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BFH, Beschluss vom 31.10.2005 – VII B 66/05

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 69 AO 1977, § 34 Abs 1 AO 1977, § 41a Abs 1 EStG

1. Der Geschäftsführer einer GmbH darf nicht blind auf die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung eines für die GmbH tätigen Dritten vertrauen und auf eine Überwachung gänzlich verzichten. Vielmehr hat er sich fortlaufend über den Geschäftsgang zu unterrichten, so dass ihm Unregelmäßigkeiten nicht über einen längeren Zeitraum verborgen bleiben können.

Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, dass ein GmbH-Geschäftsführer zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten externe Hilfe in Anspruch nimmt. Ist er aufgrund seiner persönlichen Kenntnisse und Erfahrungen zur ordnungsgemäßen Pflichterfüllung nicht in der Lage, ist eine solche Maßnahme sogar geboten. Allerdings darf der Geschäftsführer nicht blind auf die gewissenhafte Aufgabenwahrnehmung des für die GmbH tätigen Dritten vertrauen und auf eine Überwachung gänzlich verzichten. Vielmehr hat er sich fortlaufend über den Geschäftsgang zu unterrichten, so dass ihm Unregelmäßigkeiten nicht über einen längeren Zeitraum verborgen bleiben können (Senatsentscheidungen vom 27. November 1990 VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl II 1991, 284, und vom 16. April 1985 VII R 132/80, BFH/NV 1987, 273). Dabei braucht er nicht jeden einzelnen Geschäftsvorgang nachzuprüfen. Solange er keine konkreten Anhaltspunkte für eine nachlässige und unzulängliche Aufgabenwahrnehmung hat, darf er sich auf die ordnungsgemäße Erledigung der übertragenen Aufgaben verlassen. Etwas anderes muss gelten, wenn der Geschäftsführer über konkrete Anhaltspunkte verfügt, die auf Versäumnisse des Dritten hindeuten. Hat er somit Anlass an dessen Zuverlässigkeit zu zweifeln, darf der Geschäftsführer dies nicht auf sich beruhen lassen, sondern muss entsprechende Überwachungsmaßnahmen ergreifen um eine fristgerechte Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten zu gewährleisten.

2. Diese Grundsätze gelten auch für einen Geschäftsführer einer in eine Unternehmensgruppe eingebundenen GmbH. Die Übertragung von steuerlichen Pflichten innerhalb einer Holding kann deshalb nicht zu einer Haftungsfreistellung des GmbH-Geschäftsführers führen.

Diese Grundsätze gelten nicht nur für den Geschäftsführer eines einzelnen Unternehmens, sondern auch für den Geschäftsführer einer in eine Unternehmensgruppe eingebundenen GmbH. Ein Haftungsprivileg für einen im Konzern tätigen Geschäftsführer ist daher nicht anzuerkennen. Mit der Pflichtenstellung des gesetzlichen Vertreters einer GmbH wäre eine uneingeschränkte Freistellung von der Erfüllung steuerlicher Pflichten –einschließlich etwaiger Überwachungspflichten– aufgrund eines mit einem anderen Unternehmen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages und der in einer Holding bestehenden Organisationsstrukturen nicht zu vereinbaren.

Schlagworte: Haftung für Steuerschulden, Konzern, Steuerberater, Überwachungsverschulden, Verschulden