Einträge nach Montat filtern

BGH, Beschluss vom 23. November 2015 – NotSt (Brfg) 4/15

§ 14 Abs 2 BNotO, § 4 BeurkG

Der Notar muss seine Mitwirkung bereits bei Handlungen versagen, bei denen erkennbar der Verdacht besteht, dass unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 64 Abs. 2 Satz 2 BDG und § 105 BNotO). Zu Recht hat das Kammergericht ein Dienstvergehen darin gesehen, dass der Kläger entgegen § 14 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 BNotO, § 4 BeurkG pflichtwidrig Beurkundungen vorgenommen hat, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden sollten. Erfolglos wendet sich der Kläger dagegen, dass ihm das Kammergericht anlastete, dass er an Geschäften mitgewirkt hat, bei denen sich die Verfolgung unredlicher Ziele als möglich darstellte oder gar aufdrängte, deren rechtliche und wirtschaftliche Tragweite er – wie das Kammergericht zu seinen Gunsten angenommen hat – mangels sorgfältiger Prüfung der damit zusammenhängenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen nicht durchschaut hat. Der Kläger hat es unterlassen, sich sorgfältig über die Hintergründe der zu beurkundenden Verträge zu vergewissern und notfalls die Beurkundung abzulehnen. Der Notar hat seine Amtstätigkeit zu versagen, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar ist, insbesondere seine Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Ziele verfolgt werden (§ 14 Abs. 2 BNotO, § 4 BeurkG). Das gilt vor allem, wenn der Verdacht besteht, dass seine Tätigkeit der Begehung von Straftaten dienen könnte (vgl. BGH, Senat für Notarsachen, Beschluss vom 8. November 2013 – NotSt (B) 1/13, NJW-RR 2014, 633 juris Rn.11; vom 17. November 2008 – NotZ 13/08, DNotZ 2009, 290, 291 und vom 2. Juli 1984 – NotZ 4/84, DNotZ 1985, 487; Kanzleiter in Schippel/Bracker, BNotO 9. Aufl. § 14 Rn. 19 ff.; Herrmann in Schippel/Bracker aaO § 95 Rn. 15). Die im Kern nicht bestrittenen Geschehensabläufe erfüllen auch unter Berücksichtigung der hierzu abgegebenen Erklärungen des Klägers den Tatbestand eines grob fahrlässigen Verstoßes gegen die Pflichten aus § 14 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 BNotO, der ein Dienstvergehen darstellt (§ 95 BNotO), das die Verhängung der getroffenen Disziplinarmaßnahmen rechtfertigt. Zutreffend weist das Kammergericht darauf hin, dass schon die Anzahl der von der A. Wirtschaftsdienste GmbH veranlassten Beurkundungen dem Kläger Anhaltspunkte zur Prüfung geben musste, ob er möglicherweise an illegalen Firmenbestattungen mitwirkte. Unerheblich ist hierfür, dass in der Disziplinarverfügung lediglich 180 Firmenübertragungen aufgelistet worden sind und es sich in einem Fall um einen Vorratskauf gehandelt haben soll, das Kammergericht aber von „an“ die 200 Firmenübertragungen ausgegangen ist. Auch bei 180 Übertragungsbeurkundungen handelte es sich um eine auffällige Anzahl, die – entgegen der Auffassung des Klägers – die Charakteristika illegaler Firmenbestattungen aufwies. Bereits der Umstand, dass regelmäßig eine formularmäßige Anbahnung durch die A. Wirtschaftsdienste GmbH der Beurkundung vorausging, hätte den Kläger zu Recherchen veranlassen müssen, auch wenn die Beurkundungstermine mit dem Büro des Klägers abgestimmt worden und nicht von der A. Wirtschaftsdienste GmbH vorgegeben worden sind. Das Kammergericht weist zutreffend auf die weitere Auffälligkeit hin, dass Gesellschaften, die den verschiedensten Branchen angehörten, auf lediglich neunzehn in Form einer Limited Company mit Sitz in Großbritannien firmierende Gesellschaften übertragen worden sind und als Vertreter der übernehmenden Gesellschaften lediglich sechzehn Personen auftraten, die regelmäßig zu den Geschäftsführern der übernommenen Gesellschaften bestellt worden und in B. ansässig gewesen sind. Für den Kläger hätten sich bei gebotener gewissenhafter Überprüfung daraus erhebliche Zweifel ergeben müssen, ob eine Fortführung der operativen Geschäfte der übernommenen Gesellschaften möglich sein würde. Der äußere Anschein deutete jedenfalls darauf hin, dass es sich in der großen Masse um reine Mantelverkäufe handeln dürfte. Dem entspricht, dass nur noch 78 der übernommenen Gesellschaften aktiv sind und der Rest aufgelöst oder gar gelöscht ist. Die Würdigung des Kammergerichts, dass es schlichtweg nicht vorstellbar ist, dass ein in Gesellschaftsanteilübertragungen erfahrener Notar angesichts der festgestellten Umstände geglaubt haben könnte, bei den von ihm beurkundeten Verträgen gehe alles mit rechten Dingen zu, ist naheliegend, jedenfalls nicht zulassungsfordernd fehlerhaft. Spätestens bei der Beurkundung der Übertragung von Gesellschaftsanteilen nach dem Schreiben der Notarkammer vom 18. September 2012 musste es sich dem Kläger aufdrängen, dass bei den von der A. Wirtschaftsdienste GmbH vermittelten Geschäftsanteilsübertragungen unredliche, möglicherweise sogar strafwürdige Zwecke verfolgt würden. Aufgrund der gegebenen Verdachtsmomente in Form der Vielzahl lediglich Abtretungen betreffende Beurkundungsaufträge durch die A. Wirtschaftsdienste GmbH sowie der mit den Beurkundungen verbundenen Auffälligkeiten durch die Personen der Vertreter und der Übertragung der Geschäftsführung auf wenige Personen war es nicht erforderlich, dass dem Kläger von der Notarkammer die Beteiligten namentlich und der Beurkundungsvorgang im Einzelnen benannt wurden.

Schlagworte: