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BGH, Urteil vom 16. Dezember 2014 – II ZR 277/13

HGB § 161; BGB § 242Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 242

a) Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 21. September 2009 (II ZR 264/08, ZIP 2010, 27 Rn. 8, 10) und mit Urteil vom 11. Januar 2011 (II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 11) entschieden hat, ist bei einem Gesellschaftsvertrag einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, selbstverständlich. Es folgt als unentziehbares mitgliedschaftliches Recht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem (insoweit zustimmend Altmeppen, NZG 2010, 1321, 1322; ders., ZIP 2011, 326, 328).

b) Das auf Kenntnis seiner Mitgesellschafter gerichtete Auskunftsbegehren des Gesellschafters ist lediglich durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt (BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 – II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 22).

c) Dieses Auskunftsrecht steht auch einem Treugeber zu, der im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zu den Treugebern einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt ist (BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 12).

d) Es entspricht seit der Entscheidung des Senats vom 13. Mai 1953 (II ZR 157/52, BGHZ 10, 44, 49 f.) der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass im Falle einer sogenannten offenen oder qualifizierten Treuhand, gerade bei der treuhänderischen Zusammenfassung zahlreicher Geldgeber, die an der Gesellschaft Beteiligten ihr gesellschafterliches Innenverhältnis so gestalten können, als ob die Treugeber selbst Gesellschafter wären (siehe nur BGH, Urteil vom 30. März 1987 – II ZR 163/86, ZIP 1987, 912, 913; Urteil vom 23. Juni 2003 – II ZR 46/02, ZIP 2003, 1702, 1703; Urteil vom 13. Juli 2006 – III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 10; Urteil vom 11. November 2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 20; Urteil vom 11. Oktober 2011 II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 16 ff.; Urteil vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 14). Durch eine solche Regelung besteht für die Beteiligten die Möglichkeit, ihre Rechtsbeziehungen untereinander der wirklichen Sachlage anzupassen.

e) In dieser Hinsicht, d.h. bezogen auf die Einbeziehung der Treugeber als Träger der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse und Pflichten in das Innenverhältnis als solches, sind sie durch zwingendes Recht nicht eingeschränkt, da die Gestaltung ihrer internen Rechtsbeziehungen unter Beachtung der sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Bindungen im Allgemeinen einer freien vertraglichen Vereinbarung zugänglich ist (BGH, Urteil vom 13. Mai 1953 II ZR 157/52, BGHZ 10, 44, 49 f. mwN). Ein solches Vertragsverhältnis mit den Gesellschaftern ist regelmäßig anzunehmen, wenn – wie bei Publikumsgesellschaften häufig – die mittelbare Beteiligung erst noch zu werbender Anleger und damit eine Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vornherein vorgesehen ist und im Hinblick darauf bestimmte Rechte und Pflichten der Anleger schon im Gesellschaftsvertrag geregelt sind ( BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 14).

f) Eine solche Regelung ist rechtlich unbedenklich. Sollen im Einzelfall die Treugeber Rechte ausüben dürfen, die, wie zum Beispiel das Stimmrecht, von der Mitgliedschaft des Treuhänders grundsätzlich nicht abgespalten werden können, ist das ausnahmsweise zulässig, weil dem alle Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zugestimmt haben. Der Anleger muss die ihn betreffenden Regelungen des Gesellschaftsvertrages, auf den er bei seinem Beitritt Bezug nimmt, regelmäßig so verstehen, dass die Gesellschafter damit schlüssig den Treuhandgesellschafter, mit dem er unmittelbar abschließt, bevollmächtigt haben, ihn wie einen Gesellschafter in das Gesellschaftsverhältnis (den Gesellschaftsverband) einzubeziehen, soweit seine Rechtsstellung im Gesellschaftsvertrag angesprochen ist (BGH, Urteil vom 30. März 1987 II ZR 163/86, ZIP 1987, 912, 913; Urteil vom 11. November 2008 XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 20; Urteil vom 11. Oktober 2011 II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 16; Urteil vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 15; Tebben, ZGR 2001, 586, 612 f.; Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 105 Rn. 107; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 6. Aufl., § 705 Rn. 92 ff.).

g) Jeder beitretende Treugeber ist durch den Vertragsschluss Vertragspartner der bereits in der Gesellschaft befindlichen „anderen Gesellschafter“, d.h. der anderen Treugeber, Kommanditisten und der Komplementäre geworden (noch weiter gehend K. Schmidt, NZG 2011, 361, 365 ff.).

h) Das Recht, die Vertragspartner des Gesellschaftsvertrages, das heißt alle anderen zu den Bedingungen des Gesellschaftsvertrags der Fondsgesellschaft Beigetretenen, zu kennen, kann im Gesellschaftsvertrag, auch einer Publikumskommanditgesellschaft, nicht ausgeschlossen werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 20 m.w.N.; die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung an-genommen worden: BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 2012 1 BvR 623/11). Soweit der Gesellschaftsvertrag und/oder Treuhandvertrag das Auskunftsrecht der Kommanditisten und der Treugeber ausschließen, verstoßen sie gegen § 242 BGB und sind unwirksam, wie der Senat in seinen Urteilen vom 5. Februar 2013 (II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 24 ff. und II ZR 136/11, ZIP 2013, 619 Rn. 25 ff.) für vergleichbare Regelungen ausführlich begründet hat.

i) Dem Auskunftsanspruch des Gesellschafters bzw. Treugebers steht kein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse der Mittreugeber und Kommanditisten aus datenschutzrechtlichen Gründen entgegen (st. Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 17; Urteil vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 41 jew. M.w.N.). Im Rahmen des zwischen den Treugebern einerseits und den unmittelbaren Gesellschaftern und der Gesellschaft andererseits bestehenden Vertragsverhältnisses sind die Treugeber – nicht zuletzt im Hinblick auf die Minderheitenrechte (s. hierzu auch BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 29 ff.) – bei vernünftiger Betrachtung auf die Datenverwendung zur Wahrnehmung ihrer Rechte in der Gesellschaft angewiesen.

j) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist das Auskunftsbegehren des Gesellschafters, gerichtet auf Mitteilung der Namen und Anschriften der Mitgesellschafter, nur durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt (BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 22 m.w.N.). Eine abstrakte Missbrauchsgefahr allein rechtfertigt es nicht, einem Vertragspartner das Recht zuzugestehen, gegenüber dem anderen seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen (BGH, Beschluss vom 21. September 2009 II ZR 264/08, ZIP 2010, 27 Rn. 13; Urteil vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 43).

k) Nach der Rechtsprechung des Senats und der herrschenden Ansicht in der Literatur richtet sich der Auskunftsanspruch des Gesellschafters – jedenfalls – gegen die Gesellschaft (BGH, Urteil vom 8. Juli 1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115, 118; Urteil vom 28. Mai 1962 – II ZR 156/61, WM 1962, 883; Beschluss vom 21. September 2009 – II ZR 264/08, ZIP 2010, 27 Rn. 3; MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 166 Rn. 27; Oetker/Oetker, HGB, 3. Aufl., § 166 Rn. 28 jew. m.w.N.).

l) Der Senat hat jedoch bereits mit Urteil vom 28. Mai 1962 (II ZR 156/61, WM 1962, 883; ebenso Urteil vom 11. Januar 2011 – II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 18; Urteile vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 48 und II ZR 136/11, ZIP 2013, 619 Rn. 44) entschieden, dass sich der Auskunftsanspruch des einen Gesellschafters – und damit hier der Auskunftsanspruch des diesem gleichgestellten, ebenfalls gesellschaftsvertraglich verbundenen Treugebers – (auch) gegen die Mitgesellschafter richtet, soweit dafür im Einzel-fall sachlich berechtigte Gründe sprechen (zustimmend Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 118 Rn. 10 m.w.N.).

m) Klagegegner kann daher auch die Treuhandkommanditistin sein, die das Register über alle Treugeber und Kommanditisten der Fondsgesellschaft  führt und daher die begehrte Auskunft unschwer erteilen kann. Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Treuhänderin, die anstelle der – jedenfalls – auskunftspflichtigen Gesellschaft verklagt wird, mit Prozesskosten belastet werden kann. Diese kann sie von der Gesellschaft ersetzt verlangen, wenn sie die Prozessführung für im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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erforderlich halten durfte (vgl. BGH, Urteile vom 5. Februar 2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 48 und II ZR 136/11, ZIP 2013, 619 Rn. 44; Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 118 Rn. 10 m.w.N.).

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