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BGH, Urteil vom 14. Dezember 1970 – II ZR 161/69

BGB §§ 705 ff.

a) Der Treuhänder oder „Strohmann“ ist rechtlich Gesellschafter (BGHZ 31, 258, 263 f; BGH LM GmbHG § 47 Nr. 5 und 8). Er verliert diese Rechtsstellung nicht schon durch die Kündigung des Treuhandvertrages, sondern erst mit der Übertragung seiner Beteiligung auf den Treugeber (BGHZ 31, 258, 266; BGH LM GmbHG § 47 Nr. 5).

b) Das gilt unabhängig davon, ob es um eine in Abwicklung befindliche Gründergesellschaft oder um eine offene Handelsgesellschaft geht, was nur dann in Betracht käme, wenn die Gesellschafter die bereits aufgenommene Geschäftstätigkeit noch zu einer Zeit, als sie die Eintragung der GmbH in das Handelsregister nicht mehr betrieben, zunächst fortgesetzt hätten (BGHZ 51, 30, 32 m. w. N.).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. Oktober 1969 aufgehoben, soweit es dem Feststellungsantrag des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 1 stattgegeben und dem Beklagten zu 1 Kosten auferlegt hat.

In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision überlassen bleibt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 9. März 1967 gründeten der Kläger und der Beklagte zu 1 die „Baustoffwerke H GmbH“ und bestellten den Beklagten zu 1 und den am Rechtsstreit nicht mehr beteiligten Beklagten zu 2, einen Sohn des Klägers, zu Geschäftsführern. Die Gesellschaft nahm die Produktion auf, wurde aber nicht in das Handelsregister eingetragen; der Beklagte zu 1 (im folgenden: Beklagter) nahm Ende August 1967 den Eintragungsantrag zurück und veräußerte den Betrieb im Oktober desselben Jahres. In einem Schreiben vom 7. November 1967 an den Kläger machte dessen Sohn geltend, der Kläger habe die Beteiligung an der Gesellschaft nur treuhänderisch für ihn übernommen; er kündige das Treuhandverhältnis fristlos und ziehe die Beteiligung zur eigenen Verwaltung wieder an sich. Im Anschluß hieran sprach auch der Beklagte dem Kläger das Recht ab, weiterhin als Gesellschafter aufzutreten.

Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers festzustellen, daß er und der Beklagte, nicht aber sein Sohn, Gesellschafter der gegründeten, jedoch nicht eingetragenen GmbH seien. Im Gegensatz zum Beklagten vertritt der Kläger den Standpunkt, er sei vollberechtigter Gesellschafter und nicht nur als Treuhänder sein

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat gegenüber dem Beklagten sowie gegenüber dem Sohn des Klägers, der in der Berufungsinstanz nicht vertreten war, eine dem Wortlaut des Klageantrags entsprechende Feststellung getroffen. Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen bittet, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit es ihn betrifft.

1. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, daß nach dem ernst gemeinten Gesellschaftsvertrag vom 9. März 1967 der Kläger und nicht dessen Sohn nach außen hin die Rechtsstellung eines Gesellschafters einnehmen sollte. Unstreitig ist ferner, daß der Kläger die hierdurch erlangte Gesellschafterstellung bis heute nicht preisgegeben hat. Das Berufungsgericht hat recht, wenn es hieraus folgert, der Kläger sei formalrechtlich noch immer Gesellschafter der gegründeten, aber nicht eingetragenen „Baustoffwerk H GmbH“, gleichviel, ob er diese Stellung als Treuhänder seines Sohnes erworben habe oder nicht. Denn auch der Treuhänder oder „Strohmann“ ist rechtlich Gesellschafter (BGHZ 31, 258, 263 f; BGH LM GmbHG § 47 Nr. 5 und 8). Er verliert diese Rechtsstellung nicht schon durch die Kündigung des Treuhandvertrages, sondern erst mit der Übertragung seiner Beteiligung auf den Treugeber, die hier nicht erfolgt ist (BGHZ 31, 258, 266; BGH LM GmbHG § 47 Nr. 5). Das gilt unabhängig davon, ob es um eine in Abwicklung befindliche Gründergesellschaft oder, wie die Revision meint, um eine offene Handelsgesellschaft geht, was nur dann in Betracht käme, wenn die Gesellschafter die bereits aufgenommene Geschäftstätigkeit noch zu einer Zeit, als sie die Eintragung der GmbH in das Handelsregister nicht mehr betrieben, zunächst fortgesetzt hätten (BGHZ 51, 30, 32 m. w. N.). In jedem Fall bedurfte es der Mitwirkung des Klägers, wenn nicht aller Gesellschafter, sollte er aus der Gesellschaft ausscheiden und ein anderer an seine Stelle treten (vgl. BGHZ 29, 300, 303; 44, 229, 231).

Die im Berufungsurteil getroffene Feststellung entspricht daher der formalen Rechtslage.

2. Mit dieser Feststellung ist das Berufungsgericht aber dem Streit der Parteien nicht voll gerecht geworden. Denn dieser Streit geht in Wirklichkeit nicht so sehr darum, ob der Kläger (noch) die äußere Rechtsstellung eines Gesellschafters hat, als vielmehr in erster Linie, wenn nicht ausschließlich, um die Frage, ob dem Kläger diese Stellung auch wirtschaftlich zukommt, oder ob er sie bloß aufgrund eines Treuhandverhältnisses zu seinem Sohn inne hatte und zu Unrecht weiter behauptet, nachdem der Treuhandvertrag gekündigt ist.

So hat der Kläger schon in der Klageschrift zur Begründung eines Rechtsschutzinteresses an der gewünschten Feststellung dargelegt, von der Frage, ob er noch „vollberechtigter Gesellschafter“ oder lediglich Treuhänder seines Sohnes gewesen sei, hingen seine Ansprüche auf Beteiligung am Erlös des inzwischen veräußerten Kalksandsteinwerks und auf Einblick in die Geschäftsunterlagen ab. Vor allem aber sei eine Klärung dieser Frage für ihn deshalb wichtig, weil nach einem Vertrag mit der Kalksandsteinwerk R GmbH & Co KG. eine „Garantiesumme“ von DM 100.000 ihm unter der Voraussetzung zustehe, daß er nachweisen könne, im „Innenverhältnis“ Ausgleichsansprüche gegen den Beklagten zu haben.

Daß hierin der eigentliche Kern des Rechtsstreits liegt, hat auch der Beklagte eingeräumt. Im übrigen hat er dem Kläger einen Mißbrauch seiner formellen Rechtsstellung als Gesellschafter vorgeworfen und geltend gemacht, der Kläger sei wirtschaftlich niemals Gesellschafter gewesen, sondern habe die Beteiligung nur treuhänderisch für seinen Sohn, der auch allein die Stammeinlage eingezahlt habe, übernommen und gehalten. Dem sei durch die Kündigung des Sohnes die Grundlage entzogen.

3. An diesem Kernpunkt des Streits der Parteien geht das Berufungsurteil mit seiner auf die formale Rechtslage beschränkten Feststellung vorbei. Es fragt sich, ob damit das Berufungsgericht das Klagebegehren ausgeschöpft hat, oder ob es nicht vielmehr den Klageantrag dahin hätte auslegen müssen, der Kläger wolle auch seine wirtschaftliche Beteiligung an der Gesellschaft festgestellt wissen. Diese Frage braucht indessen für die Revisionsinstanz, in der nur über das Rechtsmittel des Beklagten zu entscheiden ist, nicht abschließend erörtert zu werden. Auch durch eine Feststellung, wie sie jetzt vorliegt, ist jedenfalls der Beklagte zu Unrecht beschwert, wenn es zutreffen sollte, daß vor Abschluß des Gesellschaftsvertrags vom 9. März 1967 vereinbart worden ist, der Kläger solle sich lediglich als „Strohmann“ seines Sohnes an der Gründung beteiligen und in dieser Eigenschaft die Rechte und Pflichten eines Gesellschafters nach außen wahrnehmen.

Eine solche Vereinbarung wäre formfrei gültig (BGHZ 19, 69, 70). Sie hätte den Kläger dazu verpflichtet, nach Beendigung des Treuhandverhältnisses seine gesellschaftliche Beteiligung auf seinen Sohn oder einen von diesem bestimmten Dritten zu übertragen und alles, was er aus der Geschäftsbesorgung etwa sonst noch erlangt hat, herauszugeben. Im Innenverhältnis dürfte der Kläger schon jetzt nicht mehr ohne besondere Ermächtigung durch seinen Sohn die Rechte eines Gesellschafters ausüben. Das bedeutet z. B., daß sich der Kläger dem Einwand der Arglist ausgesetzt hätte, als er mit Schreiben vom 21. November 1967 eine Gesellschafterversammlung einberief, um dort die Abberufung seines Sohnes und des Beklagten als Geschäftsführer herbeizuführen (BGH LM GmbHG § 47 Nr. 5 und 8, ausführlicher Abdr. in WM 1962, 415 und 1966, 614).

Ebenso läge bei Richtigkeit der Darstellung des Beklagten auch in dem Feststellungsbegehren des Klägers ein Rechtsmißbrauch. Denn die Feststellungsklage ist erklärtermaßen nur ein Mittel, um Forderungen und Ziele durchzusetzen, die dem Kläger allein als „vollberechtigtem Gesellschafter“ materiell zukämen und die darum, wenn der Kläger als bloßer „Strohmann“ diese Eigenschaft nicht hätte, mindestens im Verhältnis zum Treugeber rechtswidrig wären.

4. Das kann auch der Beklagte dem Kläger entgegenhalten, obwohl es hierbei in erster Linie um Einwendungen aus einem Rechtsverhältnis geht, das zwischen dem Kläger und dessen Sohn, also einem Dritten, bestehen soll. Denn wenn es zutreffen sollte, daß der Kläger sich unter Verletzung eines solchen Rechtsverhältnisses Rechte anmaßt, die ihm wirtschaftlich nicht zustehen, so würde dies unter den hier vorgetragenen Umständen mittelbar oder unmittelbar auch berechtigte Interessen des Beklagten selbst in solcher Weise berühren, daß ihm gegenüber die Rechtsverfolgung des Klägers gleichfalls als unzulässig erscheinen müßte. Das würde besonders dann gelten, wenn, wie der Beklagte behauptet hat, das Treuhandverhältnis zwischen dem Kläger und dessen Sohn im Einvernehmen mit dem Beklagten begründet worden und dieser erkennbar daran interessiert gewesen wäre, daß wirtschaftlich nicht der Kläger, sondern dessen Sohn Inhaber des Geschäftsanteils wurde. Aber auch unabhängig hiervon braucht sich der Beklagte nicht mit einer Feststellungsklage überziehen zu lassen, wenn diese dem Kläger letztlich nichts nützen kann, weil er das mit Hilfe der gewünschten Feststellung etwa Erlangte aufgrund eines Treuhandverhältnisses herausgeben müßte.

5. Ein solcher Einwand gegen das Feststellungsbegehren des Klägers müßte auch nicht daran scheitern, daß gegenüber dem Sohn des Klägers das Feststellungsurteil des Berufungsgerichts rechtskräftig geworden ist. Denn abgesehen davon, daß ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft nicht vorliegt (vgl. BGHZ 30, 195), entscheidet dieses Urteil auch im Verhältnis zum Sohn nur die formale Seite und nicht die Frage, ob sich der Kläger als Treuhänder seines Sohnes an der Gesellschaftsgründung beteiligt hat.

6. Da somit der Erfolg der Klage nach dem gegenwärtigen Stand der Sache davon abhängt, ob der Kläger auch wirtschaftlich und nicht nur treuhänderisch für seinen Sohn die Stellung eines Gesellschafters inne hat, muß die Sache zur tatsächlichen Klärung dieser Frage an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

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Schlagworte: Anteilsübertragung, Gesellschafter, Handelsregister, Inhalt des Treuhandvertrags, Kündigung, Rechtsstellung von Treuhänder und Treugeber, Strohmann, Treuhand, Treuhänder, Treuhandgesellschafter, Treuhandvereinbarung, Treuhandverhältnis, Treuhandvertrag, Vorgesellschaft