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BFH, Beschluss vom 04.05.1998 – I B 116/96

§ 142 Abs 1 FGO, § 121 Abs 2 S 1 ZPO, § 34 Abs 1 AO 1977, § 69 AO 1977, § 58 Nr 6 AO 1977, § 5 AO 1977, § 191 AO 1977

1. Wird eine juristische Person von mehreren Personen gesetzlich vertreten, ist grundsätzlich jede von ihnen für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten verantwortlich. Durch eine interne Aufgabenverteilung kann diese Verantwortlichkeit begrenzt werden. Die Begrenzung, die sich auch auf die Haftung auswirkt, setzt jedoch voraus, daß von vornherein, klar und eindeutig –und somit schriftlich– festgelegt worden ist, welcher der gesetzlichen Vertreter für welche Aufgabe zuständig ist. Die Begrenzung gilt nur insoweit und nur solange, als kein Anlaß besteht, an der ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten durch den zuständigen gesetzlichen Vertreter zu zweifeln.

Gemäß § 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) haben die gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen, daß die Steuern aus den von ihnen verwalteten Mitteln entrichtet werden. Die gesetzlichen Vertreter haften gemäß § 69 AO 1977, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Wird eine juristische Person –wie im Streitfall der Verein– von mehreren Personen gesetzlich vertreten, ist grundsätzlich jede von ihnen für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten verantwortlich. Durch eine interne Aufgabenverteilung kann diese Verantwortlichkeit zwar nicht völlig aufgehoben, aber begrenzt werden. Die Begrenzung, die sich auch auf die Haftung auswirkt, setzt jedoch voraus, daß von vornherein, klar und eindeutig –und somit schriftlich– festgelegt worden ist, welcher der gesetzlichen Vertreter für welche Aufgabe zuständig ist (BFH-Entscheidungen vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776; vom 4. März 1986 VII S 33/85, BFHE 146, 23, BStBl II 1986, 384; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 6. Aufl., 1998, § 34 Anm. 2, m.w.N., § 69 Anm. 5). Die Begrenzung gilt allerdings nur insoweit und nur solange, als kein Anlaß besteht, an der ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten durch den zuständigen gesetzlichen Vertreter zu zweifeln (BFH-Beschluß in BFHE 146, 23, BStBl II 1986, 384).

2. Werden Geschäfte des laufenden Geschäftsverkehrs, die für die juristische Person nicht von existentieller Bedeutung sind, regelmäßig von einem der gesetzlichen Vertreter wahrgenommen, dürfen sich die anderen gesetzlichen Vertreter ohne schriftliche Festlegung der Aufgabenverteilung auf die ordnungsgemäße Wahrnehmung nur dann verlassen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Der die Aufgabe wahrnehmende gesetzliche Vertreter muß persönlich vertrauenswürdig sein. Der ihm vertrauende andere gesetzliche Vertreter muß generelle Kenntnis davon haben, daß die Geschäftsführung ordnungsgemäß wahrgenommen wird. Es muß gewährleistet sein, daß die Geschäfte die Grenzen des laufenden Geschäftsverkehrs nicht überschreiten und daß bei einer auch nur entfernt zu befürchtenden Gefährdung der Liquidität oder des Vermögens der juristischen Person alle gesetzlichen Vertreter unverzüglich unterrichtet werden (s. BFH-Entscheidungen in BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776; in BFHE 146, 23, BStBl II 1986, 384; s.a. BFH-Urteil vom 13. Januar 1987 VII R 86/85, BFH/NV 1987, 550).

Schlagworte: Haftung für Steuerschulden, Mehrere Geschäftsführer, Ressortverteilung, Verschulden