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Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 25.10.1991 – BReg 3 Z 125/91

§ 34 GmbHG, § 53 GmbHG, § 54 GmbHG

Der Beschluß der Gesellschafterversammlung, mit dem nach Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils die verbliebenen Geschäftsanteile im Nennwert dem Betrag des Stammkapitals angeglichen werden (sog Aufstockungsbeschluß), bedarf zu seiner Wirksamkeit nicht der Form der Satzungsänderung und kann als solcher nicht in das Handelsregister eingetragen werden.

Die in der Satzung vorgesehene und mit Zustimmung des Anteilsberechtigten durchgeführte Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils (§ 34 GmbHG) erfordert einen Gesellschafterbeschluß nach § 46 Nr.4 GmbHG und dessen Mitteilung an den betroffenen Gesellschafter (vgl. Hachenburg/Ulmer GmbHG 8.Aufl. § 34 Rn.49). Soweit der Beschluß – wie hier – nicht mit einer Kapitalherabsetzung nach § 58 GmbHG verbunden ist, bedarf er auch nicht der Anmeldung zum Handelsregister. Mit der Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
sind alle Rechte und Pflichten daraus erloschen. Das in der Satzung festgesetzte Stammkapital bleibt aber unberührt. Die Folge davon ist, daß nach der Einziehung eine Differenz zwischen dem Stammkapital und der Summe der Nennwerte der verbliebenen Geschäftsanteile auftritt; dies nimmt aber das GmbH-Recht – anders als das Aktienrecht; vgl. §§ 237 – 239 AktG – bewußt in Kauf (h.M. Hachenburg/Ulmer Rn.62, Baumbach/Hueck GmbHG 15.Aufl. Rn.16, Scholz/H.P.Westermann GmbHG 7.Aufl. Rn.53, je zu § 34). Allerdings vergrößern sich die Geschäftsanteile verhältnismäßig um die Größe des weggefallenen.

Die Diskrepanz zwischen Stammkapital und Nennbetrag der Geschäftsanteile kann beseitigt werden, entweder durch Schaffung eines neuen Geschäftsanteils, der gegen Entgelt an einen neu beitretenden Gesellschafter ausgegeben wird (vgl. hierzu Hachenburg/Ulmer § 34 Rn.66) oder durch einen sog. Aufstockungsbeschluß, mit dem die verbliebenen Geschäftsanteile in Höhe der jeweils auf sie entfallenden Teile des eingezogenen Geschäftsanteils aufgestockt werden. Den zuletzt genannten Weg hat im vorliegenden Fall die Gesellschafterversammlung gewählt. Im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Gesellschaft handelt es sich hier nicht um „die Wiederausgabe eines eingezogenen Geschäftsanteils“. Die Schaffung eines neuen Geschäftsanteils anstelle des eingezogenen folgt anderen Regeln (vgl. hierzu Scholz/H.P.Westermann § 34 Rn.61, Hachenburg/Ulmer aaO).

Umstritten ist, ob ein solcher Aufstockungsbeschluß eine Satzungsänderung beinhaltet. Im Schrifttum wurde und wird noch weitgehend die Ansicht vertreten, es sei eine Satzungsänderung erforderlich, wenn nach Einziehung eines Geschäftsanteils die übrigen Geschäftsanteile dem Betrag des Stammkapitals angeglichen werden sollen (so Hachenburg/Hohner GmbHG 7.Aufl. Rn.61, Scholz/H.P.Westermann Rn.58, Baumbach/Hueck Rn.16, Rowedder GmbHG 2.Aufl. Rn.33, je zu § 34; Ulmer ZHR Bd.149 – 1985 – 28/32; Münchener Vertragshandbuch 2.Aufl. Bd.1 IV.107 Anm.4; Niemeier Rechtstatsachen und Rechtsfragen der Einziehung von GmbH-Anteilen, 1982, S.364; Thiel GmbHR 1961, 49/50; vgl. ferner Eder GmbH-Handbuch I Gesellschaftsrecht Rn.362.2). Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof – ohne diese Frage abschließend zu beantworten – die Auffassung vertreten, es spreche viel dafür, daß ein solcher Aufstockungsbeschluß keine beurkundungspflichtige Satzungsänderung sei (BGH NJW 1989, 168/169). Inzwischen sind dieser Auffassung Ulmer (Hachenburg/Ulmer GmbHG 8.Aufl. § 34 Rn.64) und Priester (Festschrift für Kellermann 1991 S.337/352) gefolgt; ihr ist auch nach Meinung des Senats der Vorzug zu geben.

Der Beschluß der Gesellschafterversammlung, mit dem nach Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils die verbliebenen Geschäftsanteile im Nennwert dem Betrag des Stammkapitals angeglichen werden (sog. Aufstockungsbeschluß), ist demnach keine Satzungsänderung. Die Geschäftsanteile bilden keinen materiellen Bestandteil der Satzung; werden sie geändert, kann die Satzung nicht betroffen sein. Für Aufstockungsbeschlüsse gelten daher nicht die Vorschriften über eine Satzungsänderung nach §§ 53, 54 GmbHG, sondern die allgemeinen Bestimmungen der §§ 45 ff. GmbHG. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefaßt und bedürfen keiner besonderen Form (vgl. Priester aaO). Nach dem Gesetz vollziehen sich außerhalb der Satzung die Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, sofern sie in dieser zugelassen ist (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner § 53 Rn.12), der Wechsel des Inhabers eines Geschäftsanteils (§ 15 GmbHG) und die Teilung des Geschäftsanteils (§§ 17, 46 Nr.4 GmbHG). Die gemäß § 3 Abs.1 Nr.4 GmbHG im Gründungsvertrag erforderlichen Angaben über die Stammeinlagen und ihre Übernehmer können in späteren Fassungen der Satzung, ohne daß diese geändert wird, entfallen, weil es sich nur formell um Satzungsbestandteile, materiell aber um Übernahmeerklärungen handelt (vgl. BayObLGZ 1981, 312/317 m.w.Nachw.; Baumbach/Hueck Rn.20, Lutter/Hommelhoff GmbHG 13.Aufl. Rn.12, Rowedder/Rittner Rn.22, Scholz/Emmerich Rn.32, je zu § 3 m.w.Nachw.). Demnach stellt auch die spätere Anpassung des Nennbetrags der Geschäftsanteile an das Stammkapital keine Satzungsänderung dar und bedarf auch nicht der notariellen Beurkundung. Eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse ist damit nicht verbunden, ebensowenig werden neue Einlagepflichten begründet. Die Anmeldung des Beschlusses zur Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ist nicht erforderlich; vielmehr genügt es, die geänderten Nominalbeträge bei der Einreichung der nächsten Gesellschafterliste anzugeben (vgl. § 40 GmbHG; Hachenburg/Ulmer § 34 Rn.65 m.w.Nachw.).

 

Schlagworte: Einfache Mehrheit der Stimmen, Nominelle Aufstockung, Verhältniswahrende Aufstockung