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BGH, Urteil vom 16. Februar 1981 – II ZR 49/80

§ 43 GmbHG

Der Beklagte hatte gemäß § 43 Abs 1 GmbHG in den Angelegenheiten der Gesellschaft und damit auch der Klägerin, deren Geschäfte er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH führte, die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Gegen diese Pflicht hat er schon dadurch grob verstoßen, daß er den ihm bis dahin völlig unbekannten, für ihn erstmalig auf der Messeveranstaltung in Erscheinung tretenden „Gesellschaftern“ der Firma M. – von der er hier gar nicht wußte, ob sie überhaupt mit einem wenigstens nach außen hin vertrauenserweckenden Geschäftsbetrieb existierte – „ins Blaue hinein“ für mehr als 127.500,– DM Ware auf Kredit verkaufte. Die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns würde ihm geboten haben, entweder nur ein Zug-um-Zug-Geschäft einzugehen oder die Verhältnisse und geschäftlichen Möglichkeiten der Firma M. zu prüfen und sich ausreichende Sicherheiten geben zu lassen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann es den Beklagten nicht entlasten, „kaufmännisch ersichtlich nicht sonderlich versiert“ und „nach Kenntnis der Klägerin bzw ihrer Gesellschaftermehrheit in Geschäften einschlägiger Größenordnung gänzlich unversiert“ gewesen zu sein (BU S 20 und 23). Denn der Beklagte muß sein Verhalten an den Maßstäben messen lassen, die das GmbH-Gesetz in § 43 Abs 1 für die Sorgfaltspflicht eines Geschäftsführers einer GmbH aufstellt, so daß es grundsätzlich auf die individuellen Eigenschaften seiner Person nicht ankommt (Senatsurteil II ZR 49/70 v 28.10.1971 = WM 1971, 1548 zu II 1b für das Vorstandsmitglied einer AG; Mertens in Hachenburg, GmbHG, 7. Aufl § 43 Anm 23). Ob und inwieweit ausnahmsweise Ersatzpflichten ausgeschlossen sind, wenn die Gesellschafterversammlung, nur um der Gesellschaft formell einen nach außen in Erscheinung tretenden Geschäftsführer zu geben, bewußt jemanden beruft, der dieser Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen ist, kann unentschieden bleiben; denn dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, daß der Beklagte etwa bloß ein Strohmann von Dr A. ohne eigene Entschließungsfreiheit gewesen wäre. Er will zwar bei seiner Einstellung geäußert haben, er verstehe von der Materie nicht, woraufhin Dr A. geantwortet haben soll, man werde „das schon gemeinsam hinkriegen“. Er hat aber weder allgemein nach Weisungen gehandelt noch bei dem Geschäft mit der Firma M. die Rolle eines bloßen „Aushängeschilds“ gespielt, das er gewesen sein will, sondern selbständig entschieden und vor dem Vertragsabschluß Dr A. nicht unterrichtet. Schon aus diesem Grunde kann er der Klägerin nicht entgegenhalten, ihre Gesellschaftermehrheit habe gewußt, daß er nur gelernter Schriftsetzer gewesen sei und bis zu seiner Einstellung als Geschäftsführer nur als Einzelkaufmann mit Werbegeschenken gehandelt habe. Abgesehen davon war das, was er bei dem Vertragsabschluß mit der Firma M. hätte beachten müssen, um die Klägerin vor Schaden zu bewahren, so offensichtlich, daß keine besonderen Vorkenntnisse und Erfahrungen dazu nötig waren.

Schlagworte: fehlende Prüfung Bonität, Geschäftsleiterpflichten, Haftung nach § 43 GmbHG, Innenhaftung, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns, Übernahmeverschulden, Unerfahrenheit, Verschulden