abs. 1, §§ 715, 737 Satz 2 BGB; § 34 BGB, § 47 Abs. 4 Satz 1 Fall 1 und Satz 2 Fall 2 GmbHG, § 43 Abs. 6 GenG, § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG) zugrunde, dass niemand Richter in eigener Sache sein darf. Das für die Beschlussfassung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für den betroffenen Gesellschafter geltende Stimmverbot erfasst auch die Beschlussfassung über die Einholung eines Gutachtens zur Prüfung, ob Schadensersatzansprüche gegen den betroffenen Gesellschafter bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1990 – II ZR 9/90, ZIP 1990, 1194, 1195). Die dieser Ausdehnung des Stimmverbots zugrundeliegende Erwägung, dass der betroffene Gesellschafter andernfalls schon im Vorfeld die Geltendmachung gegen ihn gerichteter Schadensersatzansprüche vereiteln könnte, gilt für Personengesellschaften in gleicher Weise wie für die GmbH.

3. Ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ist von der Abstimmung über einen Beschlussgegenstand, der die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft zu einer GmbH betrifft, nicht deshalb ausgeschlossen, weil er Fremdgeschäftsführer oder Prokurist der GmbH ist.

Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Beschlüsse zu TOP 4 und 5 nichtig sind (Klageanträge zu I.2. und I.3.), weil sie nicht mit der erforderlichen Mehrheit gefasst worden seien. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren der Beklagte zu 2 als Fremdgeschäftsführer der begünstigten IVG und die Beklagte zu 1 wegen der Stellung ihrer Komplementärin als Prokuristin der IVG nicht von der Abstimmung zu TOP 4 und 5 ausgeschlossen.

Schlagworte: Befangener Mitgesellschafter, Erstreckung auf Mitgesellschafter, Gemeinsame Pflichtverletzung mehrerer Gesellschafter, Gemeinschaftliches Fehlverhalten von Gesellschaftern, Gesellschafter bedient sich eines bevollmächtigten Dritten, Gesetzliche Stimmverbote, Kein Richter in eigener Sache, Mehrheitsbeschlüsse, Nahe Angehörige, Stimmverbote