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BGH, Urteil vom 12. November 2008 – VIII ZR 170/07

§ 179 Abs 1 BGB, § 179 Abs 3 S 1 BGB, § 242 BGB

1. Auch wenn ein vollmachtloser Vertreter im Namen eines nicht existierenden Rechtsträgers handelt, ist seine Haftung nach § 179 Abs. 1 BGB bereits dann ausgeschlossen, wenn der Vertragspartner Kenntnis vom Fehlen der Vertretungsmacht hat (§ 179 Abs. 3 Satz 1 BGB); nicht erforderlich ist für den Haftungsausschluss, dass der Vertragspartner darüber hinaus auch Kenntnis davon hat, dass der Vertretene nicht existiert.

Das Berufungsgericht hat jedoch, wie die Revision mit Recht rügt, verkannt, dass die Haftung des Beklagten nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift haftet der Vertreter nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Beklagte hat in dem Vertrag vom 31. Oktober 2001 ausdrücklich erklärt, er handele für die Käufer „als vollmachtloser Vertreter“. Damit hatte die Klägerin die zum Haftungsausschluss führende Kenntnis vom Fehlen der Vertretungsmacht des Beklagten.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Bestimmung des § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB gleichwohl keine Anwendung finde, weil die Klägerin nicht (auch) gewusst habe, dass die vom Beklagen vertretene Gesellschaft nicht existierte, trifft nicht zu. Die Gründe, auf denen das Fehlen der Vertretungsmacht des vollmachtlos Handelnden beruht, sind nach der gesetzlichen Regelung für den Haftungsausschluss nicht von Bedeutung. Maßgeblich ist nach dem Wortlaut des § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB allein die Kenntnis vom Fehlen der Vertretungsmacht. Bereits diese Kenntnis beseitigt das schutzwürdige Vertrauen des Vertragspartners darauf, dass der mit dem Vertreter geschlossene Vertrag gegenüber dem Vertretenen wirksam ist. Es macht hierfür keinen Unterschied, ob die Vertretungsmacht deshalb fehlt, weil sie dem Vertreter vom Vertretenen aus tatsächlichen Gründen nicht erteilt worden war, oder deshalb, weil der Vertretene Vertretungsmacht aus rechtlichen Gründen nicht erteilen konnte – etwa wegen fehlender Geschäftsfähigkeit des Vertreters oder – wie im vorliegenden Fall – wegen fehlender Rechtsfähigkeit einer (nicht existierenden) Gesellschaft.

Aus dem Sinn und Zweck des Haftungsausschlusses nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB ergibt sich nichts anderes. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Vertragspartner, der – wie die Klägerin – davon Kenntnis hat, dass er einen Vertrag mit einem vollmachtlos handelnden Vertreter schließt, auf das Wirksamwerden des Vertrages nicht vertrauen kann und deshalb des Schutzes durch die Haftung des Vertreters nach § 179 Abs. 1 BGB nicht bedarf. Wer von der fehlenden Vertretungsmacht des Vertreters weiß, hat es selbst in der Hand, eine Klärung der Frage herbeizuführen, ob der schwebend unwirksame Vertrag durch Genehmigung seitens des Vertretenen wirksam wird (§ 177 Abs. 2 BGB). So hätte auch die Klägerin die vom Beklagten vertretene Gesellschaft, deren (vermeintliche) Gesellschafter im Vertrag namentlich aufgeführt waren, zur Erklärung über die Genehmigung auffordern können und auf diesem Weg Gewissheit erlangen können, ob der Vertrag wirksam wird oder wegen nicht erteilter Genehmigung (endgültig) unwirksam ist. Dass die Klägerin annahm, der Vertrag sei mit der von R. abgegebenen Genehmigungserklärung wirksam geworden, und nicht anhand der ihr vorgelegten Vollmachtsurkunde erkannte, dass diese Genehmigung nichtig war und daher nicht zur Wirksamkeit des Vertrages mit der im Vertrag genannten Gesellschaft und deren (vermeintlichen) Gesellschaftern führen konnte, ist nicht dem Beklagten anzulasten.

2. Dem vollmachtlosen Vertreter ist es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur dann verwehrt, sich auf den Haftungsausschluss (§ 179 Abs. 3 Satz 1 BGB) zu berufen, wenn der andere Teil aufgrund besonderer Umstände – insbesondere entsprechender Erklärungen des Vertreters –  auf das Wirksamwerden des Vertrages vertrauen durfte (Bestätigung von BGH, 8. Juli 1974, II ZR 180/72, BGHZ 63, 45 ff. und BGH, 20. Oktober 1988, VII ZR 219/87,  BGHZ 105, 283 ff.).

Dem Beklagten ist es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf den Haftungsausschluss zu berufen.

Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung der Gründer einer noch nicht entstandenen Kommanditgesellschaft (BGHZ 63, 45 ff.) und zur Haftung des im Rahmen eines Bauherrenmodells tätigen Treuhänders, der im Namen einer noch nicht gebildeten Bauherrengemeinschaft einen Vertrag geschlossen hat (BGHZ 105, 283 ff.). Die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhaltsgestaltungen sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Der Beklagte hatte – anders als die Gründer der Kommanditgesellschaft (BGHZ 63, 45 ff.) und der Treuhänder der Bauherrengemeinschaft (BGHZ 105, 283 ff.) – nicht durch eine besondere rechtliche Verbindung mit dem Vertretenen oder durch besondere Erklärungen schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in das Wirksamwerden des Vertrages erweckt. Die schlichte Angabe im notariellen Vertrag, dass der Beklagte als vollmachtloser Vertreter für die im Vertrag genannte Gesellschaft handele, reicht hierfür nicht aus. Es kann dahinstehen, ob diese Angabe geeignet war, Vertrauen der Klägerin auch nur in die Existenz dieser Gesellschaft zu begründen; jedenfalls konnte die Klägerin angesichts des ausdrücklichen Hinweises des Beklagten auf seine fehlende Vertretungsmacht nicht darauf vertrauen, dass der Vertrag wirksam werden würde. Das ist der für den Haftungsausschluss nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB allein maßgebliche Gesichtspunkt.

Schlagworte: Rechtsscheinhaftung, Treu und Glauben