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BGH, Urteil vom 15. Mai 1972 – II ZR 70/70

§ 29 GmbHG

a) Einen Gesellschafterbeschluß, der sich in der Ablehnung eines Antrages erschöpft, braucht der Antragsteller im Allgemeinen nicht anzufechten, um sich einen mit dem Antrag geltend gemachten Anspruch gegen die GmbH zu erhalten.

Eine Anfechtung der Beschlüsse, mit der die Gesellschafterversammlung lediglich die Anträge des Klägers auf eine Ausgleichszahlung für den ihm entgangenen Mietvorteil abgelehnt hat, war weder erforderlich noch überhaupt ein geeignetes Mittel, um dem Kläger einen solchen Ausgleich zu verschaffen; dabei mag mit der herrschenden Meinung davon auszugehen sein, daß grundsätzlich auch ablehnende Beschlüsse angefochten werden können (Nachweise bei Baltzer, GmbHRdsch 1972, 57, 58 Fn. 11). Die Wirkungen eines rein negativen Abstimmungsergebnisses, wie es hier vorliegt, erschöpfen sich verfahrensmäßig in dem Verbrauch des jeweils gestellten Antrags und tatsächlich in der Aufrechterhaltung des Zustands, wie er vor dem Antrag bestanden hatte (Baltzer aaO S. 60, 61 und Der Beschluß als rechtstechnisches Mittel organschaftlicher Funktion im Privatrecht, 1965 S. 171). Damit ist weder das Nichtbestehen des geltend gemachten Anspruchs verbindlich festgestellt, wie etwa durch ein klagabweisendes Urteil, noch der Antragsteller sonstwie gehindert, seinen Anspruch innerhalb oder außerhalb der Gesellschafterversammlung weiterhin zu erheben, jedenfalls soweit die Satzung nichts anderes bestimmt; so hat denn auch der Kläger noch während dieses Rechtsstreits in der Gesellschafterversammlung vom 25. April 1966 eine erneute – freilich abermals negative – Entscheidung über seinen Anspruch erwirkt. An dieser Rechtslage würde eine erfolgreiche Anfechtung der ablehnenden Beschlüsse nichts ändern. Sie hätte weder die Bedeutung, die auch ohnedies nicht ausgeschlossene Weiterverfolgung des Anspruchs erst zu ermöglichen, noch könnte sie dem Kläger darüber hinaus zu einer bestimmten positiven Entscheidung verhelfen.

b) Wird das Recht eines Gesellschafters auf gleichmäßige Behandlung dadurch verletzt, daß die GmbH mit der Gewährung vertraglicher Vorteile an andere Gesellschafter eine Gewinnausschüttung vorwegnimmt, so kann der übergangene Gesellschafter unter Umständen eine Ausgleichszahlung aus der Gesellschaftskasse beanspruchen, wenn dies als eine allen Beteiligten am ehesten zumutbare und sachgerechte Lösung erscheint.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung aller Gesellschafter läßt sich vielfach auf verschiedene Weise wieder ausgleichen. Besteht er in der ungleichmäßigen Gewährung von Vorteilen, so können die begünstigten Gesellschafter zur Rückgewähr dieser Vorteile verpflichtet werden, oder es kann umgekehrt dem übergangenen Gesellschafter eine gleichartige Leistung zugebilligt werden (Ballerstedt aaO S. 175). Unter Umständen kann der Verstoß unmittelbar einen Anspruch des benachteiligten Gesellschafters gegen die Gesellschaft auf eine bestimmte Ausgleichsleistung begründen. Ein solcher Anspruch ist nach der Rechtsprechung des Senats dann in Betracht zu ziehen, wenn bei Berücksichtigung der beiderseitigen Treuepflicht keine andere Lösung gangbar erscheint, etwa weil es unzumutbar oder sogar aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist, den bevorzugten Gesellschaftern den einmal gewährten Vorteil wieder zu entziehen (BGH LM GenG § 18 Nr. 2). Ein ähnlicher Sachverhalt ist hier gegeben.

Schlagworte: Bindungswirkung des Beschlusses, Objektive Reichweite des Stimmrechtsausschlusses, Treuepflicht und Grundsatz der Gleichbehandlung, Treuepflicht und Sondervorteile