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BGH, Beschluss vom 2. Juni 2008 – II ZR 104/07

BGB § 826Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 826
  –   siehe auch www.K1.de

a) An einem die Haftung nach § 826 BGBBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Haftung
Haftung nach § 826 BGB
begründenden existenzvernichtenden Eingriff fehlt es, wenn der Gesellschafter zwar Forderungen der GmbH gegen Dritte auf ein eigenes Konto einzieht, mit diesen Mitteln jedoch Verbindlichkeiten der Gesellschaft begleicht und zusätzlich in beträchtlichem Umfang aus eigenem Vermögen weitere Gesellschaftsschulden tilgt.

b) Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen jemand „faktisch“ wie ein Geschäftsführer gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat (sog. faktischer GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
faktischer Geschäftsführer
Geschäftsführer
), ist in der Rechtsprechung des Senats hinreichend geklärt (vgl. BGHZ 104, 44; 150, 61; Urteil vom 11. Juli 2005 – II ZR 235/03, ZIP 2005, 1550 m. w. N.).

Nach der ständigen Senatsrechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, daß der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, daß der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft – über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus – durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGHZ 150, 61, 69 f.; BGHZ 104, 44, 48; vgl. ferner Sen.Urt. v. 27. Juni 2005 – II ZR 113/03, Umdr. S. 6, z.V.b.).

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Die Revision ist zwar vom Berufungsgericht zugelassen worden. Jedoch müsste der Senat sie im Falle der – vom Kläger beabsichtigten – Einlegung durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und sie auch keine Aussicht auf Erfolg hätte (st.Rspr.; vgl. nur Sen.Beschl. v. 26. November 2007 – II ZA 14/06, ZIP 2008, 217 Tz. 2 m.w.Nachw.).

I. Ein Grund, die Revision gegen das angefochtene Urteil wegen einer höchstrichterlich zu klärenden Rechtsfrage zuzulassen, besteht nicht.

1. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen jemand „faktisch“ wie ein Geschäftsführer gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat (sog. faktischer GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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), ist in der Rechtsprechung des Senats hinreichend geklärt (vgl. BGHZ 104, 44; 150, 61; Sen.Urt. v. 11. Juli 2005 – II ZR 235/03, ZIP 2005, 1550 m.w.Nachw.). Der vorliegende Fall wirft zu diesem Problemkreis keine höchstrichterlich klärungsbedürftigen neuen Rechtsfragen auf.

2. Soweit das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, „weil der Fall Anlass für eine weitere Fortbildung des Rechts, insbesondere zu den Voraussetzungen der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs gibt“, sind Grundsatzfragen durch die vorliegende Entscheidung nicht (mehr) aufgeworfen, weil der Senat nach Erlass der Berufungsentscheidung zwischenzeitlich sein Haftungskonzept zur Existenzvernichtungshaftung auf der „Rechtsfolgenebene“ geändert und diese nunmehr in Gestalt einer schadensersatzrechtlichen Innenhaftung als besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung in § 826 BGB eingeordnet hat (vgl. Sen.Urt. v. 16. Juli 2007 – II ZR 3/04, ZIP 2007, 1552 – „TRIHOTEL“ z.V.b. in BGHZ 173, 246).

Das Berufungsurteil lässt auch insoweit keine entscheidungserhebliche Divergenz erkennen, weil die das Basisschutzkonzept der §§ 30, 31 GmbHG ergänzende Existenzvernichtungshaftung – nach wie vor – nur missbräuchliche, zur Insolvenz der GmbH führende oder diese vertiefende kompensationslose Eingriffe in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen betreffen kann und das Berufungsgericht im vorliegenden Fall eine derartige Konstellation schon auf der „Tatbestandsebene“ auch unter Zugrundelegung des alten Haftungskonzepts des Senats sowie unter dem entsprechenden Blickwinkel des § 826 BGB widerspruchsfrei verneint hat.

II. Das Berufungsgericht hat die Sache auch im Ergebnis zutreffend entschieden.

1. Eine haftung des Beklagten zu 1 als faktischer GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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der Schuldnerin gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG hat es in Anwendung der gefestigten Senatsrechtsprechung rechtsfehlerfrei verneint, weil nach seinen – tatrichterlich einwandfrei getroffenen – Feststellungen der Kläger zu einem maßgeblichen Handeln des Beklagten zu 1 für die Schuldnerin im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, nicht hinreichend vorgetragen hat.

2. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind ferner die Voraussetzungen einer haftung des Beklagten zu 1 wegen existenzvernichtenden Eingriffs – auch unter dem Aspekt der Neuausrichtung des Haftungskonzepts des Senats im Sinne einer schadensersatzrechtlichen Innenhaftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB – nicht erfüllt.

Von einer sittenwidrigen, weil insolvenzverursachenden oder -vertiefenden „Selbstbedienung“ des Gesellschafters vor den Gläubigern der Gesellschaft durch planmäßige Entziehung von – der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger unterliegendem – Gesellschaftsvermögen kann nach der zutreffenden tatrichterlichen Wertung des Berufungsgerichts nicht die Rede sein. Mit Recht hat das Berufungsgericht nämlich in einer Gesamtbetrachtung eine haftung des Beklagten zu 1 sowohl unter dem Blickwinkel der fehlenden Kausalität als auch der fehlenden sittenwidrigen Schädigung verneint. Es hat festgestellt, dass der Beklagte zu 1 in seiner Eigenschaft als Alleinvorstand der C. AG (Muttergesellschaft der Schuldnerin) insgesamt betrachtet Maßnahmen getroffen hat, die die Schuldnerin retten sollten, und dass er dementsprechend die von der Muttergesellschaft eingezogenen Mittel nicht für eigene bzw. gesellschaftsfremde Zwecke verwendet hat. Zum einen sind diese Mittel zur Tilgung von Verbindlichkeiten der Schuldnerin eingesetzt worden, zum anderen hat die C. AG noch zusätzlich in beträchtlichem Umfang aus „eigenem“ Vermögen weitere Schulden der Schuldnerin getilgt.

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Schlagworte: BGB § 826, bloße Vermögensminderung, Darlegungs- und Beweislast, Durchgriffshaftung, existenzvernichtende Eingriffe, Existenzvernichtungshaftung, faktischer Geschäftsführer, fällige Verbindlichkeiten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Gesellschafter, GmbHG § 64 Satz 1, Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter, kompensationsloser Eingriff, Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, Schadensersatzanspruch, Schuldner, Vermögensübertragung, Voraussetzungen der Existenzvernichtungshaftung, Zahlungen nach Insolvenzreife, Zahlungseinstellung, Zahlungsunfähigkeit