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BGH, Beschluss vom 21. September 2009 – II ZR 264/08

§ 716 Abs 1 BGB

a) Bei den Namen und Anschriften der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft handelt es sich um eine „Angelegenheit“ der Gesellschaft im Sinne von § 716 Abs. 1 BGB.

§ 716 BGB gewährt dem einzelnen Gesellschafter das Recht, sich durch Einsicht in die Bücher und Papiere der Gesellschaft „über deren Angelegenheiten“ zu unterrichten. Bei den Namen und Anschriften der Gesellschafter handelt es sich um eine „Angelegenheit“ der BGB-Gesellschaft.

b) Sind die Informationen, hinsichtlich derer der Gesellschafter sich grundsätzlich durch Einsicht in die Bücher unterrichten darf, bei der Gesellschaft in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert, kann der Gesellschafter zum Zwecke der Unterrichtung einen Ausdruck über die geforderten Informationen verlangen.

Sind – wie hier – die erforderlichen Informationen in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert, kann der Gesellschafter zum Zwecke der Unterrichtung einen Ausdruck über die geforderten Informationen verlangen (MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer 5. Aufl. § 716 Rdn. 8).

c) Die Regelung in einem Gesellschaftsvertrag, die das Recht der Gesellschafter, Auskunft über die Namen und Anschriften ihrer Mitgesellschafter zu verlangen, ausschließt, ist unwirksam. Ein schützenswertes Interesse der Mitgesellschafter untereinander auf Anonymität besteht weder allgemein noch unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten.

§ 28 Abs. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages steht dem Auskunftsrecht nicht entgegen. Diese Regelung ist unwirksam. Sie hält der – auf den Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft anwendbaren (siehe bereits BGHZ 64, 238, 241 f.) – Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB nicht stand. – Auch – bei einer Publikumsgesellschaft in Form einer BGB-Gesellschaft handelt es sich um ein „Schuldverhältnis“, d.h. die jeweiligen Gesellschafter schließen untereinander einen Vertrag, mit dem sie sich zur Verwirklichung und Förderung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen (§ 705 BGB). Das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, ist in jedem Vertragsverhältnis derart selbstverständlich, dass es nicht wirksam ausgeschlossen werden kann.

Zu Recht hat das Berufungsgericht den Mitgesellschaftern auch jegliches berechtigte „Geheimhaltungsinteresse“ abgesprochen, auf das sich die Beklagte als angebliche Sachwalterin von deren Interessen u.a. zur Begründung ihrer Auskunftsverweigerung berufen hat. Ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse besteht weder allgemein noch unter datenschutzrechtlichen Gründen (siehe zu letzterem Gola/Schomerus aaO; im Übrigen auch MünchKommHGB/Enzinger 2. Aufl. § 118 Rdn. 16). Derjenige, der mit einem anderen einen Vertrag, wie vorliegend den Gesellschaftsvertrag, schließt, hat keinen schützenswerten Anspruch darauf, dies anonym zu tun, worauf es hinausliefe, wenn er seinem Mitgesellschafter Namen und Anschrift verschweigen dürfte. Falls ein Gesellschafter die ihm mitgeteilten Namen der Mitgesellschafter missbräuchlich verwenden sollte, ist er diesen gegenüber aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht ggf. zur Unterlassung und zum Schadensersatz verpflichtet. Eine solche abstrakte Missbrauchsgefahr rechtfertigt es allein nicht, dem einen gegenüber dem anderen Vertragspartner das Recht zuzugestehen, seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen.

Schlagworte: Angelegenheit der Gesellschaft, Auskunfts-/Einsichts-/Informations-/Kontrollrechte, Auskunftspflichten, Namen und Anschriften Gesellschafter, Publikumsgesellschaft, Publikumspersonengesellschaft