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BGH, Beschluss vom 27. April 2018 – BLw 3/17

GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 3

a) Das in einem offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahren abgegebene Höchstgebot wird in der Regel dann nicht den Marktwert des Grundstücks im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG widerspiegeln, sondern als spekulativ überhöht anzusehen sein, wenn die Gegenleistung den Marktwert des Grundstücks um mehr als die Hälfte überschreitet und annähernd gleich hohe Gebote nicht abgegeben worden sind; ob der Erwerber tatsächlich in Spekulationsabsicht gehandelt hat, ist grundsätzlich unerheblich (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 29. April 2016 – BLw 2/12, BGHZ 210, 134 Rn. 27 ff.)

b) Die Versagung der Genehmigung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG setzt neben einem groben Missverhältnis zwischen dem Gegenwert und dem Wert des Grundstücks voraus, dass im Zeitpunkt der (letzten) Entscheidung in der Tatsacheninstanz ein Landwirt bereit ist, das Grundstück zu einem Preis zu erwerben, der in etwa dem Marktwert im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht; ob der Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 5 wird der Beschluss des Senats für Landwirtschaftssachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 7. August 2017 aufgehoben. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gera – Landwirtschaftsgericht – vom 4. April 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1 trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 12.500 €.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1 (BVVG) schrieb im Juni 2014 eine 0,5041 ha große Grünlandfläche zum Kauf aus. Es wurden drei Gebote abgegeben, und zwar das Gebot der Beteiligten zu 2 über 12.500 €, das Gebot des Landwirts W. über 4.040 € sowie ein drittes Gebot über 2.550 €. Mit notariellem Vertrag vom 20. Oktober 2014 verkaufte die BVVG das Grundstück an die Beteiligte zu 2 (im Folgenden Käuferin) zum Preis von 12.500 €. Nachdem das Siedlungsunter-nehmen mitgeteilt hatte, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht vorlägen, versagte die Beteiligte zu 3 (Genehmigungsbehörde) die Genehmigung mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GrdstVG. Es bestehe ein grobes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Grundstückswert, weil der vereinbarte Kaufpreis (2,48 € pro qm) weit über dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert von Grünland (0,40 € pro qm) liege. Zudem bedeute die Veräußerung eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden, weil der Landwirt W. die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs benötige und bereit sei, einen Kaufpreis zu zahlen, der 50 % über dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert liege.

Den Antrag der BVVG auf gerichtliche Entscheidung hat das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der BVVG hat der Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts die Genehmigung erteilt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die BVVG beantragt, will die Beteiligte zu 5 (übergeordnete Behörde) erreichen, dass die Beschwerde der BVVG zurückgewiesen wird.

II.

Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung u.a. in RdL 2017, 350 ff. abgedruckt ist, verneint einen Versagungsgrund gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, weil das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht bestanden habe und nicht ausgeübt worden sei. Daher dürfe die Genehmigung gemäß § 9 Abs. 5 GrdstVG nicht wegen einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden versagt werden, obwohl die Käuferin als Nichtlandwirtin anzusehen sei. Der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG liege im Ergebnis ebenfalls nicht vor. Allerdings sei der Kaufpreis (12.500 €) spekulativ überhöht, so dass ein preisliches Missverhältnis vorliege; er übersteige den Marktwert der Fläche (6.026,01 €) um mehr als das doppelte. Bezugspunkt für das preisliche Missverhältnis sei der Marktwert des verkauften Grundstücks. Dieser bestimme sich nach dem Preis, den Kaufinteressenten allgemein – also auch Nichtlandwirte – für das Grundstück zu zahlen bereit seien. Zwar werde vermutet, dass ein – wie hier – in einem freien Ausschreibungsverfahren abgegebenes Höchstgebot im Zweifel diesem Marktpreis entspreche. Widerlegt werde die Vermutung aber durch den spekulativen Charakter des Höchstgebots, von dem auszugehen sei, wenn der Marktwert um 50 % überschritten werde. So liege es hier. Denn aus den Verkäufen vergleichbarer Grünlandflächen durch die BVVG im maßgeblichen Jahr 2014 ergebe sich ein durchschnittlicher Hektarpreis von 11.954 € und damit ein Marktwert des verkauften Grünlands von 6.026,01 €.

Gleichwohl dürfe die Genehmigung nicht versagt werden, weil der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG weiter voraussetze, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Landwirt bereit gewesen wäre, den noch angemessenen Kaufpreis von 9.039 € (6.026,01 € plus 50 %) zu zahlen. Daran fehle es. Der allein in Betracht zu ziehende Landwirt W. wäre zwar heute bereit, diesen Preis zu zahlen. Im Jahr 2014 habe diese Bereitschaft aber noch nicht bestanden, weil der Landwirt den Grundstückswert damals deutlich geringer eingeschätzt und dementsprechend nur ein Gebot von 4.040 € abgegeben habe. Entscheidend sei insoweit nicht der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, sondern der des Vertragsschlusses, da andernfalls der Bezug zu dem vereinbarten Preis und dem damaligen Verkehrswert verloren gehe.

III.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Als Rechtsgrundlage für die Versagung der Genehmigung kommt § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG in Betracht, wonach die Genehmigung versagt werden darf, wenn der Gegenwert in einem groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks steht.

1. Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei bemisst das Beschwerdegericht den Wert des Grundstücks im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG nicht nach dem Höchstgebot in Höhe von 12.500 €, sondern ermittelt anhand vergleichbarer Grundstücksverkäufe der BVVG einen Marktwert von 6.026,01 €.

a) Nach der – im Anschluss an ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 107 Abs. 1 AEUV (Urteil vom 16. Juli 2015, BVVG u.a. ./. Landkreis Jerichower Land, C-39/14, EU:C:2015:470; dazu näher Czub, AUR 2016, 442) geänderten – Rechtsprechung des Senats ist unter dem Wert des Grundstücks im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG nicht mehr dessen innerlandwirtschaftlicher Verkehrswert, sondern dessen Marktwert zu verstehen. Dieser Wert bestimmt sich nach dem Preis, den Kaufinteressenten – auch Nichtlandwirte – für das Grundstück zu zahlen bereit sind (Senat, Beschluss vom 29. April 2016 – BLw 2/12, BGHZ 210, 134 Rn. 19). Auf ein grobes Missverhältnis zwischen dem Preis und dem Wert des Grundstücks gestützte Versagungen von Verkäufen an den Meistbietenden in einem offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahren sind nur dann rechtmäßig, wenn das Höchstgebot nicht den Marktwert widerspiegelt, sondern spekulativ überhöht ist. Maßgebendes Kriterium dafür sind in erster Linie die in dem jeweiligen Verfahren abgegebenen Gebote (Senat, Beschluss vom 29. April 2016 – BLw 2/12, BGHZ 210, 134 Rn. 27 ff.). Der Gerichtshof der Europäischen Uni-on hat nämlich ausgeführt, der Verkauf an den Meistbietenden führe unter besonderen Umständen nicht zu einem dem Marktwert entsprechenden Preis. Das könne unter anderem dann der Fall sein, wenn das Höchstgebot aufgrund seines offensichtlich spekulativen Charakters deutlich über den sonstigen im Rahmen einer Ausschreibung abgegebenen Preisgeboten und dem geschätzten Verkehrswert des Objekts liege (Urteil vom 16. Juli 2015, BVVG u.a. ./. Landkreis Jerichower Land, C-39/14, EU:C:2015:470 Rn. 39 f.). Dabei hat der Gerichtshof auf die Schlussanträge des Generalanwalts Bezug genommen, der zwei Fallkonstellationen unterschieden hat. Liege der von den zuständigen lokalen Behörden geschätzte landwirtschaftliche Verkehrswert nahe am Großteil der im Rahmen einer Ausschreibung abgegebenen Gebote, das Höchstgebot aber deutlich über den sonstigen Preisgeboten und dem geschätzten Verkehrswert, dürfe davon ausgegangen werden, dass das Höchstgebot spekulativ sei und der geschätzte Wert dem Marktpreis entspreche. Liege das Höchstgebot dagegen nahe an allen anderen im Rahmen einer Ausschreibung abgegebenen Gebote, der von den zuständigen lokalen Behörden geschätzte Verkehrswert aber deutlich darunter, werde man kaum annehmen dürfen, dass der geschätzte Verkehrswert dem Marktpreis entspreche (Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón vom 17. März 2015, BVVG u.a. ./. Landkreis Jerichower Land, C-39/14, EU:C:2015:175 Rn. 71 f.).

b) Diesen Vorgaben wird das Beschwerdegericht gerecht.

aa) Da annähernd gleich hohe Gebote nicht abgegeben worden sind (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 29. April 2016 – BLw 2/12, aaO Rn. 29), hat es zu Recht geprüft, ob das Höchstgebot als spekulativ überhöht anzusehen ist. Den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs folgend hat es nicht allein aus den beiden anderen, deutlich geringeren Geboten Rückschlüsse auf den Marktwert gezogen, sondern den Grundstückswert anhand vergleichbarer Verkäufe der BVVG in dem Jahr des Vertragsschlusses ermittelt (vgl. Senat, Be-schluss vom 29. April 2016 – BLw 2/12, aaO Rn. 31; EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015, BVVG u.a. ./. Landkreis Jerichower Land, C-39/14, EU:C:2015:470 Rn. 40 sowie die dort in Bezug genommenen Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón vom 17. März 2015, EU:C:2015:175 Rn. 71). Die vorhandene Datenbasis hat es mit nachvollziehbarer Begründung als ausreichend angesehen; dagegen werden auch in der Rechtsbeschwerdeerwiderung keine Einwände erhoben.

bb) Die Schlussfolgerung, dass das Höchstgebot (12.500 €) im Verhältnis zu dem Marktwert (6.026,01 €) spekulativ überhöht ist und bei der Ermittlung des Marktpreises außer Betracht bleiben muss, ist nicht zu beanstanden.

(1) Im Hinblick auf das erforderliche Ausmaß der Überhöhung kann auf die bisherige Rechtsprechung zu dem Vorliegen eines groben Missverhältnisses im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG zurückgegriffen werden (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 2. Juli 1968 – V BLw 10/68, BGHZ 50, 297, 303 f.). Da-ran angelehnt wird das in einem offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahren abgegebene Höchstgebot in der Regel dann nicht den Marktwert des Grundstücks im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG wider-spiegeln, sondern als spekulativ überhöht anzusehen sein, wenn die Gegenleistung den Marktwert des Grundstücks um mehr als die Hälfte überschreitet und annähernd gleich hohe Gebote nicht abgegeben worden sind. So liegt es hier; das Höchstgebot beträgt sogar mehr als das Doppelte des Marktwerts.

(2) Die konkreten Motive der Käuferin für die Abgabe eines solchermaßen überhöhten Gebots hat das Beschwerdegericht zu Recht nicht näher er-gründet.

(a) Ob der Erwerber tatsächlich in Spekulationsabsicht gehandelt hat, ist – entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung – im Grundsatz unerheblich (aA Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 8. Aufl., Rn. 2914 f.; ders., RdL 2016, 333, 335 f.; Ziebell, AUR 2017, 89, 90). Bei der maßgeblichen Prüfung, ob das Höchstgebot als Marktpreis angesehen werden kann, stehen die Motive des Erwerbers nämlich nicht im Mittelpunkt; erst recht geht es nicht um ein darauf bezogenes Werturteil. Entscheidend ist vielmehr, ob das Kaufangebot als Indikator für das aktuelle Marktgeschehen dienen kann oder ob es einen „Ausreißer“ darstellt, bei dem ein spekulatives Motiv vermutet wird; selbst wenn das Motiv für ein solchermaßen überhöhtes Gebot nicht Spekulation, sondern etwa Liebhaberei gewesen sein sollte, änderte dies nichts daran, dass es sich zu einer Bestimmung des Marktwerts nicht eignet. So sind die Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in seinem Urteil vom 16. Juli 2015 (BVVG u.a ./. Landkreis Jerichower Land, C-39/14, EU:C:2015:470 Rn. 40) zu verstehen, wie sich auch aus den dort in Bezug genommenen Schlussanträgen des Generalanwalts ergibt: Liegt das Höchstgebot deutlich über den sonstigen Preisgeboten und dem geschätzten Verkehrswert, „darf davon ausgegangen werden, dass das Höchstgebot spekulativ ist und der geschätzte Wert dem Marktpreis entspricht“ (Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón vom 17. März 2015, BVVG u.a. ./. Landkreis Jerichower Land, C-39/14, EU:C:2015:175 Rn. 71). Dass die spekulative Überhöhung vermutet wird, wird auch in anderen Sprachfassungen der Schlussanträge deutlich („Il est, dans ce cas, permis de présumer que l’offre la plus élevée est speculative“; „It may be presumed, in this case, that the highest bid is speculative“; ebenfalls auf objektive Unangemessenheit abstellend: Mitteilung der Kommission zu Auslegungs-fragen über den Erwerb von Agrarland und das Unionsrecht, C 2017/6168, Abl. C 350/05 vom 18. Oktober 2017 unter 4c).

(b) Nur ausnahmsweise kann diese Vermutung widerlegt und ein solchermaßen überhöhtes Angebot nicht als „spekulativ“ anzusehen sein, nämlich dann, wenn ein Landwirt das Grundstück aus zwingenden betrieblichen Grün-den heraus erwerben will. Solche Gründe können etwa dann vorliegen, wenn der Landwirt deshalb bereit ist, einen deutlich über dem Marktwert liegenden Preis zu zahlen, weil er gerade diese Fläche dringend zur Arrondierung seines Hofs oder Betriebs benötigt (vgl. zu einem Arrondierungsinteresse OLG BrandenburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Brandenburg
, Beschluss vom 1. März 2018 – 5 WLw 17/17, unveröffentlicht). Dass ein solches Gebot ausnahmsweise nicht als spekulativ anzusehen ist – und die Genehmigung infolgedessen zu erteilen ist -, lässt sich daraus ableiten, dass das Grundstückverkehrsgesetz gerade die Schaffung und den Erhalt leistungs-fähiger Betriebe fördern soll (vgl. Senat, Beschluss vom 28. November 2014 BLw 2/14, BzAR 2015, 150 Rn. 20). Grundsätzlich haben die Genehmigungen von Veräußerungen zu überhöhten Preisen zwar auch dann negative Auswirkungen für die Agrarstruktur insgesamt, wenn die Veräußerung an einen Landwirt erfolgt (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 25. April 2014 – BLw 5/13, NJW-RR 2014, 1168 Rn. 27); davon kann aber dann nicht ausgegangen werden, wenn dessen Erwerbsinteresse auf zwingenden betrieblichen Gründen beruht.

(c) Daran gemessen ist die Vermutung nicht widerlegt. Dass die Erwerberin ihr überhöhtes Gebot nicht aus einem spekulativen Motiv heraus abgegeben hat, muss sie als Beteiligte des Genehmigungsverfahrens darlegen. Dies ergibt sich aus dem Vortrag der Erwerberin schon deshalb nicht, weil sie ihr Interesse nur damit begründet hat, dass sie eine Schafzucht im Nebenerwerb betreiben wolle; ohne dass es darauf noch entscheidend ankäme, hat das Beschwerdegericht sie zudem als Nichtlandwirtin eingeordnet.

cc) Daraus ergibt sich zugleich, dass der Kaufpreis in einem groben Missverhältnis im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG zu dem Wert des Grundstücks steht.

2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme des Beschwerdegerichts, die Genehmigung sei deshalb zu erteilen, weil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kein Landwirt bereit war, einen Kaufpreis von 9.039 € (Marktwert plus 50 %) für das Grundstück zu zahlen.

a) Zutreffend ist im Ausgangspunkt, dass § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG nicht anzuwenden ist, wenn ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur nicht zu erwarten sind (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Juni 1976 – V BLw 16/75, WM 1976, 849, 851). Der Bestimmung liegt der Gedanke zu Grunde, dass der Er-werb des zur Verbesserung der Agrarstruktur dringend erforderlichen Landes durch interessierte Land- und Forstwirte außerordentlich erschwert würde, wenn überhöhte Preise gefordert werden könnten (vgl. BVerfGE 21, 87, 90). Infolgedessen konnte die Genehmigung nach der bisherigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte nur dann versagt werden, wenn ein erwerbsbereiter Landwirt vorhanden war; insoweit ist gefordert worden, ein Landwirt müsse be-reit sein, einen bis zu 50 % über dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert liegenden Preis zu zahlen (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 2011, 1385, 1387; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Dresden
, NL-BzAR 2008, 129, 131 f.; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, RdL 2005, 274, 276; OLG Jena, RdL 2007, 301, 302 und NJOZ 2012, 1400, 1401; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 8. Aufl., Rn. 2834; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 3987; vgl. auch Vorlagebeschluss des Senats vom 29. November 2013 BLw 2/12, RdL 2014, 148 Rn. 33; Senat, Beschluss vom 2. Juli 1968 V BLw 10/68, BGHZ 50, 297, 304).

b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts (so auch Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 8. Aufl., Rn. 2869 f.) kann diese Rechtsprechung aber nicht dahingehend fortgeschrieben werden, dass ein Landwirt bereit sein muss, bis zu 150 % des Marktwerts zu zahlen. Unberücksichtigt bliebe bei dieser Sichtweise nämlich, dass in die Bemessung des Marktwerts nunmehr auch Gebote von Nichtlandwirten einfließen und die Wertbestimmung deshalb nicht mehr allein an den mittels landwirtschaftlicher Nutzung von Grund und Boden erzielbaren Erträgen ausgerichtet ist. Infolgedessen liefe § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG weitestgehend leer. Denn an der von dem Beschwerdegericht geforderten Erwerbsbereitschaft von Landwirten wird es häufig deshalb fehlen, weil sich ein solchermaßen überhöhter Kaufpreis aus dem Betriebsertrag eines Berufslandwirts nicht erwirtschaften lässt. Bestünde dagegen die Erwerbsbereitschaft von Landwirten zu einem solchermaßen überhöhten Preis, könnte dies wiederum zur Folge haben, dass jedenfalls das – anders als hier – nur knapp über 150 % des Marktwerts liegende Höchstgebot eines konkurrierenden Nichtlandwirts nicht als spekulativ angesehen werden dürfte und infolgedessen ein grobes Missverhältnis zu verneinen wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015, BVVG u.a. ./. Landkreis Jerichower Land, C-39/14, EU:C:2015:470 Rn. 40 sowie die dort in Bezug genommenen Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón vom 17. März 2015, EU:C:2015:175 Rn. 72; vgl. auch Senat, Beschluss vom 25. April 2014 – BLw 5/13, NJW-RR 2014, 1168 Rn. 28). Eine solche Auslegung widerspräche Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG, der gerade darin besteht, ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur durch das Entstehen überhöhter Preise zu unterbinden.

c) Richtigerweise setzt die Versagung der Genehmigung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG neben einem groben Missverhältnis zwischen dem Gegenwert und dem Wert des Grundstücks voraus, dass im Zeitpunkt der (letzten) Entscheidung in der Tatsacheninstanz ein Landwirt bereit ist, das Grundstück zu einem Preis zu erwerben, der in etwa dem Marktwert im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht.

(1) Die ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung, wonach ein Landwirt zu dem Erwerb des Grundstücks bereit sein muss, beruht auf dem verfassungs-rechtlichen Grundsatz der VerhältnismäßigkeitBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Grundsatz
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. Bei der Handhabung von § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG als Inhaltsbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) muss auch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) beachtet werden; die Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung darf nicht unverhältnismäßig beschnitten werden (vgl. BVerfGE 21, 73, 86 f.). Daher darf die Genehmigung nur dann versagt werden, wenn die Erteilung ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erwarten lässt; andernfalls wäre die Versagung nicht erforderlich, um den mit dem Grundstückverkehrsgesetz verfolgten Zweck zu erreichen, und erwiese sich infolgedessen als unverhältnismäßig. Ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur lässt die Erteilung der GenehmigungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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dann erwarten, wenn das Grund-stück nicht zur Verfügung steht, um den Flächenbedarf eines interessierten Landwirts zu decken. Dieser muss bereit sein, einen in etwa dem Marktwert entsprechenden Preis zu zahlen, weil die Versagung der Genehmigung andern-falls als eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen wäre. Es gibt aber keinen Grund für die Annahme, der Landwirt müsse seinerseits einen überhöhten Preis anbieten. Dies stünde im Widerspruch zu Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG und wird auch durch das Unionsrecht nicht gefordert.

(2) Im Hinblick auf den Zeitpunkt, in dem die Erwerbsbereitschaft eines Landwirts bestehen muss, kommt es, anders als das Beschwerdegericht meint, auf die (letzte) Entscheidung in der Tatsacheninstanz an.

(a) Dies hat der Senat für den Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG wiederholt ausgesprochen. Sonst wäre den Genehmigungsbehörden nämlich die Möglichkeit genommen, ein dem Rechtsgeschäft entgegenstehendes öffentliches Interesse zur Geltung zu bringen, weil sie regelmäßig erst nach Vertragsschluss mit dem Veräußerungsvorgang befasst werden; der Versagungsgrund setzt auch nicht voraus, dass der an dem Erwerb interessierte Landwirt vor Vertragsschluss ein Kaufangebot abgegeben hat (bzw. an dem Ausschreibungsverfahren teilgenommen hat). Da das Gericht die Tatsachen, die der Genehmigung entgegenstehen, von Amts wegen zu ermitteln hat, ist der Zeitpunkt der (letzten) Entscheidung in der Tatsacheninstanz maßgeblich (grundlegend Senat, Beschluss vom 4. Juli 1957 – V BLw 66/56, BGHZ 25, 96, 107 ff.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1967 – V BLw 30/67, BB 1968, 403 ff.; Beschluss vom 18. April 1975 – V BLw 24/74, MDR 1975, 746 f.; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 8. Aufl., Rn. 4186).

(b) Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für den in § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG geregelten Versagungsgrund. Da das Gericht die Entscheidungen trifft, die auch die Genehmigungsbehörde treffen kann (vgl. § 22 Abs. 3 GrdstVG), und im Wege der Amtsermittlung (§ 9 LwVG, § 26 FamFG) festzu-stellen hat, ob die Genehmigung ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erwarten lässt, reicht es aus, wenn jedenfalls im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung die Erwerbsbereitschaft eines Landwirts feststeht. Der Einwand des Beschwerdegerichts, der Bezug der Erwerbsbereitschaft zu dem vereinbarten Preis und dem damaligen Verkehrswert gehe verloren, kann nicht überzeugen. Richtig ist zwar, dass der Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die maßgebliche Bezugsgröße für das grobe Missverhältnis ist (vgl. Vorlagebeschluss des Senats vom 29. November 2013 BLw 2/12, RdL 2014, 148 Rn. 59 mwN). Dieser Zeitpunkt ist aber nicht entscheidend für die darüber hinaus geforderte Erwerbsbereitschaft eines Landwirts, die – wie in Rn. 21 ausgeführt – lediglich gewährleisten soll, dass der verfassungsrechtlich verbürgte Grundsatz der VerhältnismäßigkeitBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gewahrt wird; im Übrigen unterliegt es auch nach dem Verständnis des Beschwerdegerichts keinem Zweifel, dass die Erwerbsbereitschaft selbst bei längerer Verfahrensdauer im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung fortbestehen muss und sich ungeachtet des Zeitablaufs weiterhin auf den Marktwert bei Vertragsschluss bezieht.

(3) Ob der interessierte Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt, ist in diesem Zusammenhang – anders als bei der Prüfung einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG – unerheblich (aA Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 8. Aufl., Rn. 2834). Der mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG verfolgte gesamtwirtschaftliche und soziale Zweck ist auf die Gesamtheit der erwerbswilligen und erwerbsbereiten Land- und Forstwirte bezogen. Es soll verhindert werden, dass durch Veräußerungen zu überhöhten Preisen Nachteile für die Agrarstruktur eintreten. Deshalb kann die Genehmigung selbst dann zu versagen sein, wenn ein Landwirt das Grundstück zu einem überhöhten Preis erwirbt (vgl. Senat, Beschluss vom 25. April 2014 – BLw 5/13, NJW-RR 2014, 1168 Rn. 26 ff.), so-fern er den Grundstückserwerb nicht aus zwingenden betrieblichen Gründen heraus vornimmt (vgl. dazu oben Rn. 14). Ist letzteres zu verneinen, werden die negativen Auswirkungen, welche die Genehmigungen von Veräußerungen zu überhöhten Preisen für die Agrarstruktur insgesamt haben, nicht dadurch kompensiert, dass der erwerbende Landwirt einen (allgemeinen) dringenden Auf-stockungsbedarf hat; umgekehrt ist es nicht erforderlich, dass der konkurrieren-de Landwirt einen gesteigerten Flächenbedarf hat.

c) Daran gemessen war mit dem Landwirt W. ein erwerbsbereiter Landwirt vorhanden. Er hat sein ernsthaftes Kaufinteresse in dem Verfahren durchgängig bekundet und war im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts sogar bereit, 150 % des Marktwerts für das Grundstück zu zahlen.

IV.

Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts war daher aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf. Das führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts, das den gegen die Versagung der Genehmigung gerichteten Antrag der BVVG auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen hat.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts richtet sich gemäß § 47, § 60 Abs. 1, § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG nach dem vereinbarten Kaufpreis.

Schlagworte: Grundstücksverkehrsgenehmigung, Kauf von landwirtschaftlichen Unternehmen, Landwirtschaftlicher Betrieb, Landwirtschaftliches Unternehmen