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BGH, Urteil vom 5. Juni 1989 – II ZR 227/88

BGB § 139; HGB § 140

1. Es wird daran festgehalten, daß ein Streithelfer Rechtsmittel nur innerhalb der für die Hauptpartei laufenden Rechtsmittelfrist einlegen kann ohne Rücksicht darauf, ob und wann ihm selbst das anzufechtende Urteil zugestellt worden ist (st. Rspr. zuletzt BGH, VersR 1988, 417).

Zum Sachverhalt

Das LG hat den Bekl. verurteilt, an die Kl. 4651,06 DM zu zahlen. Gegen dieses, ihm am 12. 10. 1987 und seiner Streithelferin am 15. 10. 1987 zugestellte Urteil hat lediglich die Streithelferin mit einem am 16. 11. 1987, einem Montag, eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist auch begründet. Am 27. 4. 1988 hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt und zur Begründung vorgetragen: Ihren zweitinstanzlichen Anwälten sei von den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten als Datum des Ablaufs der Berufungsfrist irrtümlich der 16. 11. 1987 durchgegeben worden. Das beruhe auf einem einmaligen Versehen der erprobten und zuverlässigen Anwaltssekretärin P, der bekannt sei, daß sich die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels durch den Streithelfer nach der Zustellung an die Hauptpartei richtet. Außerdem sei in den zahlreichen Verfahren, die die Kl. gegen Bauherren wie den Bekl. führen, die besondere Anweisung gegeben worden, sich jeweils nach dem Zustellungszeitpunkt an die Prozeßbevollmächtigten des Bekl. zu erkundigen. Die Fristversäumung beruhe daher nicht auf Verschulden der Anwälte der Streithelferin. Das OLG hat die Berufung unter Versagung der Wiedereinsetzung als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete Revision der Streithelferin des Bekl. hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen

Das BerGer. hält die Berufung für unzulässig, weil sie nicht innerhalb der bis zum 12. 11. 1987 laufenden Frist eingelegt worden sei und dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattgegeben werden könne. Für Berechnung und Ablauf der Berufungsfrist sei allein die am 12. 10. 1987 erfolgte Zustellung an den Bekl. maßgebend, die Zustellung des landgerichtlichen Urteils am 15. 10. 1987 an die Streithelferin des Bekl. habe insoweit keine Bedeutung. Die Berufung der Streithelferin vom 16. 11. 1987 sei somit verspätet. Die Prozeßbevollmächtigten der Streithelferin – im ersten Rechtszug – treffe an der Fristversäumung ein Verschulden, das der Streithelferin zuzurechnen sei und einer Wiedereinsetzung entgegenstehe. Daß diese Anwälte sich angesichts der verfahrensrechtlichen Besonderheiten ungeprüft auf die Feststellungen der Anwaltsgehilfin verlassen hätten, reiche zur Wahrung der erforderlichen anwaltlichen Sorgfalt nicht aus. Hinzu komme, daß dem vorliegenden Fall zahlreiche vergleichbare Fehler bei der Prüfung von Berufungsfristen in Parallelsachen vorausgegangen seien. Danach habe die anwaltliche Sorgfaltspflicht eine weitere Überprüfung geboten. Im übrigen sei der Antrag auch erst nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist gestellt worden. Hiergegen wendet sich die Revision der Streithelferin des Bekl. ohne Erfolg. 1. Nach § 516 ZPO beträgt die Berufungsfrist einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils, spätestens aber nach Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Das Urteil braucht dem – unselbständigen – Streithelfer nicht zugestellt zu werden. Für die Rechtsmittelfrist ist vielmehr allein die Urteilszustellung an die Hauptparteien, hier also an den Bekl. maßgebend. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und der ganz herrschenden Lehre ist somit eine Rechtsmitteleinlegung durch den – unselbständigen – Streithelfer nur innerhalb der für die Hauptpartei laufenden Berufungsfrist möglich (vgl. BGH, NJW 1986, 257 Nr. 13 = LM § 67 ZPO Nr. 12 u. BGH, VersR 1988, 417 jeweils m. w. Nachw.). a) Die Revisionskl. will dies nicht hinnehmen. Sie meint, die erwähnte Rechtsauffassung lasse sich jedenfalls nicht mit einem Hinweis auf § 67 ZPO begründen, nach dem die Erklärungen und Handlungen des Streithelfers nicht mit solchen der Hauptpartei in Widerspruch stehen dürfen. Es laufe in Wahrheit für den Streithelfer eine selbständige Frist, die mit der Zustellung an ihn beginne. b) Dem kann nicht gefolgt werden. Das Rechtsmittel eines Streithelfers ist stets ein Rechtsmittel für die Hauptpartei (BGH, NJW 1986, 257 Nr. 13 = LM § 67 ZPO Nr. 12; Zöller-Vollkommer, ZPO, 15. Aufl., § 67 Rdnr. 5). Dem entspricht es, daß eine dem Streithelfer gewährte Fristverlängerung auch für die Hauptpartei wirkt (BGH, NJW 1982, 2069 = LM § 67 ZPO Nr. 10). Denn selbst bei einer von Hauptpartei und Streithelfer eingelegten Berufung handelt es sich nur um eine Berufung (Senat, BGH, NJW 1985, 2480 = LM § 67 ZPO Nr. 11; BGH, NJW 1988, 712 Nr. 15 = LM § 74 ZPO Nr. 7). Es bestimmt sich ferner lediglich aus der Person der Hauptpartei, ob die zu erreichende Rechtsmittelsumme und die erforderliche Beschwer gegeben sind (BGH, NJW 1981, 2061 = LM § 138 ZPO Nr. 16 m. Nachw.). Auch die Frage, ob ein Vorbringen des Streithelfers verspätet ist, ist so zu beurteilen, als wenn es von der Partei selbst stammen würde (Zöller-Vollkommer, § 67 Rdnr. 4; Stein-Jonas-Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 67 Rdnr. 13; Fuhrmann, NJW 1982, 978). Schließlich wird sogar die Meinung vertreten, der Streithelfer könne selbst um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur aus in der Partei liegenden Gründen, nicht aus solchen in seiner Person nachsuchen, weil der Streithelfer nur solche Handlungen vorzunehmen in der Lage sei, die die unterstützte Partei (noch) vornehmen könne (Stein-Jonas-Leipold, § 67 Rdnrn. 5 f.). Es ist demnach daran festzuhalten, daß ein Streithelfer nur innerhalb der für die Hauptpartei laufenden Berufungsfrist Berufung einlegen kann ohne Rücksicht darauf, ob und wann ihm selbst das Urteil zugestellt worden ist. 2. Es kann unentschieden bleiben, ob ein Streithelfer überhaupt aus bei ihm liegenden Gründen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlangen kann (bereits offen gelassen in BGH, VersR 1988, 417; verneinend Stein-Jonas-Leipold, § 67 Rdnrn. 5 f.). Denn das OLG hat zutreffend angenommen, daß die Revisionskl. nicht ohne ihr zuzurechnendes Verschulden ihrer erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten (§§ 233, 85 II ZPO). a) Dabei kann zugunsten der Revision davon ausgegangen werden, daß der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig gestellt worden ist (§ 234 ZPO). b) Das OLG hat nämlich festgestellt, daß dem hier vorliegenden Fall zahlreiche einschlägige Mißgriffe in Parallelverfahren vorausgegangen sind. So waren nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt zuvor etwa 13 ähnlich liegende Fälle beim LG Köln anhängig. In ungefähr 10 dieser Verfahren haben dieselben erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Streithelferin – in gleicher Rolle – ebenfalls die Berufungsfrist versäumt, so daß die Berufungen zurückgenommen werden mußten. Bei dieser Sachlage hätte es besonderer – hier nicht gegebener – Darlegungen dafür bedurft, daß die Rechtsanwälte der insoweit zuständigen Anwaltsgehilfin die Fristenberechnung ohne Bedenken überlassen durften. Eine solche Übertragung ist zwar grundsätzlich zulässig bei gutgeschultem und sorgfältig überwachtem Büropersonal jedenfalls in einfachen Sachen, die in der Praxis häufig vorkommen (BGHZ 43, 148 = NJW 1965, 1021 = LM § 233 (Fd) ZPO Nr. 23). Auch in diesem Punkt fehlt es hier jedoch an jeglichem konkreten Sachvortrag. Es kann bei alledem dahingestellt bleiben, ob – wie die Revision nahelegen will – ein sog. Serienirrtum vorliegt. Denn auch ein solcher würde im Streitfall schon wegen der im übrigen fehlenden näheren Darlegungen durchgreifende Zweifel an guter Schulung und sorgfältiger Überwachung des Büropersonals hervorrufen. Ohne Erfolg beruft sich die Revision auch darauf, der Anwaltsgehilfin sei durchaus bekannt gewesen, daß für den Streithelfer keine eigene Rechtsmittelfrist laufe, sondern die für die Hauptpartei geltende Frist maßgebend sei. Ersichtlich war dies von vornherein bloß theoretisches Wissen, das die Anwaltsgehilfin nicht in die Praxis umsetzen konnte.

 

Schlagworte: Ausschließung ohne näher bezeichneten Grund, Ausschluss des Gesellschafters, Einlegung von Rechtsmittel durch Nebenintervenienten, Geltungserhaltende Reduktion unzulässiger Klauseln, Grundsätzliche Unzulässigkeit, Hinauskündigungsklausel, Nebenintervention, Nebeninterventionsfrist, Rechte des Nebenintervenienten, Zwangsweiser Ausschluss eines Gesellschafters