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BGH, Urteil vom 10. Mai 1993 – II ZR 74/92

Wettbewerbsverbot alleiniger GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafter
Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot alleiniger Gesellschafter

GmbHG §§ 30, 31

Der alleinige Gesellschafter einer GmbH schuldet dieser – ebenso wie die Gesellschafter einer mehrgliedrigen GmbH, wenn sie einverständlich handeln – grundsätzlich weder wegen Treuepflichtverletzung noch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung Schadensersatz, wenn er der Gesellschaft Vermögen entzieht, das zur Deckung des Stammkapitals nicht benötigt wird; unter diesen Voraussetzungen haftet auch der Geschäftsführer, der eine Weisung der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Weisung
Weisung der Gesellschafter
befolgt oder selbst alleiniger Gesellschafter ist, nicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG (BGHZ 31, 258, 278 f.; BGHZ 93, 146, 148; BGHZ 95, 330, 340; Sen.Urt. v. 18. März 1974 – II ZR 2/72, WM 1974, 412, 413 und v. 28. September 1992 – II ZR 299/91, WM 1992, 2053, 2054 f., zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Ob das anders ist, wenn eine bestimmte Maßnahme die Gesellschaft in ihrer Existenz gefährdet (vgl. Scholz/ U. H. Schneider, GmbHG 8. Aufl. § 37 Rdn. 52 m.w.N.), ist hier nicht zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat dazu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Darauf kommt es auch nicht an, weil, wie noch auszuführen sein wird, nach dem Sachverhalt, von dem in der Revisionsinstanz auszugehen ist, der Klageanspruch sich aus § 31 Abs. 1 GmbHG ergibt.

Wird ein dem Gesellschafter eingeräumter Anspruch auf Auszahlung eines – in Wirklichkeit nicht vorhandenen – Gewinns unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 GmbHG einverständlich mit einer Forderung verrechnet, die der GmbH gegen ein dem Gesellschafter wirtschaftlich gehörendes Unternehmen zusteht, so ist er, wenn dieses später in Vermögensverfall gerät, zum Ersatz verpflichtet, soweit die Forderung der Gesellschaft an Wert verloren hat.

Urteil

Leitsatz

Wird ein dem Gesellschafter eingeräumter Anspruch auf Auszahlung eines – in Wirklichkeit nicht vorhandenen – Gewinns unter den Voraussetzungen des GmbHG § 30 Abs 1 einverständlich mit einer Forderung verrechnet, die der GmbH gegen ein dem Gesellschafter wirtschaftlich gehörendes Unternehmen zusteht, so ist er, wenn dieses später in Vermögensverfall gerät, zum Ersatz verpflichtet, soweit die Forderung der Gesellschaft an Wert verloren hat.

Der Kläger ist Konkursverwalter der M. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Beklagte zu 1 ist. Die Beklagte zu 2 ist die Geschäftsführerin der Gesellschaft. Der Beklagte zu 1 ist außerdem einziger Kommanditist der B. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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(im folgenden: B.) und alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH dieser Gesellschaft.

Bei Aufstellung des Jahresabschlusses der Gemeinschuldnerin für den 31. Dezember 1985 wurde eine in den Büchern mit 1.058.000,– DM ausgewiesene Verbindlichkeit gegenüber der I. Holding AG (im folgenden: I.) erfolgswirksam ausgebucht. Das führte für 1985 zu einem Gewinn von 779.134,92 DM und – unter Berücksichtigung eines Verlustvortrags von 396.793,62 DM – für den Bilanzstichtag zum Ausweis eines Bilanzgewinns von 382.341,30 DM. Am 6. März 1986 beschloß der Beklagte zu 1 die Ausschüttung von 376.000,– DM, von denen nach Abzug der Kapitalertragsteuer 282.000,– DM an ihn auszuzahlen waren. Am selben Tag schlossen der Beklagte zu 1, die durch ihn vertretene B. und die durch die Beklagte zu 2 vertretene Gemeinschuldnerin eine Vereinbarung. Der Beklagte zu 1 trat darin seinen Gewinnausschüttungsanspruch von 282.000,- DM an die B. ab, diese erklärte damit die Aufrechnung gegen eine der Gemeinschuldnerin gegen sie zustehende Darlehensforderung von 288.000,– DM, und die Gemeinschuldnerin stimmte dem zu. Um der Gemeinschuldnerin die Begleichung der durch die Gewinnausschüttung ausgelösten Körperschaftsteuer von 211.500,– DM und Kapitalertragsteuer von 94.000,– DM zu ermöglichen, traten ihr die Beklagten am 21. September 1987 Einkommensteuererstattungsansprüche für 1985 und 1986 ab. Auf dieser Grundlage erhielt die Gemeinschuldnerin für das Jahr 1985 durch Gutschrift des Finanzamts 8.752,– DM.

Am 23. Oktober 1987 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der jetzigen Gemeinschuldnerin beantragt. Auf Anforderung des Klägers zahlte die B. Ende 1987 den von der Verrechnungsvereinbarung vom 6. März 1986 nicht erfaßten Restbetrag der Darlehensforderung in Höhe von 6.000,– DM. In einem vom Kläger gegen die B. und deren Komplementär-GmbH geführten Rechtsstreit wurden beide Gesellschaften rechtskräftig verurteilt, die restlichen 282.000,– DM, die Gegenstand jener Verrechnungsvereinbarung waren, an ihn zu zahlen. In einem weiteren Rechtsstreit des Klägers gegen den (jetzigen) Beklagten zu 1 war zuvor die Nichtigkeit des Gewinnfeststellungsbeschlusses vom 6. März 1986 (und eines die Gewinnfeststellung wiederholenden Beschlusses vom 5. April 1987) festgestellt worden. Der Kläger erhielt von der B. keine Zahlung. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über deren Vermögen wurde am 14. Dezember 1990 und über dasjenige ihrer Komplementär-GmbH am 10. Juli 1990 mangels Masse abgelehnt.

Der Kläger hat von den Beklagten – unter anderem – Erstattung der von der B. nicht gezahlten 282.000,– DM verlangt. Die Beklagten sind dem entgegengetreten und haben hilfsweise mit einem Gegenanspruch von 259.500,21 DM aufgerechnet; in Höhe dieses Gesamtbetrages soll die Gemeinschuldnerin aufgrund der an sie abgetretenen Ansprüche vom Finanzamt Erstattungen und Gutschriften erhalten haben.

Das Landgericht hat den Beklagten zu 1 zur Zahlung der 282.000,– DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung des im Prozeß gegen die B. und deren Komplementär-GmbH titulierten Darlehensanspruchs verurteilt und die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung in Höhe von 273.248,– DM nebst Zinsen bestätigt und sie insoweit auf die Beklagte zu 2 erstreckt. In Höhe von 8.752,– DM hat es die Klage abgewiesen. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten hat es für unbegründet erklärt.

Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter, ohne auf ihre Hilfsaufrechnung zurückzukommen. Der Kläger erstrebt mit seiner AnschlußRevision die Verurteilung beider Beklagten in dem Umfang, in dem das Landgericht der Klage gegen den Beklagten zu 1 stattgegeben hat.

Revision und AnschlußRevision führen im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Zur Revision:

1. Das Berufungsgericht hat in der Ausbuchung der Verbindlichkeit gegenüber der I. eine „Bilanzmanipulation“ gesehen und die Verurteilung der Beklagten auf Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht (Beklagter zu 1) und § 43 Abs. 2 GmbHG (Beklagte zu 2) sowie auf § 826 BGB gestützt. Mit dieser Begründung läßt sich das Berufungsurteil nicht halten.

Der alleinige Gesellschafter einer GmbH schuldet dieser – ebenso wie die Gesellschafter einer mehrgliedrigen GmbH, wenn sie einverständlich handeln – grundsätzlich weder wegen Treuepflichtverletzung noch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung Schadensersatz, wenn er der Gesellschaft Vermögen entzieht, das zur Deckung des Stammkapitals nicht benötigt wird; unter diesen Voraussetzungen haftet auch der Geschäftsführer, der eine Weisung der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Weisung der Gesellschafter
befolgt oder selbst alleiniger Gesellschafter ist, nicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG (BGHZ 31, 258, 278 f.; BGHZ 93, 146, 148; BGHZ 95, 330, 340; Sen.Urt. v. 18. März 1974 – II ZR 2/72, WM 1974, 412, 413 und v. 28. September 1992 – II ZR 299/91, WM 1992, 2053, 2054 f., zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Ob das anders ist, wenn eine bestimmte Maßnahme die Gesellschaft in ihrer Existenz gefährdet (vgl. Scholz/ U. H. Schneider, GmbHG 8. Aufl. § 37 Rdn. 52 m.w.N.), ist hier nicht zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat dazu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Darauf kommt es auch nicht an, weil, wie noch auszuführen sein wird, nach dem Sachverhalt, von dem in der Revisionsinstanz auszugehen ist, der Klageanspruch sich aus § 31 Abs. 1 GmbHG ergibt.

Das Berufungsgericht meint, der Beklagte zu 1 habe durch jene „Bilanzmanipulation“ eine Risikoverlagerung zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger vorgenommen; denn er habe durch die hierauf gestützten Folgemaßnahmen der Gemeinschuldnerin „die noch in Form des Darlehensanspruchs gegen die Firma B. vorhandene Haftungsgrundlage entzogen“. Damit hat es den in der Literatur angesprochenen Gesichtspunkt der Risikoverlagerung auf die Gesellschaftsgläubiger (Rowedder/Koppensteiner, GmbHG 2. Aufl. § 43 Rdn. 57 b; Semler, Bilanz- und Konzernrecht (FS Goerdeler), 1987, S. 551, 557 f.) mißverstanden. Gemeint sind damit Geschäfte, die mit einem besonders hohen, das Stammkapital übersteigenden Risiko behaftet sind und die, wenn sie gutgehen, der Gesellschaft und damit den Gesellschaftern einen hohen Gewinn bringen, im umgekehrten Fall dagegen zu einem Verlust führen, den die Gesellschaft nicht verkraften kann und der deshalb die Gläubiger treffen muß. Von einem derartigen Sachverhalt kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.

2. Die Klage kann jedoch unter dem vom Berufungsgericht nicht behandelten rechtlichen Gesichtspunkt der unzulässigen Kapitalauszahlung (§§ 31 Abs. 1, 43 Abs. 2, 3 GmbHG) begründet sein, weil nach dem der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legenden Sachverhalt die Verrechnungsabrede vom 6. März 1986 gegen das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG verstieß.

a) Für die Revisionsinstanz ist davon auszugehen, daß die Forderung der I. gegen die Gemeinschuldnerin am 6. März 1986 noch in voller Höhe bestand. Unter dieser Voraussetzung ergab sich bereits am 31. Dezember 1985 ein Bilanzverlust von 675.658,70 DM. Es ist nichts dafür vorgetragen, daß sich die Vermögensverhältnisse der Gemeinschuldnerin bis zum 6. März 1986 so weit gebessert hätten, daß aus diesem Grunde die Gewinnausschüttung an den Beklagten zu 1 aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals nicht erforderlichen Vermögen (§ 30 Abs. 1 GmbHG) hätte aufgebracht werden können.

b) Die Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin, mit der der Gewinnausschüttungsanspruch des Beklagten zu 1 verrechnet worden ist, richtete sich nicht gegen diesen selbst, sondern gegen die B.. Das steht der Annahme einer „Auszahlung“ an den Beklagten zu 1 jedoch nicht entgegen. Denn die in der Verrechnung mit der Darlehensforderung liegende Leistung an die B. wurde für Rechnung des Beklagten zu 1 erbracht, dessen Ausschüttungsanspruch dadurch erfüllt wurde. Zudem war der Beklagte zu 1 wirtschaftlich Alleingesellschafter der B..

c) Die Revision ist der Ansicht, in Wirklichkeit sei es gar nicht zu der beabsichtigten Gewinnausschüttung gekommen; das Gesellschaftsvermögen sei durch die Verrechnung mit der Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin nicht verringert worden. Ein Gewinn, der hätte ausgeschüttet werden können, sei bei richtiger Bilanzierung nicht vorhanden gewesen; damit sei die „Aufrechnung“ gegen die Darlehensforderung ins Leere gegangen.

Mit einer solchen Betrachtung wird der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht voll erfaßt. Es kommt für die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG nicht darauf an, ob, wie zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 rechtskräftig festgestellt worden ist, der Gewinnausschüttungsbeschluss nichtig war. Entscheidend ist, ob der Beklagte zu 1 als Alleingesellschafter – unmittelbar oder mittelbar – etwas aus dem zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Gesellschaftsvermögen erhalten hat. Letzteres hängt wiederum nicht allein davon ab, ob die – einverständliche – Verrechnung wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften nichtig war und die Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin deshalb bestehen blieb oder ob diese getilgt und durch einen Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft nach § 31 Abs. 1 GmbHG ersetzt wurde (vgl. zur Auswirkung einer gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßenden Verrechnung auf den Bestand der Gesellschaftsforderung Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 32 a, b Rdn. 168 m.w.N.). Das Gesellschaftsvermögen ist oder bleibt auch dann verringert, wenn die Gemeinschuldnerin rechtlich Inhaberin der Darlehensforderung geblieben sein sollte oder wenn ihr diese als solche zurückübertragen würde. Denn die Forderung ist wegen des zwischenzeitlich eingetretenen Vermögensverfalls der B. nichts mehr wert. Für diesen Wertverlust muß der Beklagte zu 1 einstehen. Die Gemeinschuldnerin war infolge der Verrechnungsabrede zumindest praktisch gehindert, die Darlehensforderung so rechtzeitig einzuziehen, daß sie noch realisiert werden konnte, denn sie ging – zu Recht oder zu Unrecht – davon aus, daß der Anspruch ihr nicht mehr zustand. In dieser zumindest tatsächlichen Aufgabe des Forderungsrechts liegt eine „Auszahlung“ im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG. Die später eingetretene Entwertung der Forderung ist nach § 31 Abs. 1 GmbHG auszugleichen.

Dafür spielt es keine Rolle, ob ein sich aus dieser Vorschrift ergebender Anspruch in erster Linie auf Wertersatz oder ob er vielmehr auf Rückführung des konkreten aus dem Gesellschaftsvermögen ausgeschiedenen Gegenstandes gerichtet ist (vgl. dazu Scholz/H. P. Westermann, GmbHG 8. Aufl. § 31 Rdn. 2 m.w.N.; ferner Stimpel, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 335, 342). Im letzteren Fall sollen sich zwar Wertschwankungen nicht nur zugunsten, sondern auch zu Lasten der Gesellschaft auswirken (vgl. Hommelhoff, FS Kellermann, 1991, S. 165, 167 f.). Das darf indessen nicht dazu führen, daß der Wertverlust, der in dem Zeitraum eintritt, in dem der Gegenstand der Verfügungsmacht der Gesellschaft rechtlich oder tatsächlich entzogen ist, unausgeglichen bleibt. Nach der Regelung der §§ 30, 31 GmbHG darf der Wert des Gesellschaftsvermögens, soweit es zur Deckung des Stammkapitals benötigt wird, nicht durch Übertragung von Vermögensteilen auf die Gesellschafter geschmälert werden. Wird dagegen verstoßen, so muß der im Zeitpunkt der Vermögensübertragung vorhandene Wert des Gesellschaftsvermögens bis zur Höhe der Stammkapitalziffer wiederhergestellt werden. Jedenfalls dann, wenn dieses Ziel durch Rückübertragung des weggegebenen Vermögensgegenstands nicht erreicht werden kann, weil dieser inzwischen an Wert verloren hat, muß der Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen, soweit es durch die ihm erbrachte Leistung zu Lasten des Stammkapitals verringert worden ist, durch Geldzahlung wiederauffüllen. Das Risiko, daß dies durch Rückgabe des konkreten Gegenstandes – allein – nicht erreicht werden kann, hat der Gesellschafter nicht nur dann zu tragen, wenn er bei ihm nicht mehr vorhanden ist, sondern auch, wenn sich dessen Wert inzwischen verringert hat. Auf welchen Gründen dies beruht, spielt grundsätzlich keine Rolle. Es würde die streng zu handhabenden Kapitalerhaltungsgrundsätze in unzulässiger Weise aufweichen, wenn etwa die Gesellschaft nachweisen müßte, daß den Gesellschafter an dem Wertverlust ein Verschulden trifft, oder auch nur, daß die Weggabe der Sache ursächlich dafür war, daß der im Zeitpunkt des Verstoßes gegen § 30 GmbHG vorhandene Wert nicht erhalten geblieben ist (zutreffend Ulmer, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 363, 378 ff., 381 unter Hinweis auf die Differenzhaftungsregelung in § 9 Abs. 1 GmbHG für Sacheinlagen).

Ob etwas anderes gilt, wenn feststeht, daß der gleiche Wertverlust auch eingetreten wäre, wenn der Vermögensgegenstand in der Verfügungsgewalt der Gesellschaft geblieben wäre, ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung; denn es ist ganz ungewiß, wann der Darlehensanspruch, wenn die Gemeinschuldnerin von dessen Fortbestand ausgegangen wäre, erfüllt worden wäre. Im übrigen kann auch dadurch gegen § 30 GmbHG verstoßen werden, daß eine fällige Forderung gegen einen Gesellschafter – oder gegen ein ihm wirtschaftlich gehörendes Unternehmen – zu Lasten des satzungsmäßigen Haftungsfonds nicht rechtzeitig vor Eintritt eines Vermögensverfalls des Schuldners eingezogen wird (vgl. BGHZ 81, 311, 320 f.; Stimpel aaO S. 348 ff.).

d) Für einen sich aus § 31 Abs. 1 GmbHG ergebenden Rückgewähranspruch haftet die Beklagte zu 2 als Geschäftsführerin nach § 43 Abs. 3 GmbHG, wenn sie den Sorgfaltsmaßstab des Absatzes 1 dieser Vorschrift nicht eingehalten hat. Diese Voraussetzung ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision sind jedenfalls insoweit unbegründet, als es darum geht, ob die Beklagte zu 2 die Sorgfalt einer ordentlichen Geschäftsfrau angewandt hat; ob die Beklagten darüber hinaus, wie das Berufungsgericht angenommen hat, vorsätzlich gehandelt haben, spielt für die Entscheidung keine Rolle. Auf die angebliche Auskunft des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers Dr. N. (des Streithelfers des Klägers), die Forderung der I. sei verjährt, durfte die Beklagte zu 2 sich nicht verlassen. Nach der insoweit nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts war der Anspruch der I. aus den Geschäftspapieren der Gemeinschuldnerin ohne weiteres als erst in den Jahren 1982/83 begründete Darlehensforderung erkennbar.

e) Der Rechtsstreit ist bisher nicht entscheidungsreif. Es fehlt an einer tatrichterlichen Feststellung zu der Frage, ob das Stammkapital am 6. März 1986 auch unabhängig von der Darlehensforderung gegen die B. noch gedeckt war. Es war zwar, wenn man die Verbindlichkeit gegenüber der I. berücksichtigt, bereits am 31. Dezember 1985 ein Bilanzverlust von 675.658,70 DM vorhanden. Die Beklagten haben aber in Zweifel gezogen, ob eine solche Forderung der I. überhaupt bestand, und behauptet, diese habe nur einen Anspruch auf 452.775,49 DM zum Konkurs angemeldet, den der Kläger indessen nicht anerkannt habe. Das Berufungsgericht hat sich damit nicht befaßt. Es ist außerdem bisher nicht festgestellt, daß die Forderung der Gemeinschuldnerin gegen die B. am 6. März 1986 vollwertig war. Das Berufungsgericht hat dies nur – unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt – für Ende 1987 bejaht. Ob die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobenen Verfahrensrügen begründet sind, ist unerheblich, weil es auf den Zeitpunkt der Verrechnungsvereinbarung ankommt.

II. Zur AnschlußRevision:

Das Berufungsgericht hat den unerfüllt gebliebenen Darlehensforderungsbetrag von 282.000,– DM um 8.752,– DM gekürzt, die das Finanzamt der Gemeinschuldnerin aus einem entsprechenden, das Jahr 1985 betreffenden Einkommensteuererstattungsanspruch der Beklagten gutgeschrieben hat. Es hat gemeint, den Zufluß dieses Geldes, der auf der Abtretungserklärung der Beklagten vom 21. September 1987 beruht, müsse sich der Kläger im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen. Das Berufungsgericht hat den dafür erforderlichen Zusammenhang mit der durch die Verrechnung vom 6. März 1986 bewirkten Schmälerung des Gesellschaftsvermögens deswegen für gegeben gehalten, weil die Abtretung vorgenommen worden ist, damit die Gesellschaft die durch die „Gewinnausschüttung“ an den Beklagten zu 1 ausgelösten Steuern begleichen konnte. Diesen Abzug der 8.752,– DM greift die AnschlußRevision mit Erfolg an.

Gegenüber dem Beklagten zu 1 beruht der Anspruch des Klägers auf § 31 GmbHG. Aber selbst bei Schadensersatzansprüchen setzt die Anrechnung von Vorteilen voraus, daß diese nicht nur durch das schädigende Ereignis verursacht worden sind, sondern auch, daß sie mit ihm bei wertender Betrachtung in einem inneren Zusammenhang stehen (BGHZ 91, 206, 210). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Beklagten haben den Steuererstattungsanspruch nicht zum Zweck der Rückführung des Kapitalabflusses abgetreten – dann wäre mit der Gutschrift durch das Finanzamt ohnehin Erfüllung eingetreten -, sondern, wie das Berufungsgericht selbst ausgeführt hat, um der Gesellschaft die zur Erfüllung ihrer Steuerschulden erforderliche, bei ihr nicht mehr vorhandene Liquidität zuzuführen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Ein Bereicherungsanspruch, mit dem die Beklagten d Aufrechnung hätten erklären können, ist nicht enstanden. Der Rechtsgrund der Leistung bestand, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, darin, daß der Gesellschaft zusätzliche Kapitalmittel zur Verfügung gestellt werden sollten. Daß diese der Gesellschaft kurz vor Stellung des Konkursantrags gegebenen Mittel alsbald zurückzuzahlen gewesen wären, ist nicht festgestellt. Soweit sie vom Beklagten zu 1 als Gesellschafter stammten, handelte es sich zudem, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, um Kapitalersatz; dies schließt gemäß § 390 Satz 1 BGB eine Aufrechnung aus. Auf die Frage, ob überhaupt gegen einen Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG mit einer nicht vollwertigen Forderung aufgerechnet werden kann (vgl. dazu Stimpel aaO S. 351; Ulmer aaO S. 382 m.w.N.), kommt es hier nicht an.

III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen (siehe oben I 2 e) getroffen werden können.

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