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BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 – 2 AZR 422/13

§ 1 Abs 1 KSchG, § 1 Abs 2 KSchG, § 286 Abs 1 ZPO, § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 Buchst b ZPO, § 559 Abs 2 ZPO

Hängt der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs von unternehmerisch-organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers ab, die bei Zugang der Kündigung faktisch noch nicht umgesetzt worden sind, müssen zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, diese Maßnahmen vorzunehmen, zu diesem Zeitpunkt schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein.

Hängt der Wegfall des Arbeitsbedarfs von unternehmerisch-organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers ab, die bei Zugang der Kündigung faktisch noch nicht umgesetzt worden sind, müssen folglich zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, diese Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung – auf den es dafür unverzichtbar ankommt – nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen. Eine Kündigung, die erklärt wurde, ohne dass bei ihrem Zugang bereits festgestanden hätte, aufgrund welcher Maßnahme des Arbeitgebers es zum Arbeitsplatzverlust kommen werde, ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, sondern nur durch den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers bedingt. Der bloße Kündigungswille des Arbeitgebers wiederum ist kein Grund, der eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen könnte. Dazu bedarf es eines Grundes außerhalb der Kündigung selbst, also eines Grundes, der dem Kündigungsentschluss seinerseits zugrunde liegt. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung muss damit die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs führen soll, tatsächlich bereits getroffen worden sein (vgl. BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 346/12 – Rn. 16, 18; 7. Juli 2005 – 2 AZR 399/04 – zu II 4 a und II 4 d dd der Gründe). Der Arbeitgeber muss schon in diesem Zeitpunkt endgültig und vorbehaltlos zur Vornahme einer Maßnahme entschlossen sein, die, wenn sie tatsächlich durchgeführt wird, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist den Arbeitsplatzverlust zur Folge hat (BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 346/12 – Rn. 18; 23. Februar 2010 – 2 AZR 268/08 – Rn. 18, BAGE 133, 240).

Der fragliche Entschluss unterliegt keinem Formzwang. Auch bei einem mehrköpfigen Entscheidungsgremium, das letztlich nur gemeinsam entscheiden kann, bedarf es dazu in der Regel keines förmlichen Beschlusses. Es genügt, dass ein einzelnes Gremiumsmitglied den betreffenden Entschluss vorbehaltlos gefasst hat und – etwa aufgrund von Erfahrungswerten – fest damit zu rechnen war, die übrigen Mitglieder würden sich dem anschließen (vgl. BAG 7. Juli 2005 – 2 AZR 399/04 – zu II 4 d dd der Gründe).

Da der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, hat er die tatsächlichen Grundlagen für die Berechtigung der Prognose, bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist werde ein Beschäftigungsbedarf entfallen sein, von sich aus schlüssig vorzutragen. Zu diesen Tatsachen gehört der schon bei Kündigungszugang getroffene endgültige Entschluss zur Vornahme einer Maßnahme, die zu einem solchen Wegfall führen werde. Wie substantiiert der Vortrag zu erfolgen hat, hängt von der Einlassung des Arbeitnehmers ab. Zunächst genügt es, wenn der Arbeitgeber – zumindest konkludent – behauptet, er habe seine entsprechende Entscheidung schon vor Zugang der Kündigung getroffen. Wenn der Arbeitnehmer dies mit – in der Regel zunächst ausreichendem – Nichtwissen bestreitet, wird der Arbeitgeber nähere tatsächliche Einzelheiten darlegen müssen, aus denen unmittelbar oder mittelbar geschlossen werden kann, er habe die entsprechende Absicht bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig gehabt. Geht es dabei um den inneren Zustand einer einzelnen Person, wird sich das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung – wie stets – nach § 286 ZPO bilden müssen. Wenn sich die innere Tatsache nicht in irgendeiner Weise nach außen manifestiert hat, wird es auf die genaue Darlegung des inneren Willensbildungsprozesses der betreffenden Person, die Schlüssigkeit ihrer Angaben und ggf. ihre Glaubwürdigkeit ankommen.

 

Schlagworte: Außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages, Geschäftsführer