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BAG, Urteil vom 28. September 2006 – 8 AZR 568/05 

§ 241 Abs 2 BGB, § 242 BGB, § 313 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 826 BGB, Art 229 § 6 Abs 1 BGBEG, Art 229 § 5 BGBEG, § 31 Abs 2 WpHG, § 45 Abs 1 S 1 BörsG 2002, § 13 Abs 1 VerkaufsprospektG

1. Der Erwerb von Aktien ist ein typisches Spekulationsgeschäft und mit erheblichen Risiken für den Käufer verbunden. Der Erwerb nicht börsennotierter Aktien ist typischerweise mit dem Risiko des Scheiterns oder zumindest des Verschiebens des beabsichtigten Börsengangs verbunden. Dieses Risiko trägt regelmäßig der Aktienkäufer. Bei Verwirklichung dieses Risikos kann sich der Käufer nicht auf den Wegfall der GeschäftsgrundlageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geschäftsgrundlage
Wegfall der Geschäftsgrundlage
berufen und eine Anpassung oder gar Rückabwicklung des Vertrags verlangen, da damit der spekulative Charakter des Geschäfts völlig entfiele.

Der Kläger hat schon nicht dargelegt, dass und auf Grund welcher konkreten Umstände der Börsengang der Beklagten Geschäftsgrundlage des Zeichnungsvertrags zwischen den Parteien geworden ist. Doch selbst wenn der Senat dies annähme, ist dem Kläger die Berufung auf den Wegfall der GeschäftsgrundlageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geschäftsgrundlage
Wegfall der Geschäftsgrundlage
verwehrt. Die Grundsätze über den Wegfall der GeschäftsgrundlageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geschäftsgrundlage
Wegfall der Geschäftsgrundlage
finden nämlich keine Anwendung, wenn sich durch die Störung ein Risiko verwirklicht hat, das eine Partei zu tragen hat (BGH 1. Juni 1979 – V ZR 80/77 – BGHZ 74, 370; 16. Februar 2000 – XII ZR 279/97 – NJW 2000, 1714; Palandt/Grüneberg BGB 65. Aufl. § 313 Rn. 19) . Die Aufteilung der vertraglichen Risikosphären (mit der Folge, dass für eine Berücksichtigung des Fortfalls der Geschäftsgrundlage kein Raum bleibt) kann sich aus der vertragstypischen Regelung durch das (dispositive) Gesetzesrecht und dem darin zum Ausdruck kommenden Beurteilungsmaßstab ergeben, sie kann aber auch ausdrücklichen oder stillschweigenden Absprachen der Parteien im Wege der Auslegung zu entnehmen sein (BGH 1. Juni 1979 – V ZR 80/77 – aaO) . Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für den Betroffenen – abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt – regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der GeschäftsgrundlageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu berufen (BGH 16. Februar 2000 – XII ZR 279/97 – aaO) . So ist eine Berufung auf den Wegfall der GeschäftsgrundlageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Wegfall der Geschäftsgrundlage
regelmäßig bei Spekulationsgeschäften ausgeschlossen (Soergel-Teichmann BGB 12. Aufl. § 242 Rn. 231; Palandt/Grüneberg § 313 Rn. 20) . Dies trifft auf den Streitfall zu. Der Erwerb von Aktien ist ein typisches Spekulationsgeschäft und mit erheblichen Risiken für den Käufer verbunden. Der Erwerb nicht börsennotierter Aktien ist typischerweise mit dem Risiko des Scheiterns oder zumindest des Verschiebens des beabsichtigten Börsengangs verbunden. Dieses Risiko trägt regelmäßig der Aktienkäufer. Könnte sich dieser bei einer Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der GeschäftsgrundlageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Wegfall der Geschäftsgrundlage
berufen und eine Anpassung oder gar Rückabwicklung des Vertrags verlangen, entfiele der spekulative Charakter des Geschäfts völlig. Die Parteien haben auch keine andere vertragliche Risikozuweisung getroffen, insbesondere hat die Beklagte das Risiko des Scheiterns des Börsengangs nicht übernommen. Eine solche Risikoübernahme ist dem Zeichnungsvertrag weder ausdrücklich noch im Wege der Auslegung zu entnehmen. Die Parteien haben keinerlei Absprache über ein mögliches Scheitern des Börsengangs getroffen. Es kann auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung angenommen werden, die Parteien hätten der Beklagten das Risiko des Scheiterns des Börsengangs zugewiesen, wenn sie diesen Umstand bedacht hätten. Es fehlt bereits an den Voraussetzungen für die Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung. Diese hat den Zweck, Lücken in der rechtsgeschäftlichen Regelung zu schließen, so dass der Vertrag eine “planwidrige Unvollständigkeit” aufweisen muss (Palandt/Heinrichs § 157 Rn. 3) . Dies ist im Streitfall nicht erkennbar und wird von dem Kläger auch nicht dargetan.

2. Eine Konzernmuttergesellschaft ist nicht aufgrund eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses verpflichtet, bei ihren Konzerntöchtern beschäftigte Arbeitnehmer darüber zu unterrichten, dass ihre Aktien, die ein Arbeitnehmer vor einem Börsengang zeichnet, nicht an sie zurückgegeben werden können, wenn der Börsengang scheitert.

Die Beklagte war auch nicht auf Grund eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses im Zusammenhang mit dem Zeichnungsvertrag verpflichtet, den Kläger darauf hinzuweisen, dass im Falle des Scheiterns des Börsengangs eine Rücknahme der Aktien nicht erfolgt. In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob die Beklagte (oder die R B GmbH) verpflichtet waren, den Kläger über die Risiken des Erwerbs nicht börsennotierter Aktien, dh. über die fehlende Handelbarkeit bzw. Unverkäuflichkeit hinzuweisen (vgl. BAG hierzu 4. Oktober 2005 – 9 AZR 598/04 – AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, im Zusammenhang mit einem Arbeitgeberdarlehen zum Erwerb von Aktien) , denn die Verletzung einer solchen Aufklärungspflicht ist für den vom Kläger geltend gemachten Schaden nicht kausal geworden. Der Kläger hat erstmals in der Revisionsinstanz behauptet, er hätte die Aktien nicht gekauft, wenn er gewusst hätte, dass der Börsengang scheitere. Selbst wenn der Senat dieses neue Tatsachenvorbringen berücksichtigen würde, führt dies nicht zur Annahme eines Kausalitätszusammenhangs. Der Kläger wirft der Beklagten nämlich nicht das Scheitern des Börsengangs vor, sondern eine mangelnde Aufklärung. Im Zeitpunkt der Zeichnung wusste er aber, dass der Börsengang noch nicht stattgefunden hatte und er hat auch nicht behauptet, dass die Beklagte ihn insoweit getäuscht hatte. Zur Kausalität hat der Kläger in den Tatsacheninstanzen lediglich behauptet, er hätte die Aktien nicht gekauft, wenn er gewusst hätte, dass er diese bei einem Scheitern des Börsengangs nicht zurückgeben könne. Eine derartig weite Verpflichtung zur Aufklärung über diesen Umstand bestand für die Beklagte als reine Aktienemittentin jedoch nicht. Ein Unternehmen, welches Aktien ausgibt und verkauft, ist nicht zur allgemeinen Rechtsberatung eines Käufers dahingehend verpflichtet, dass einmal erworbene Aktien – auch bei einem Scheitern des geplanten Börsengangs – nicht zurückgegeben werden können. Es ist Allgemeingut, dass ohne ausdrückliches Einverständnis des Verkäufers oder das Eingreifen gesetzlicher Regelungen (zB beim Vorliegen eines Mangels) Kaufgegenstände nicht zurückgegeben werden können. Dies gilt auch bei einem Sinneswandel des Käufers oder weil Umstände eingetreten sind, die zum normalen Lebensrisiko gehören oder die den Kauf wirtschaftlich in einem anderen Licht erscheinen lassen. Überdies ergab sich aus dem Textprotokoll vom 16. November 1999, dass bei einer Verschiebung des Börsengangs keine Rückgabe der Aktien in Betracht kommt, so dass der Kläger auch ausreichend informiert war. Die Beklagte hat dem Kläger vor Abschluss des Zeichnungsvertrags letztlich auch keine falsche Auskunft erteilt. Über ein mögliches Scheitern des beabsichtigten Börsengangs hat sie ausdrücklich keinerlei Angaben gemacht. Sie hat den Börsengang auch nicht als unaufschiebbar bezeichnet. Vielmehr hat sie oder zunächst die R B GmbH den geplanten Termin für den Börsengang als “angestrebt” bezeichnet und darauf hingewiesen, dass eine Verschiebung nicht auszuschließen sei. Zugleich hat sie mitgeteilt, dass der genaue Termin von einer Vielzahl von Faktoren abhängig sei und zu erkennen gegeben, dass dies nicht allein in ihrem Einflussbereich liegt. Dass bereits diese Informationen falsch waren und die Beklagte wusste oder davon ausgehen musste, dass die von ihr unverbindlich angegebenen Termine auch nicht annähernd eingehalten werden können, hat der Kläger nicht behauptet.

Schlagworte: Aktienrechtliche Grundlagen für alle Beteiligungsformen, Angemessenheit Vorstandsvergütung, Aufklärungspflichten, Beteiligung an AG, Rechtlicher Rahmen für Beteiligung von Arbeitnehmern, Rechtlicher Rahmen für Beteiligung von Vorstandsmitgliedern