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BGH, Beschluss vom 23. November 2017 – IX ZR 218/16

InsO § 135 Abs. 1, § 136

Hat ein Gesellschafter zusätzlich zu seiner Beteiligung als Gesellschafter eine (typische) stille Beteiligung übernommen, stellt der Anspruch auf Rückgewähr der stillen Einlage eine einem Darlehen gleichgestellte Forderung dar.

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 3. August 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 2.000.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Schuldnerin ist eine Beteiligungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH. Alleingesellschafterin der Schuldnerin ist die I. GmbH. Die Beklagte ist Alleingesellschafterin der I. GmbH. Im November 2005 beteiligte sich die Beklagte auf unbestimmte Dauer als stille Gesellschafterin an der Schuldnerin. Die zwischenzeitlich auf bis zu 13.000.000 € erhöhte vereinbarte Einlage wurde im Mai 2011 auf 10.000.000 € zurückgesetzt. Tatsächlich betrug sie zu diesem Zeitpunkt 10.900.000 €.

Unter dem 12. Dezember 2011 wies die Schuldnerin die Zahlung von 2.000.000 € zugunsten der Beklagten an. Der Buchungstext lautete „Rückführung stille Beteiligung […]“. Die Belastung des Kontos der Schuldnerin und die Gutschrift auf dem Konto der Beklagten erfolgten am 15. Dezember 2011. Auf einen am 14. Dezember 2012 eingegangenen Gläubigerantrag eröffnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 28. Mai 2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Der Kläger hat gestützt auf § 135 Abs. 1 InsO Klage auf Rückzahlung von 2.000.000 € erhoben. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt die Beklagte die Zulassung der Revision.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, gegenüber der Beklagten sei-en die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfüllt, weist keinen Zulassungsgrund auf. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Rückzahlung einer Vermögenseinlage, mit der ein Gesellschafter sich zusätzlich zu seiner bestehenden Beteiligung am Haftkapital einer Gesellschaft im Sinne des § 39 Abs. 4 Satz 1 InsO als stiller Gesellschafter im Sinne des § 230 Abs. 1 HGB an dieser Gesellschaft beteiligt hat, sich als Befriedigung eines Anspruchs auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder einer gleichgestellten Forderung darstellt, wirft keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf. Ob eine Rechtshandlung nach § 135 Abs. 1 InsO anfechtbar ist, hängt zum einen davon ab, ob der Anfechtungsgegner Gesellschafter der Schuldnerin ist. Zum anderen muss es sich um eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder eine gleichgestellte Forderung handeln. Dies gilt auch für die Rückführung einer stillen Einlage.

Sofern der Anfechtungsgegner unmittelbar am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt ist, seine Beteiligung über das Kleinbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO hinausgeht und kein Fall des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO vorliegt, sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 135 Abs. 1 InsO in personeller Hinsicht erfüllt. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die Rechte des Anfechtungsgegners aus dem Darlehen oder der dem Darlehen gleichgestellten Forderung diesem für sich genommen eine Rechtsposition verschaffen, die der eines Gesellschafters entspricht. Dabei ist eine mittelbare Beteiligung am Haft-kapital der Gesellschaft für eine Gesellschafterstellung ausreichend, wenn die-se der unmittelbaren Beteiligung gleichsteht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 IX ZR 131/10, BGHZ 188, 363 Rn. 10; vom 28. Juni 2012 IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 11). So liegt der Streitfall, weil die Beklagte unstreitig mittelbar Alleingesellschafterin der Schuldnerin ist. Die Rückzahlung der von der Beklagten zusätzlich übernommenen (typischen) stillen Beteiligung ist mit-hin als Befriedigung eines Anspruchs auf Rückgewähr einer einem Darlehen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gleichgestellten Forderung anfechtbar.

Es entspricht einhelliger Meinung, dass die von einem (mittelbaren) Alleingesellschafter zusätzlich übernommene stille Einlage als darlehensgleiche Leistung dieses Gesellschafters anzusehen ist (Jaeger/Henckel, InsO, § 135 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Ehricke, 3. Aufl. § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/ Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 236 Rn. 17a; FK-InsO/Bornemann, 8. Aufl., § 39 Rn. 68; Uhlenbruck/ Hirte, InsO, 14. Aufl., § 39 Rn. 38; § 136 Rn. 2; MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 6 Rn. 34; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., Anhang zu § 30 Rn. 36; Mock, DStR 2008, 1645, 1648; Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121, 1123 f). Dies entsprach schon der Handhabung zu § 32a GmbHG aF. Der Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften bezog die stille Beteiligung eines Gesellschafters ausdrücklich ein (BT-Drucks. 8/1347 S. 40 zu § 32a Abs. 7 GmbHG-E). Diese Bestimmung ist vom Rechtsausschuss des Bundestages ohne inhaltliche Änderung gestrichen und durch die Generalklausel des § 32a Abs. 3 GmbHG ersetzt worden. Sie sollte auch die stille Beteiligung eines Gesellschafters erfassen (BT-Drucks. 8/3908 S. 74). Das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen hat insoweit die Konzeption des § 32a Abs. 3 GmbHG übernommen (BT-Drucks. 16/6140 S. 56). Die von der Beschwerde genannten Stimmen im Schrifttum (Schmidt/Karsten Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 136 Rn. 25; HmbKomm-InsO/Schröder, 6. Aufl., § 136 Rn. 18) vertreten für die von einem Gesellschafter zusätzlich übernommene stille Beteiligung keine andere Auffassung (siehe nur Karsten Schmidt in MünchKomm-HGB, 3. Aufl., § 236 Rn. 7, 25, 28; An-hang Insolvenzanfechtung nach § 136 InsO, § 136 InsO Rn. 6, wo jede stille Beteiligung eines bereits unabhängig von dieser Beteiligung unter § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO fallenden Gesellschafters als nach § 135 InsO anfechtbares Darlehen angesehen wird).

2. Verfahrensgrundrechte der Beklagten wurden nicht verletzt. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

Schlagworte: Darlehen Gesellschafter, Darlehensforderungen, Gesellschafterdarlehen, Insolvenz, Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen, stille Gesellschaft, typisch stille Gesellschaft