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BFH, Beschluss vom 05.03.1998 – VII B 36/97

§ 34 Abs 1 AO 1977, § 69 AO 1977, § 191 Abs 1 AO 1977, § 142 FGO, § 69 Abs 3 FGO, § 5 AO 1977, § 102 FGO, § 114 ZPO

1. Der Geschäftsführer einer GmbH ist nach § 34 Abs. 1 AO 1977 verpflichtet, deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Der erkennende Senat hat zwar in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß der Geschäftsführer einer GmbH nicht verpflichtet ist, die steuerlichen Angelegenheiten der GmbH selbst zu erledigen. Er hat den Geschäftsführer vielmehr für befugt gehalten, die Erledigung anderen Personen zu übertragen. Der Geschäftsführer darf aber nur innerhalb gewisser Grenzen der Redlichkeit seiner Hilfspersonen Vertrauen schenken, wenn er sich nicht dem Vorwurf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aussetzen will (Urteil des Senats vom 30. August 1994 VII R 101/92, BFHE 175, 509, BStBl II 1995, 278). Der Geschäftsführer ist verpflichtet, diejenigen Personen, denen er die Erledigung der ihm als Vertreter des Steuerpflichtigen auferlegten steuerlichen Pflichten überträgt, sorgfältig auszuwählen (vgl. Urteil des Senats vom 30. Juni 1995 VII R 85/94, BFH/NV 1996, 2) und laufend zu überwachen, insbesondere sich ständig so eingehend über den Geschäftsgang zu unterrichten, daß er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen kann bzw. daß ihm ein Fehlverhalten des beauftragten Dritten rechtzeitig erkennbar wird. Mangelhaftes Überwachen der zur Pflichterfüllung herangezogenen Personen hat der Senat regelmäßig als grob fahrlässige Pflichtverletzung („Überwachungsverschulden“) eingestuft, wenn er auch betont hat, daß die Entscheidung, welche Überwachungsmaßnahmen von einem Geschäftsführer zu treffen sind, wenn er die Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten auf andere überträgt, weitgehend von den Umständen des Einzelfalls abhängt (vgl. Entscheidungen des Senats vom 5. März 1985 VII R 134/80, BFH/NV 1986, 61; vom 16. April 1985 VII R 132/80, BFH/NV 1987, 273; vom 7. Mai 1985 VII R 111/78, BFH/NV 1987, 210; vom 11. November 1986 VII R 201/83, BFH/NV 1987, 212; vom 2. Juli 1987 VII R 162/84, BFH/NV 1988, 220; vom 10. Mai 1988 VII R 24/85, BFH/NV 1989, 72; vom 25. April 1989 VII S 15/89, BFH/NV 1989, 757; vom 8. Mai 1990 VII B 173/79, BFH/NV 1991, 12; vom 29. Mai 1990 VII R 81/89, BFH/NV 1991, 283, und in BFHE 175, 509, BStBl II 1995, 278). An die Überwachungsmaßnahmen eines Geschäftsführers müssen jedoch um so größere Anforderungen gestellt werden, je weniger dieser sich ein auf Tatsachen gegründetes Urteil bilden konnte, ob die für die Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft hinzugezogenen Personen die notwendige Gewähr der zuverlässigen Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft bieten.

2. Auf sein eigenes UnvermögenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Unvermögen
, seinen Aufgaben als Geschäftsführer nachzukommen, kann sich niemand berufen (vgl. z.B. Entscheidungen des Senats in BFH/NV 1987, 212, und in BFH/NV 1987, 210). Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muß vielmehr von der Übernahme des Geschäftsführeramtes absehen bzw. es niederlegen (Beschluß des Senats vom 5. März 1985 VII B 69/84, BFH/NV 1987, 422). Wer hingegen die Stellung eines Geschäftsführers nominell und formell übernimmt, haftet, sofern ihm auch der Vorwurf persönlichen Verschuldens mindestens vom Grade grober Fahrlässigkeit gemacht werden kann, nach § 69 AO 1977 grundsätzlich auch dann, wenn er nicht befähigt oder aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage ist, seinen Überwachungsaufgaben und seiner Pflicht, diejenigen Personen sorgfältig auszuwählen, denen er die Erledigung steuerlicher Angelegenheiten der GmbH und damit die Erfüllung seiner eigenen Pflichten überläßt, nachzukommen.

3. Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, daß die Geschäftsführerin schuldhaft, zumindest im Sinne grober Fahrlässigkeit, gehandelt hat. Den diesbezüglichen Schuldvorwurf indiziert bereits die Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens (vgl. Beermann, AO-Geschäftsführerhaftung und ihre Grenzen nach der Rechtsprechung des BFH, Deutsches Steuerrecht 1994, 805, 810). Daß sie bei der Bestellung eines Generalbevollmächtigten kurz vor der Entbindung stand, entschuldigt sie nicht.

Schlagworte: Haftung für Steuerschulden, Überwachungsverschulden, Unvermögen, Verschulden