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BAG, Urteil vom 10. Oktober 1990 – 5 AZR 404/89 

§ 138 Abs 1 BGB

Eine Verlustbeteiligung des Arbeitnehmers ist jedenfalls dann Sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 Abs 1 BGB), wenn dafür kein angemessener AusgleichBitte wählen Sie ein Schlagwort:
angemessener Ausgleich
Ausgleich
erfolgt.

1. Eine arbeitsvertragliche Vergütungsregelung verstößt dann gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB, wenn der Arbeitnehmer mit dem Betriebs- oder Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers belastet wird. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine Vergütungsabrede eine Verlustbeteiligung des Arbeitnehmers vorsieht (unveröffentlichtes Senatsurteil vom 21. März 1984 – 5 AZR 462/82 -, zu II 1 der Gründe).

2. Davon ist hier ebenfalls auszugehen. Der Beklagte hat sich seine Weiterbeschäftigung für ein Jahr dadurch „erkauft“, daß er sich im Gegenzuge verpflichtete, für die während seiner Tätigkeit eintretenden Verluste einzustehen. Damit finanzierte er seine Weiterbeschäftigung selbst, nachdem die erwarteten Spenden ausblieben.

Zwar meint die Revision, der Beklagte hätte es in der Hand gehabt, die Verluste zu vermeiden, weil er die Abteilung selbst leiten und über den Einsatz seiner Mitarbeiter allein entscheiden konnte. Dabei verkennt die Revision jedoch, daß durch die Gehaltsansprüche des Beklagten und der ihm unterstellten Mitarbeiter ebenso wie aus dem Einsatz des wissenschaftlichen Apparates unvermeidbare Kosten entstanden. Ebensowenig ist der Gehaltsanstieg des Beklagten von der VergGr. I b BAT nach VergGr. I a BAT eine Gegenleistung der Klägerin, weil der Beklagte dafür im Rahmen seiner Verpflichtung zur Kostenerstattung im Ergebnis selbst aufkommen mußte.

3. Da der Beklagte sich hiernach ohne nennenswerte Gegenleistung der Klägerin zur Deckung der Verluste des Instituts verpflichtet hat, ist diese Vereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil sie nach ihrem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht mehr zu vereinbaren ist (BGHZ 107, 92, 97, m.w.N.). Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist allerdings auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Rechtsgeschäft nachträglich geändert oder durch Zusatzvereinbarungen ergänzt wird (BGHZ 100, 353, 359, m.w.N.). Zwar hat der Beklagte noch nach seinem Ausscheiden mit einer „Vereinbarungsbestätigung“ vom 29. September/3. Oktober 1984 bekräftigt, für die Verluste der von ihm geleiteten Abteilung aufzukommen. Damit ist er aber keine neue Verpflichtung eingegangen, sondern er hat die bereits im Zusatzvertrag vom 14. Januar 1983 im Zusammenhang mit der Begründung des Arbeitsverhältnisses eingegangenen Zusagen bestätigt. Allerdings ging die Anregung zum Abschluß dieses Vertrages von dem Beklagten selbst aus. Dabei mag er unüberlegt und unverständlich gehandelt haben. Das ändert aber letztlich nichts daran, daß die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB erfüllt sind, denn insoweit kommt es allein darauf an, daß die begünstigte Klägerin aus der schwächeren Lage des Beklagten übermäßig Vorteile ziehen will (vgl. BGH Urteil vom 10. Juli 1987 – V ZR 284/85 – NJW 1988, 130, 131, m.w.N.). Das ist jedoch, wie schon dargelegt, der Fall, weil der Beklagte ohne nennenswerte Gegenleistung die Verpflichtung zur Deckung der in seiner Abteilung entstehenden unvermeidbaren Verluste übernommen hatte. In subjektiver Hinsicht ist nur erforderlich, daß die Handelnden diese Umstände kennen, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt; es ist demgegenüber nicht maßgebend, daß sie ihr Handeln für Sittenwidrig halten. Es kommt insoweit nicht auf die eigene Beurteilung der Vertragspartner an, sondern auf die tatsächlichen Umstände und auf den Zwang der Verhältnisse, unter denen sie handeln.

Schlagworte: Rechtlicher Rahmen für Beteiligung von Arbeitnehmern, Umfang der Beteiligung gegenüber Festgehalt