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BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 – III ZR 90/08

§ 276 BGB, § 311 Abs 2 BGB, § 171 HGB, § 172 HGB

a) Zur Pflicht der Treuhandkommanditistin eines Filmfonds, den Anleger bei Annahme seines Vertragsangebots zum Abschluss eines Treuhandvertrags über ihr bekannte regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren, die sich so nicht aus der Lektüre des Emissionsprospekts erschließen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 29. Mai 2008, III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft einen Treuhandkommanditisten, der in ein Kapitalanlageprojekt der hier in Rede stehenden Art eingebunden ist, die Pflicht, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind (vgl. BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 13. Juli 2006 – III ZR 361/04 – NJW-RR 2007, 406, 407 Rn. 9; vom 22. März 2007 – III ZR 98/06 – NJW-RR 2007, 1041, 1043 Rn. 15; vom 29. Mai 2008 – III ZR 59/07 – NJW-RR 2008, 1129, 1130 Rn. 8); insbesondere hat er diese über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren. Dies gilt auch hier. Einer entsprechenden Pflicht war die Beklagte nicht bereits deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe als die einer bloßen Abwicklungs- und Beteiligungstreuhänderin verstand. Denn der Beitritt vollzog sich durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und dem Treugeber und der Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin (§ 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, Präambel des Treuhandvertrags), war also ohne Mitwirkung der Beklagten nicht möglich.

b) Zur Frage, ob in einem Emissionsprospekt ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss, dass Kosten für eine Erlösausfallversicherung dem für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten bestimmten Budget zu entnehmen sind, wenn sich dies aus anderen Angaben des Prospekts erschließen lässt.

Die weitere Rüge des Klägers, aus dem Prospekt ergebe sich nur unzulänglich, dass die Kosten für die Erlösausfallversicherung nicht in der Position „Produktabsicherung“ und nicht in den sonstigen „Weichkosten“ enthalten, sondern zu Lasten der Produktionskosten gegangen seien, ist unbegründet.

Dass die Prämien für die Erlösausfallversicherungen, wie die Revision vertritt, generell als „weiche“ Kosten anzusehen seien, kann der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden. Geht man von der Terminologie und der Systematik aus, die der Prospekt verwendet und die daher für das Verständnis des Anlegers näher zu betrachten sind, tauchen die Begriffe der „harten“ und „weichen“ Kosten nicht auf. Allerdings lässt sich feststellen, dass im Investitionsplan (§ 6 des Gesellschaftsvertrags) jeweils schlagwortartig auf der einen Seite der große Block der Produktionskosten und des Erwerbs von Filmrechten und auf der anderen Seite die oben 2 a aa bereits angeführten Kosten für verschiedene Aufgaben stehen, die man als „Startkosten“ bezeichnen könnte, weil sie unmittelbar nach dem Beitritt des Anlegers als Gebühren, die mit der Gründung der Gesellschaft zusammenhängen, ohne eine nähere Prüfung durch die Beklagte nach § 4 Abs. 3 des Treuhandvertrags zugunsten der Komplementärin freizugeben waren. Bei den zuletzt genannten Kosten handelt es sich zwar um sogenannte Weichkosten. Daraus folgt jedoch nicht unmittelbar, dass in dem Kostenblock der Produktionskosten nicht Kosten enthalten sein dürften, die – ohne Produktionskosten im eigentlichen Sinne zu sein – nur in einem sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit der Produktion von Filmen stehen. Vielmehr ist dies anhand der weiteren Angaben im Prospekt, insbesondere im Zusammenhang mit der Darstellung der Verträge zur Durchführung der Investition zu prüfen.

Für die Auffassung eines Anlegers, die Kosten für die Erlösausfallversicherung seien in der Position „Produktabsicherung“, also bei den vorab zu entrichtenden Gebühren enthalten, könnte zunächst § 6 des Gesellschaftsvertrags sprechen. Aus der Darstellung über den Vertrag über die Produktauswahl und Produktionsüberwachung/-absicherung ergeben sich jedoch nähere Informationen, die dem entgegenstehen: Sowohl für die inhaltliche Auswahl der Filmobjekte als auch für die Überwachung der Produktion und die Vermittlung von Sicherungsinstrumenten wird je eine Gebühr von 1,5 % des Zeichnungskapitals fällig. Nur die Gebühr für die Produktauswahl gehört zu den „Startkosten“, während die weiteren 1,5 % als Produzentengebühr im Produktionskostenbudget enthalten sind. Zugleich kann der Anleger erkennen, dass mit Produktabsicherung nur die Vermittlung bestimmter näher bezeichneter Sicherungsinstrumente gemeint ist. Darüber hinaus kann er im Zusammenhang mit der Darstellung zum Produktions- oder Koproduktionsvertrag erkennen, dass verschiedene Sicherstellungsmöglichkeiten, unter Anderem Bankgarantien und Erlösausfallversicherungen, in Betracht kommen, über deren konkreten Einsatz die Geschäftsführung erst im zeitlichen Zusammenhang mit den jeweiligen Produktionen zu befinden hat. Vor diesem Hintergrund ist es für einen aufmerksamen Anleger, der als Mitunternehmer eine Beteiligung zeichnet, hinreichend deutlich, dass die im Zusammenhang mit Produktionen vorgesehene Sicherstellung von Auszahlungsgarantien nicht in den im Investitionsplan aufgeführten „Startkosten“ enthalten ist. Damit erweist sich zwar die Regelung im Investitionsplan insoweit als redaktionell fehlerhaft, als das Wort „Produktabsicherung“ neben der allein zutreffenden „Produktauswahl“ aufgeführt ist. Dem Anleger kann jedoch zugemutet werden, auch das Kapitel über die Verträge zur Durchführung der Investition durchzusehen, aus dem ohne weiteres zu entnehmen ist, dass die Kosten für die Erlösausfallversicherungen nicht im Vertrag über die Produktauswahl und Produktionsüberwachung/-absicherung enthalten sind, sondern – das ist die einzig denkbare Schlussfolgerung – von dem Teil der Anlagegelder bestritten werden müssen, die für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten vorgesehen sind.

c) Der Treugeber, der nur über die Treuhandkommanditistin wirtschaftlich an der Fondsgesellschaft beteiligt ist, ist nicht möglicher Anspruchsgegner von Ansprüchen nach §§ 171, 172 HGB (im Anschluss an BGH, Urteil vom 11. November 2008, XI ZR 468/07, WM 2008, 2359, vorgesehen für BGHZ).

Demgegenüber ist der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass die Beklagte ihn von Ansprüchen der Beteiligungsgesellschaft, deren Gläubigern oder von Dritten freizustellen habe, die sich aus seiner Rechtsstellung als Kommanditist ergäben, im Ergebnis unbegründet. Auch wenn man mit dem Kläger als richtig unterstellt, die Ausschüttungen an die Anleger beruhten nicht auf erwirtschafteten Renditen, sondern seien als (teilweise) Einlagenrückgewähr zu werten, kommt seine Inanspruchnahme nach §§ 171, 172 HGB nicht in Betracht. Da der Kläger selbst nicht Kommanditist ist, sondern nur wirtschaftlich über die Treuhandkommanditistin an der Fondsgesellschaft beteiligt ist, ist nicht er, sondern die Beklagte Anspruchsgegnerin eines auf §§ 171, 172 HGB gestützten Anspruchs (vgl. BGHZ 76, 127, 130 f; Henze, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 177a Anh. B Rn. 100; Strohn aaO § 171 Rn. 120). Auch Gläubiger der Gesellschaft können ihn insoweit nicht in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2008 – XI ZR 468/07 – WM 2008, 2359, 2360 f Rn. 19-24 zur Inanspruchnahme nach §§ 128, 130 HGB), so dass es an einer Grundlage für eine mögliche Freistellungsverpflichtung fehlt. Soweit der Kläger in der mündlichen Revisionsverhandlung darauf hingewiesen hat, als „Dritter“ im Sinne seiner Antragstellung komme auch die Beklagte in Betracht, vermag der Senat dem nicht zu folgen, weil es insoweit um keine Freistellung ginge. Im Verhältnis zur Beklagten könnte allenfalls die Frage geprüft werden, ob dieser nach einer Inanspruchnahme nach den §§ 171, 172 HGB gegen den Kläger Ansprüche nach §§ 675, 670 BGB zustehen. Einen auf dieses Rechtsverhältnis bezogenen Feststellungsantrag hat der Kläger indes nicht gestellt.

Schlagworte: Anlageberatung und Prospekthaftung, Aufklärungspflicht, Aufklärungspflichtverletzung, Publikumsgesellschaft, Publikumspersonengesellschaft, Treugeber