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BGH, Urteil vom 11. Mai 1981 – II ZR 25/80

§ 52 GmbHG, § 53 GmbHG

Ein Vergütungsanspruch eines Beiratsmitglieds einer GmbH kann sich auch aufgrund eines im Einzelfall von der Satzung abweichenden wirksamen Gesellschafterbeschlusses ergeben.

Der Kläger wurde im Jahre 1977 von den früheren Gesellschaftern der Beklagten beauftragt, den Verkauf der Gesellschaft zu vermitteln. Er gehörte ferner vom 4. Oktober 1977 bis zum 30. Juni 1978 dem Beirat der Beklagten an. Über die dafür zu gewährende Vergütung enthält die Satzung der Beklagten in § 25 folgende Bestimmung:

„Die Mitglieder des Beirats erhalten eine Beiratsvergütung. Diese wird von den Gesellschaftern jährlich nach Vorliegen des Jahresabschlusses festgelegt und richtet sich nach dem zeitlichen Aufwand und dem erzielten Jahresgewinn. Der Vorsitzer des Beirats erhält den doppelten Betrag der Bezüge eines ordentlichen Mitglieds.

Soweit Beiratsmitglieder mit Sonderaufgaben betraut werden, werden hierfür im Einzelfall Honorare durch den Beiratsvorsitzer in Abstimmung mit der Geschäftsführung festgelegt“.

Für seine Tätigkeit als Beirat hat der Kläger für die Zeit vom 4. Oktober 1977 bis 28. April 1978 der Beklagten insgesamt 132.138,86 DM in Rechnung gestellt und von ihr auch erhalten. Mit der Klage hat er die Bezahlung weiterer Rechnungen vom 27. September 1978 im Gesamtbetrag von 80.152,85 DM verlangt:

1. Über „Beiratstätigkeit und Beratung“ für die Zeit vom 29. April bis 30. Juni 1978 in Höhe von 56.029,90 DM 2. für „Tätigkeit … im Zusammenhang mit Süko Iberica S. A. März 1978“ und „im Zusammenhang mit der Hereinholung des kanadischen Auftrags“ über einen Betrag von 15.395,97 DM 3. für Tätigkeit von Juli bis September 1978 „im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Liquidität“ über 8.726,98 DM.

Die Beklagte hat bestritten, für diese Arbeiten Aufträge erteilt zu haben. Der Kläger sei lediglich im Rahmen des Maklervertrages für ihre früheren Gesellschafter tätig geworden.

Das Landgericht hat dem Kläger einen Betrag von 52.001,14 DM nebst Zinsen zugesprochen und im übrigen die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten und die AnschlußBerufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag in vollem Umfang weiter.

Die Revision ist begründet. Sie führt jedenfalls aus sachlich-rechtlichen Gründen zur Aufhebung und Zurückverweisung. Deswegen kann offenbleiben, ob nicht schon in der fast nur aus Verweisungen bestehenden, aus sich heraus kaum verständlichen Darstellung des Tatbestandes ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 543 Abs 2 ZPO liegt, der zur Aufhebung des Urteils hätte führen müssen (vgl BGH, Urt v 27.5.81 – IV a ZR 55/80, NJW 1981, 1848; BAG, Urt v 24.6.80 – 6 AZR 1020/78, ZIP 1980, 1026 m w N).

I. Das Berufungsgericht erkennt dem Kläger einen Anspruch auf Vergütung für Beiratstätigkeit zu; die Honorarvereinbarung sei zwar ursprünglich nicht zwischen den Parteien abgeschlossen worden, die Beklagte habe jedoch die Leistungen des Klägers in Anspruch genommen. Ihr Geschäftsführer habe davon gewußt und dies auch gebilligt, wie die früheren Zahlungen auswiesen. Also müsse die Beklagte auch die weiteren Rechnungen bezahlen.

Dieser Beurteilung vermag der Senat nicht zu folgen. Aus der Tatsache, daß die Beklagte die Rechnungen des Klägers für die Zeit bis Ende April 1978 nachträglich beglichen hat, kann allenfalls gefolgert werden, daß sie für diesen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum eine Zahlungspflicht bestätigt hat. Daraus allein ergibt sich indes für die hier streitigen Ansprüche und deren Berechtigung nichts, zumal sogar Tätigkeiten in der Zeit nach Beendigung des Beiratsmandates berechnet werden. Mit dieser Begründung läßt sich das angefochtene Urteil daher nicht aufrechterhalten.

Ebenfalls unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe sämtliche berechneten Tätigkeiten in seiner Eigenschaft als Beirat der Gesellschaft erbracht; dies gilt auf keinen Fall für die Tätigkeiten, die den beiden Rechnungen über 15.395,97 DM und 8.726,98 DM zugrunde liegen. Für die letztere kommt dies schon deswegen nicht in Betracht, weil der Kläger Ende Juni 1978 aus dem Beirat ausgeschieden ist und die berechneten Dienstleistungen erst von Juli bis September 1978 erbracht worden sein sollen. Soweit es sich um die Rechnung im Zusammenhang mit Süko-Iberica und dem Kanada-Auftrag handelt, hat der Kläger selbst eingeräumt (GA 177), es habe sich nicht um Beiratstätigkeit im eigentlichen Sinne, sondern um Beratung gehandelt. Auch die Hauptrechnung des Klägers führt als Dienstleistungen die Beiratstätigkeit und Beratung auf, was darauf schließen läßt, daß diese Tätigkeit über die gewöhnlichen Aufgaben eines Beiratsmitglieds nach § 16 der Satzung – Beratung der Gesellschafter und der Geschäftsführung sowie Überwachung der Geschäftsführung – hinausging.

Beim gegenwärtigen Prozeßstand kann das angefochtene Urteil auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden.

A. Rechnung des Klägers über 56.029,90 DM

Der Kläger hat hierzu behauptet, er habe am 3. Oktober 1977 im Restaurant „Scheffelstuben“ in S. mit den früheren Gesellschaftern E. und W. Z., wobei letzterer zugleich in Generalvollmacht für seine Ehefrau und Mitgesellschafterin A. Z. gehandelt habe, eine Vergütung für seine Beiratstätigkeit, und zwar einen Stundensatz von 300 DM, mündlich vereinbart. Seine Aufgabe als Beirat habe darin bestanden, die für den Verkauf notwendigen Firmenunterlagen zu überprüfen und etwa fehlerhaft geführte Unterlagen zu berichtigen.

1. Nach diesem Vortrag scheidet eine Vergütung hierfür aufgrund des § 25 der Satzung ersichtlich aus.

a) Nach § 25 Abs 1 erhalten die Mitglieder des Beirats eine Vergütung, die sich nach dem Zeitaufwand und dem erzielten Jahresgewinn richten soll und welche die Gesellschafter jährlich nach Vorliegen des Jahresabschlusses festzulegen haben. Eine solche Vergütung für die (eigentliche) Beiratstätigkeit macht der Kläger nicht geltend.

b) Nach dem Tätigkeitsbild und Tätigkeitsumfang käme eine Honorarforderung des Klägers aus § 25 Abs 2 der Satzung wohl in Betracht. Danach kann ein Beiratsmitglied, das mit Sonderaufgaben betraut worden ist, im Einzelfall ein Honorar erhalten, welches der Vorsitzende des Beirats in Abstimmung mit der Geschäftsführung festzulegen hat. Beim bisherigen Sachstand und Streitstand scheidet diese Vorschrift als Anspruchsgrundlage schon deshalb aus, weil der Kläger seine Forderung auf Erklärungen der Gesellschafter der Beklagten stützt und demgemäß nichts für die Voraussetzungen des § 25 Abs 2 dargetan hat.

2. Es kommt somit darauf an, ob die Beklagte ungeachtet der Regelung in § 25 der Satzung in der vom Kläger vorgetragenen Art und Weise – durch die Gesellschafter selbst – wirksam verpflichtet wurde.

a) Bei der Entscheidung dieser Frage ist davon auszugehen, daß es sich bei den in den Gesellschaftsvertrag der Beklagten eingefügten Bestimmungen der §§ 13 bis 25 als Organisationsregelung und Zuständigkeitsregelung für den Beirat um „echte Satzungsbestandteile“ handelt (vgl SenUrt v 1.12.69 – II ZR 14/68, WM 1970, 246, 247). Mit ihnen ist von der in § 52 GmbHG eingeräumten Möglichkeit zur Bildung eines Aufsichtsgremiums und zur Festlegung seines Zuständigkeitsbereichs Gebrauch gemacht worden. Zugleich enthalten sie zum Teil auch Abweichungen von der in § 52 GmbHG vorgesehenen entsprechenden Anwendungen bestimmter Vorschriften des Aktiengesetzes und nutzen damit den gesetzlichen Vorbehalt für eigene gesellschaftsvertragliche Regelungen aus. Dies gilt im besonderen für § 25 der Satzung, der die ansonsten geltende Vergütungsregelung der §§ 113, 114 AktG modifiziert.

Änderungen von echten Satzungsbestandteilen können aber nur in der durch § 53 Abs 2 GmbHG vorgeschriebenen Form bewirkt werden. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit ferner der Eintragung ins Handelsregister. Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Als satzungsändernder Beschluß wäre die vom Kläger behauptete Honorarzusage daher nichtig.

b) Eine Satzungsänderung liegt jedoch dann nicht vor, wenn dem Gesellschaftsvertrag nicht für die Zukunft generell eine andere Form oder ein anderer Inhalt gegeben werden soll, sondern der Gesellschafterbeschluß nur im Einzelfall von der geltenden Satzung abweicht, ohne sie auf Dauer ändern zu wollen (vgl BGHZ 32, 17, 29). Ein solcher Beschluß wäre nicht nichtig. Ob er trotz der vorliegenden Zustimmung aller Gesellschafter anfechtbar wäre, bedarf hier keiner Entscheidung, weil er bisher nicht angefochten worden ist und nunmehr nicht mehr angefochten werden kann; die Anfechtungsklage hätte in angemessener Frist erhoben werden müssen.

Es bedarf deshalb der Prüfung, ob die Gesellschafterversammlung als oberstes Gesellschaftsorgan einen Beschluß über die Beiratstätigkeit des Klägers und dessen Vergütung gefaßt hat.

aa) Gemäß § 48 Abs 1 GmbHG werden die Beschlüsse der Gesellschafter in Versammlungen gefaßt, die nach den Vorschriften der §§ 49, 51 GmbHG einzuberufen sind. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, so daß der Senat nicht beurteilen kann, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde. Zwar kommt nach dem bisherigen Sachvortrag eine Heilung nach § 51 Abs 3 GmbHG in Betracht. Danach können Beschlüsse trotz fehlerhafter Einberufung wirksam sein, wenn sämtliche Gesellschafter erschienen oder wirksam vertreten sind. Auch hierzu sind jedoch die näheren Umstände nicht festgestellt.

bb) Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ist nur eine formlose Beschlußfassung erfolgt. Eine solche setzt mindestens voraus, daß der Wille aller Gesellschafter deutlich genug zum Ausdruck kommt, in einer Gesellschaftsangelegenheit als oberstes Gesellschaftsorgan gemeinsam verbindlich zu entscheiden (vgl BGHZ 58, 115, 120), und zwar mit Bindungswirkung für die Gesellschaft selbst und nicht etwa für die einzelnen Gesellschafter. Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – auch hierzu keine Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung dieser Fragen erlaubten.

cc) Eine Beschlußfassung auf schriftlichem Wege (§ 48 Abs 2 GmbHG) kann nicht angenommen werden. Zwar haben nach dem Vortrag des Klägers alle Gesellschafter einschließlich der vertretenen Gesellschafterin bei der Beschlußfassung mitgewirkt; es liegt jedoch weder eine schriftliche Abstimmung noch ein Einverständnis mit einer solchen vor. Dies kann man auch nicht der Korrespondenz zwischen dem Kläger und den früheren Gesellschaftern der Beklagten entnehmen, zumal sich daraus nur ergibt, daß eine etwaige Beiratstätigkeit des Klägers mit einem Stundensatz von 300 DM zu bezahlen sei. Was als solche im einzelnen honorierungspflichtig sein sollte, läßt sich den Schreiben vom 25. Januar 1978 (GA Bl 60/2) und vom 13. Juni 1978 (GA Bl 60/3 nicht entnehmen. Ebensowenig läßt sich dies aus dem Inhalt des Schreibens vom 30. Mai 1978 (GA Bl 60/11) erschließen.

B. Rechnung über 15.395,97 DM

Bei den hier berechneten Dienstleistungen handelt es sich nicht um solche, die dem Kläger im Oktober 1977 von den Alt-Gesellschaftern der Beklagten übertragen worden sein sollen. Dies behauptet selbst der Kläger nicht. Insoweit erhebt sich in erster Linie die Frage, ob die Arbeiten noch als „Sonderausgaben“ im Sinne von § 25 Abs 2 der Satzung gelten können. Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben auch unter diesem Blickpunkt keine abschließende Entscheidung.

Zum Komplex „Kanada-Auftrag“ hat der Kläger bezüglich der Auftragserteilung vortragen lassen (Schriftsatz v 24.4.79, S 3/4), er habe Finanzierungsgespräche im Auftrag des Geschäftsführers der Beklagten geführt und sei außerdem mit Dr O., dem Vorsitzenden ihres Beirats, übereingekommen, den Auftrag nachzukalkulieren. In der AnschlußBerufung vom 5. November 1979 (S 13) hat er sich für die Nachkalkulation auf einen Auftrag des Geschäftsführers in Übereinstimmung mit dem Beirat berufen. Die Beklagte hat jedoch diesen Sachvortrag bestritten. Dies gilt auch für die vom Kläger berechnete Tätigkeit „im Zusammenhang mit Süko Iberica“.

C. Rechnung über 8.726,98 DM

Der Kläger behauptet hierzu, er habe von dem Geschäftsführer der Beklagten den Auftrag erhalten, sich um Kreditbeschaffung für die Beklagte zu bemühen, damit deren Liquidität aufrechterhalten blieb. Das Berufungsgericht rechnet auch dies zur Beiratstätigkeit, obwohl der Kläger bereits aus dem Beirat ausgeschieden war, als er den Auftrag erhalten haben will. Schon deswegen kann das angefochtene Urteil insoweit keinen Bestand haben.

Ob und in welchem Umfange der Kläger Ansprüche aus anderen Rechtsgründen geltend machen kann, läßt sich zur Zeit nicht entscheiden. Das Berufungsgericht hat insbesondere keine ausreichenden Feststellungen zu der Frage getroffen, ob der Geschäftsführer die Beklagte im Rahmen seiner gesetzlichen Befugnisse nach § 35 Abs 1 GmbHG verpflichtet hat.

II. Nach den vorstehenden Darlegungen kann das Berufungsurteil, soweit es zum Nachteil der Beklagten ergangen ist, mit der bisherigen Begründung nicht bestehen bleiben. Es läßt sich aber auch nicht ausschließen, daß dem Kläger noch Honoraransprüche gegen die Beklagte zustehen, soweit diese nicht bereits rechtskräftig abgewiesen sind. Eine abschließende Entscheidung ist dem erkennenden Senat verwehrt, da zunächst weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen sind und den Parteien Gelegenheit gegeben werden muß, in tatsächlicher Hinsicht zu den neu aufgeworfenen Fragen Stellung zu nehmen. Zu diesem Zweck ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bei der weiteren Sachbehandlung wird das Berufungsgericht noch folgendes zu beachten haben:

1. Da die Beklagte bestreitet, die vom Kläger behaupteten Aufträge zu ihren Lasten erteilt zu haben und behauptet, daß alle Tätigkeiten im Rahmen eines Maklerauftrages von seiten der früheren Gesellschafter angefallen und erledigt worden seien, ist es (entgegen BU 5 zu 2a) zunächst Sache des Klägers, die Berechtigung seiner Ansprüche anhand einer genauen Aufgliederung seiner einzelnen Tätigkeiten nach Art, Qualifikation und Dauer darzulegen und zu beweisen. Sollte sich hierbei ergeben, daß eine eindeutige Zurechnung weder zum Bereich der Beiratstätigkeit noch der Maklertätigkeit möglich ist, müßte dies zum Nachteil des beweispflichtigen Klägers gehen.

2. Wenn und soweit das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommt, daß der Kläger als Beiratsmitglied auftragsgemäß tätig gewesen ist, wird für den Fall, daß die damaligen Gesellschafter der Beklagten die behauptete Verpflichtung der Beklagten nicht begründet haben, zu entscheiden sein, ob dem Kläger nicht Ansprüche aus § 612 BGB zustehen (vgl Schilling in Hachenburg, GmbHG, 7. Aufl § 52 Rdn 135).

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Schlagworte: Beirat, Errichtung der GmbH, Gesellschaftervereinbarung, Gesellschaftsvertrag, Satzungsdurchbrechung, Schuldrechtliche Nebenabreden, Vergütung