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BGH, Beschluss vom 19. November 2015 – V ZB 201/14

BGB §§ 727, 1148; ZPO § 170

a) Nach der Rechtsprechung des Senats gelten bei der Vollstreckung in das Grundstück einer GbR in entsprechender Anwendung von § 1148 Satz 1, § 1192 Abs. 2 BGB die eingetragenen Gesellschafter zugunsten des Gläubigers als Gesellschafter der Schuldnerin, wenn ein Gesellschafterwechsel noch nicht in das Grundbuch eingetragen worden ist. Einer Rechtsnachfolgeklausel analog § 727 ZPO bedarf es nicht, wenn die in dem Titel aufgeführten Gesellschafter der GbR bei Anordnung der Zwangsversteigerung mit den im Grundbuch eingetragenen Gesellschaftern übereinstimmen (näher zum Ganzen Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 – V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 Rn. 21; Beschluss vom 24. Februar 2011 – V ZB 253/10, NJW 2011, 1449 Rn. 14 ff.). Dies hat der Senat jedenfalls unter der Voraussetzung angenommen, dass die GbR weiterhin besteht (Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 – V ZB 253/10, NJW 2011, 1449 Rn. 16, 18 a.E.).

b) Die (noch) im Grundbuch eingetragenen (bisherigen) Gesellschafter gelten grundsätzlich auch dann in entsprechender Anwendung von § 1148 Satz 1, § 1192 Abs. 1 BGB als Gesellschafter der Schulderin, wenn diese durch den Tod eines eingetragenen Gesellschafters gemäß § 727 Abs. 1 BGB aufgelöst worden ist.

c) Die Folgen einer Auflösung der GbR gemäß § 727 Abs. 1 BGB richten sich nach den §§ 730 ff. BGB. Gemäß § 730 Abs. 2 Satz 1 BGB gilt die Gesellschaft bis zum Abschluss der Liquidation als fortbestehend. Entgegen dem Wortlaut der Norm handelt es sich nicht lediglich um eine Fiktion (Henssler/Strohn/Kilian, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 730 BGB Rn. 6; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 730 Rn. 1). Vielmehr bewahrt die Gesellschaft ihre Identität in personen- und vermögensrechtlicher Hinsicht. Auch ihre Rechtsfähigkeit als Außengesellschaft besteht unverändert fort (MüKoBGB-Schäfer, 6. Aufl., § 730 Rn. 24). Lediglich der Gesellschaftszweck verändert sich, da er nunmehr auf Auseinandersetzung gerichtet ist (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 1966 – V ZR 32/64, WM 1966, 639, 640). Im Verhältnis zu Dritten treten deshalb, abgesehen von den Auswirkungen auf Geschäftsführung und Vertretung, keine Änderungen durch die Auflösung ein (vgl. MüKoBGB-Schäfer, 6. Aufl., § 730 Rn. 24; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 730 Rn. 18).

d) Da die GbR fortbesteht, verändern sich die Anforderungen an den Nachweis ihrer Identität nicht. Es geht nicht um den Nachweis ihrer Existenz; nur insoweit hat der Senat die entsprechende Anwendung von § 1148 Satz 1, § 1192 Abs. 2 BGB zugunsten des Gläubigers als zweifelhaft bezeichnet, ohne dies jedoch abschließend zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 – V ZB 253/10, NJW 2011, 1449 Rn. 16, 18 a.E.). Daran gemessen ist hier die Identität der Gesellschaft nachgewiesen, weil der aus dem Grundbuch ersichtliche Gesellschafterbestand mit demjenigen übereinstimmt, der aus dem Titel hervorgeht, und zwei Gesellschafter verblieben sind.

e) Wie es sich bei einer nur aus zwei Personen bestehenden GbR verhielte, wenn der verstorbene von dem verbliebenen Gesellschafter beerbt wird und infolgedessen die Gesellschaft beendet wird (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 – V ZB 253/10, NJW 2011, 1449 Rn. 13; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 727 Rn. 1), bedarf keiner Entscheidung; dies gilt auch für die Frage, wie zu verfahren wäre, wenn das Grundbuch den früheren und der Titel den aktuellen Gesellschafterbestand auswiese (offen gelassen in dem Beschluss des Senats vom 23. Oktober 2013 – V ZB 166/11, juris).

f) Mangels besonderer vertraglicher Vereinbarungen sind sowohl vor (§ 709 Satz 1 BGB) als auch nach der Auflösung (§ 730 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BGB) der GbR alle Gesellschafter geschäftsführungsbefugt.

g) Infolgedessen genügt gemäß § 170 Abs. 3 ZPO die Zustellung an einen Gesellschafter (vgl. Senat, Beschluss vom 6. April 2006 – V ZB 158/05, DNotZ 2006, 777, 778).

Schlagworte: Auflösung der Gesellschaft, GbR, Gesamtvertretung, Grundbuch, Liquidation, Vertretungsbefugnis, Zustellung