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BGH, Urteil vom 12. Januar 1998 – II ZR 82/93

AktG §§ 17, 18, 256; GmbHG § 29; HGB §§ 243, 246, 252

a) Eine Konzerngesellschaft, die allein an einer GmbH beteiligt ist, muss den bei der Tochtergesellschaft erzielten und zur Ausschüttung vorgesehenen Gewinn noch für das gleiche Geschäftsjahr in ihrer Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen, wenn der Jahresabschluss der Tochtergesellschaft noch vor Abschluss der Prüfung bei der Muttergesellschaft festgestellt worden ist und deren Gesellschafterversammlung über die Gewinnverwendung beschlossen hat.

b) Trotz des festgestellten Bilanzierungsverstoßes ist der per 31. Dezember 1989 aufgestellte Jahresabschluß der Beklagten nicht entsprechend § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AktG nichtig.

Zwar ist im vorliegenden Falle gegen das Gebot vollständiger Bilanzierung verstoßen worden (§ 246 Abs. 1 Satz 1 HGB). Auf einen derartigen Bilanzierungsverstoß, der die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfüllt, ist die Vorschrift des § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AktG anzuwenden (BGHZ 124, 111, 119 m.w.N. aus dem Schrifttum; vgl. ferner Hüffer, AktG, 3. Aufl., § 256 Rdn. 26; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 256 Rdn. 50; Kropff, ZGR 1994, 628, 636).

Zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses führt ein solcher Beschluß jedoch nur dann, wenn die Gesellschafter dadurch die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft vorsätzlich unrichtig wiedergegeben oder verschleiert haben (§ 256 Abs. 5 Nr. 2 AktG). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle nicht erfüllt.

Zwar ist durch die unterbliebene Aktivierung der von den Tochtergesellschaften „T. “ und „G. “ für das Geschäftsjahr 1989 ausgeschütteten Gewinne ein objektiv unrichtiges Bild von der Ertragslage der Beklagten vermittelt worden. Das ist jedoch nicht vorsätzlich geschehen. Die Gesellschafter konnten bei der Feststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung des Jahresabschlusses
von den Grundsätzen ausgehen, die der Senat in der Entscheidung vom 3. November 1975 (BGHZ 65, 230) aufgestellt hat. Danach sind Konzern- oder Holdinggesellschaften, die zumindest mehrheitlich an anderen Kapitalgesellschaften beteiligt sind, in Fällen, die den vorliegenden vergleichbar sind, berechtigt, aber nicht verpflichtet, von ihren Tochtergesellschaften ausgeschüttete Gewinne phasengleich in ihren Jahresabschluß aufzunehmen (sog. Ansatzwahlrecht, vgl. BFH, Urt. v. 2. April 1980 – I R 75/76, BStBl. 1980, Teil 2, S. 702, 703; Urt. v. 3. Dezember 1980 – I R 125/77, BStBl. 1981, Teil 2, S. 184, 185; Urt. v. 8. März 1989 – X R 9/86, BStBl. 1989, Teil 2, S. 714, 718; Urt. v. 19. Februar 1991 – VIII R 106/87, BStBl. 1991, Teil 2, S. 569). Angesichts dieses Standes der Rechtsprechung kann dem Bilanzierenden nicht vorgeworfen werden, er habe – wenn auch nur bedingt – vorsätzlich das Bild der Ertragslage der Gesellschaft verfälscht (vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz aaO, 6. Aufl., § 256 AktG Rdn. 52; wohl auch Hüffer in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 256 Rdn. 92; für den Fall der Unterbewertung auf normwidriges Handeln abstellend und das Erfordernis des Bewußtseins eines solchen Verhaltens verneinend: Zöllner in KK z. AktG, § 256 Rdn. 49).

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Nichtigkeit des festgestellten Jahresabschlusses entsprechend § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AktG aufgrund dieses Verhaltens der Beklagten verneint. Wie der Senat für den Fall der Überbewertung im Sinne des § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG ausgesprochen hat, kommt eine Nichtigkeit in einem derartigen Falle nur dann in Betracht, wenn eine den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung widersprechende Bilanzierung ihrem Umfange nach nicht bedeutungslos ist (BGHZ 83, 341, 347). Das gilt in gleicher Weise, wenn ein Posten unterbewertet oder, was der Unterbewertung, wie bereits dargelegt, gleichzusetzen ist, gegen das Gebot vollständiger Bilanzierung verstoßen worden ist.

Schlagworte: Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Aufgabenkreis der Gesellschafter, Bei Überbewertung stets Nichtigkeit, Bei Unterbewertung muss Ertrags- und Vermögenslage mit bedingtem Vorsatz unrichtig oder verschleiert wiedergegeben sein, Beschlussfassung, Bewertung des Postens ist maßgebend, Bilanzgewinn, Ergebnisverwendung, Feststellung des Jahresabschlusses nach § 257 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AktG analog, Gesellschafterversammlung, Gewichtiger Verstoß erforderlich, Gewinnausschüttung, Grundsätzliche Monatsfrist nach Gesetz (Leitbild), Jahresabschluss, Klagefrist/Anfechtungsfrist, Konzernrecht, Mangelhafte Bewertung nach § 256 Abs. 5 Satz 1 AktG analog, Treuepflicht in der GmbH, Treuepflicht und Anfechtung des festgestellten Jahresabschlusses, Unwirksamkeit des Jahresabschlusses