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BFH, Urteil vom 13.03.2003 – VII R 46/02

§ 34 Abs 1 AO 1977, § 35 AO 1977, § 69 S 1 AO 1977, § 166 AO 1977, § 191 Abs 1 AO 1977, § 21 BGB, § 26 Abs 2 S 1 BGB, § 30 BGB, § 254 BGB

1. Der Vorsitzende eines eingetragenen Vereins ist als gesetzlicher Vertreter dieser juristischen Person verpflichtet, deren steuerliche Pflichten zu erfüllen.

2. Arbeitgeber ist, wer die Schuldnerposition in dem die Rechtsgrundlage der Arbeitslohnzahlung bildenden Rechtsverhältnis inne hat. Ein Sportverein, der mit Spielern Arbeitsverträge abschließt und diesbezügliche Lohnsteueranmeldungen abgibt, ist folglich auch dann zur Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer verpflichtet, wenn nach der Satzung des Vereins Abteilungen mit eigenem Vertreter bestehen und diesen eine gewisse Selbständigkeit eingeräumt ist.

3. Die für das Verhältnis mehrerer Geschäftsführer entwickelten Grundsätze für die Möglichkeit einer Begrenzung der Verantwortlichkeit des gesetzlichen Vertreters einer juristischen Person durch eine Verteilung der Aufgaben innerhalb derselben gelten auch für die Übertragung steuerlicher Pflichten einer juristischen Person (hier: eines Vereins) auf deren Abteilungen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats kann der nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 Verantwortliche sich grundsätzlich seiner steuerrechtlichen Pflichten nicht dadurch entledigen, dass er deren Erfüllung Dritten überlässt. Allenfalls kann er seine Verantwortlichkeit beschränken, was jedoch voraussetzt, dass für die Aufgabenverteilung klare schriftliche Regelungen bestehen (u.a. BFH-Entscheidungen vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776; vom 4. März 1986 VII S 33/85, BFHE 146, 23, BStBl II 1986, 384, und vom 4. Mai 1998 I B 116/96, BFH/NV 1998, 1460). Diese vornehmlich für das Verhältnis mehrerer Geschäftsführer einer juristischen Person entwickelten Grundsätze gelten genauso (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 1998 VII R 4/98, BFHE 186, 132, BStBl II 1998, 761), wenn es um die Übertragung steuerlicher Pflichten einer juristischen Person auf deren Untergliederungen (Abteilungen) geht. Der erkennende Senat hat bereits in dem Urteil in BFHE 186, 132, BStBl II 1998, 761 darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Gesamtverantwortlichkeit aller Vorstandsmitglieder für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten unmittelbar aus § 34 Abs. 1 AO 1977 folge und deshalb auch dann gelte, wenn für einen Verein mehrere gesetzliche Vertreter bestellt sind; im Interesse der Sicherstellung der steuerlichen Pflichten der selbst nicht handlungsfähigen juristischen Personen verpflichte diese Vorschrift alle gesetzlichen Vertreter gleichermaßen, deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Gilt dies schon im Verhältnis mehrerer an sich gleich verantwortlicher Vertreter eines Vereins, kann ein gesetzlicher Vertreter eines Vereins erst recht nicht damit Gehör finden, er dürfe für die Nichterfüllung der steuerrechtlichen Pflichten des Vereins nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil der Steuerausfall von einem (zur Vertretung des Vereins nicht befugten) anderen Organ des Vereins verschuldet sei.

Schlagworte: Haftung für Steuerschulden, Mehrere Geschäftsführer, Ressortverteilung, Vereinsvorstand, Verschulden