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BGH, Urteil vom 16. März 1992 – II ZR 152/91

BGB §§ 276, 826

a) Die persönliche Inanspruchnahme eines GmbH-Geschäftsführers wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses setzt jedenfalls voraus, dass dieser wirtschaftlich betrachtet „gleichsam in eigener Sache“ handelt (vgl. Senatsurteil vom 9. Oktober 1986 – II ZR 241/85, ZIP 1987, 175, 177 = WM 1987, 77, 78 m.w.N.). Das ist nicht der Fall, wenn ein Vertreter im Zusammenhang mit dem Geschäft, um dessen Abschluss es geht, gegen den Vertretenen oder sogar gegen den Vertragspartner selbst einen Provisionsanspruch erlangt; ein solcher Anspruch vermag das für die Haftung erforderliche unmittelbare Interesse am Vertragsschluss nicht zu begründen (BGHZ 88, 67, 70; BGH, Urt. v. 3. Oktober 1989 – IX ZR 157/88, ZIP 1989, 1455, 1457; v. 29. Januar 1992 – III ZR 80/91, zur Veröffentlichung bestimmt, jeweils m.w.N.).

b) Ein sittenwidriges Verhalten des Geschäftsführers kann unter Umständen schon in der Art und Weise gesehen werden, wie die Verträge mit Vertragspartnern der Gesellschaft gestaltet werden, wenn hierdurch bewusst Preise erzielt werden sollen, die nicht einmal die Forderungen der beteiligten Subunternehmer decken können, da Letztere jedenfalls von einem bestimmten Zeitpunkt an zumindest mit einem Teil ihrer Forderungen zwingend ausfallen würden (im vorliegenden Fall wurde durch niedrige End- (und zwar durchgehend Fest-)Preise einerseits und hohe Angebotspreise gegenüber den Bauhandwerkern andererseits unter weitgehender Ausschaltung der Konkurrenz eine beträchtliche Zahl von Bauvorhaben durchgeführt und das damit verbundene Verlustrisiko in weitem Umfang auf die fremden Gesellschaftsgläubiger abgewälzt). Dies kann – für den Geschäftsführer ersichtlich – nur eine gewisse Zeit hindurch gutgehen. Wird die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft nur „durch geschickte Ausnutzung von Zahlungszielen und rechtzeitige Anforderung von Abschlagszahlungen“ aufrechterhalten und lebt sie laufend nur noch auf Kosten erst in der Zukunft erwarteter Gewinne, verstößt eine solche einseitige Risikoverlagerung auf die Gläubiger im allgemeinen gegen die guten Sitten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Senatsurteil vom 30. November 1978 – II ZR 204/76 WM 1979, 229, 230).

Der Rechtsvorgänger des Klägers, der verstorbene Architekt E. F. (nachstehend: Kläger) hat für das Bauvorhaben M.-R., M.straße, Architektenleistungen erbracht. Das Bauvorhaben ist von der H. KG durchgeführt worden, mit der er auch den Architektenvertrag geschlossen hat. Auf den Honoraranspruch von 63.794,81 DM hat die Gesellschaft 30.000 DM gezahlt. Gegen den Beklagten als ehemaligen Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und Kommanditisten der H. KG macht der Kläger den restlichen Honoraranspruch in Höhe von 33.791,81 DM unter anderem unter dem Gesichtspunkt der „Durchgriffshaftung“ sowie aus unerlaubter Handlung nach § 826 BGB geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte und H. H. waren die einzigen Kommanditisten der H. KG sowie die Gesellschafter und Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin, der G. GmbH. Die Kommanditeinlagen betrugen je 5.000 DM, das Stammkapital der Komplementär-GmbH 20.000 DM. In der zweiten Hälfte des Jahres 1973 schied der Beklagte aus der H. KG und der Komplementär-GmbH aus. Im Januar 1975 wurde die H. KG aufgelöst und am 9. Juni 1975 die Komplementär-GmbH wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht; das Finanzamt hatte dem Registerrichter auf Anfrage mitgeteilt, daß sich bei der Feststellung des Einheitswertes der GmbH auf den 1. Januar 1972 ein negatives Betriebsvermögen ergeben habe.

Das Bauvorhaben M.straße in R. war auf die Erstellung von 41 Eigentumswohnungen und 28 Tiefgaragen-Einstellplätzen gerichtet. Es wurde in der Zeit von März/April 1972 bis ca November 1973 ausgeführt und mit Fremdmitteln finanziert. Der Beklagte, H. H. und die H. KG waren die persönlichen Schuldner der hierzu aufgenommenen Darlehen von insgesamt 2.150.000 DM, die durch Grundpfandrechte auf dem zu bebauenden Grundstück gesichert waren. Eigentümer des Grundstücks waren zunächst der Beklagte und sein Mitgesellschafter H. H.; durch notariellen Vertrag vom 24. Januar 1972 erwarb der Beklagte gegen Zahlung von 235.000 DM das Alleineigentum an dem Grundstück.

Über das Bauvorhaben haben der Beklagte und H. H. einerseits und die von ihnen vertretene H. KG andererseits am 30. April 1970 und 10. November 1971 folgende Vereinbarungen getroffen:

Vereinbarung vom 30. April 1970:

„Die Herren S. F. und H. beauftragten hiermit die H. KG, die Grundstücke, gelegen in R., Flur 12, Flurstücke 342, 415, 416, 63, 418, 414, 14 mit Gebäuden zu bebauen. Die H. KG soll Wohnungseigentumsrechte und Teileigentumsrechte bilden und diese auch im eigenen Namen veräußern.

Die H. KG verpflichtet sich auf eigene Rechnung, die Eigentumswohnung schlüsselfertig zu erstellen. Die Pläne dazu sind von dem Architekten G. K., M., M.-Straße zu erstellen“.

Nachtrag zum Vertrag vom 30. April 1970, über den Bauvertrag für die Bebauung der Grundstücke in R. :

„Die H. KG, M., hat die Eigentumswohnungen R., zu einem schlüsselfertigen Festpreis in Höhe von 2.050.000 DM incl aller Planungsleistungen sowie Bauleitung und Statik zu erstellen. Das Projekt erfaßt die Erstellung von 41 Eigentumswohnungen mit 2.472,97 qm Wohnfläche, nebst Garagen.

Die Bauleistungen sind nach den vorliegenden Plänen, der vorliegenden Statik und der vorliegenden Baubeschreibung zu erbringen. Die Preise verstehen sich incl aller am Bau notwendigen Leistungen. Erhöhungen durch Lohnpreise, Materialpreise oder durch Behördenauflagen sind ausgeschlossen.

Der über den og Festpreis hinausgehende Verkaufspreis ist in voller Höhe an die Auftraggeber abzuführen.

Die H. KG hat den Erwerbern gegenüber alle Leistungen zu erbringen, sowie die Gewährleistungsansprüche zu tragen. Sie tritt diese jedoch an die Erwerber in den notariellen Verträgen ab.

Die Herren S. F. und H. sind bevollmächtigt, die H. KG gegenüber Behörden, Architekten, Kunden und Handwerkern auch getrennt zu vertreten.

Der og Festpreis wird nach Baufortschritt aus der Finanzierung und aus den Kundenanzahlungen erbracht. Die anfallenden Zwischenzinsen sind im og Preis enthalten“.

Von den Eigentumswohnungen sind 38 (außerdem 18 Garagen-Einstellplätze) veräußert worden. Hierbei sind für 30 Wohnungen, über die die Kaufverträge überreicht worden sind, 2.623.400 DM (ausschließlich Garagen) erlöst worden. Die noch nicht verkauften, im Eigentum des Beklagten stehenden Eigentumswohnungen sind zur Zeit vermietet und nach Angaben des Beklagten noch mit je ca. 60.000 DM belastet.

Das Landgericht hat den Antrag des Klägers, den Beklagten zur Zahlung des restlichen Architektenhonorars in Höhe von 33.794,81 DM nebst Zinsen zu verurteilen, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist unbegründet.

Das Berufungsgericht stellt fest, der Beklagte sei nicht Vertragspartner des Klägers gewesen. Den Architektenauftrag habe vielmehr die H. KG erteilt. Es hält den Beklagten jedoch im Wege des „Durchgriffs“ für verpflichtet, persönlich für die hier geltend gemachten Gesellschaftsverbindlichkeiten zu haften. Die Rechtsfolge, daß für Gesellschaftsverbindlichkeiten der H. KG nur eine Haftung bis zur Höhe des Kapitals der Komplementär-GmbH und der Einlager der Kommanditisten in Betracht komme, sei im vorliegenden Falle mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht in Einklang zu bringen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision durchgreifen oder eine Ausfallhaftung des Beklagten als Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt der Unterkapitalisierung einer GmbH & Co KG generell und in diesem besonderen Fall in Betracht gezogen werden kann. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts, die insoweit nicht angegriffen werden, ergibt sich, daß der Beklagte unmittelbar haftet, weil er in seiner Person die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt hat; er hat in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise den Gläubigern der H. KG im Sinne dieser Vorschrift vorsätzlich Schaden zugefügt.

I.

Das gegen die guten Sitten verstoßende Verhalten ist darin zu sehen, daß der Beklagte im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer H. H. die Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern – aufgrund ihrer beherrschenden Stellung – einseitig zum Nachteil der Gesellschaft ausgestaltet hat und die Gesellschaft wiederum so angelegt hat, daß diese Nachteile notwendig die Gesellschaftsgläubiger treffen mußten.

1. Der Beklagte und H. H. waren die einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und die einzigen Kommanditisten der H. KG. Durch die Vereinbarung vom 30. April 1970 in Verbindung mit dem Nachtrag vom 10. November 1971 haben sie die H. KG verpflichtet, die hier infrage stehenden 41 Eigentumswohnungen nebst Garagen auf eigene Rechnung schlüsselfertig gegen einen Festpreis von 2.050.000 DM zu erstellen; eine „Erhöhung durch Lohnpreise und Materialpreise oder durch Behördenauflagen“ war ausgeschlossen. Demgegenüber haben sie festgelegt, daß der über den Kaufpreis hinausgehende Verkaufspreis in voller Höhe an die beiden Gesellschafter abzuliefern ist. Sie haben damit das außerordentlich hohe Risiko, das mit dem Bauvorhaben verbunden war, ihrer Gesellschaft auferlegt, sich selbst aber die – nicht geringen – Gewinnchancen vorbehalten. Die dadurch begründete Gefährdung der Gesellschaft ergibt sich vor allem daraus, daß – wie das Berufungsgericht festgestellt – zur Zeit des Vertragsschlusses am 10. November 1971 „Hochkonjunktur mit explosionsartig steigenden Preisen gerade auf dem Bausektor“ herrschte. Dementsprechend haben die Baukosten, die die H. KG aufzuwenden hatte – ohne die von ihr zu tragenden Zwischenzinsen -, 2.800.000 DM betragen (vgl die unbestrittenen Angaben des Klägers in der Klageschrift nebst Anlagen). Das bedeutete andererseits, daß der Beklagte und H. H. mit großer Sicherheit erwarten konnten, die von der Gesellschaft erstellten Eigentumswohnungen mit Gewinn – jedenfalls ohne Verlust – zu veräußern, so daß das eigene Wagnis, das für sie mit der Vorfinanzierung verbunden war, nicht ins Gewicht fiel. Ergänzend ist insoweit noch anzuführen, daß der Festpreis „nach Baufortschritt aus der Finanzierung und aus den Kundenanzahlungen“ zu erbringen war, in ihm aber auch die „anfallenden Zwischenzinsen“ enthalten sein sollten. Daraus folgt, daß auch insoweit das aus einer längeren Bauzeit folgende Risiko allein die Gesellschaft zu tragen hatte.

2. Es mag zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden sein, daß ein Vertragspartner dem anderen verspricht, Bauten zu Festpreisen zu errichten, die voraussichtlich nicht die Selbstkosten decken. Dies wird im Regelfalle selbst dann noch hinzunehmen sein, wenn der Bauunternehmer, wie hier, gleichzeitig den (Mit-Verkauf) Verkauf der von ihm errichteten Wohneinheiten übernimmt und dabei sich verpflichtet, den über den Festpreis hinausgehenden Verkaufserlös an den Auftraggeber abzuliefern. Dagegen werden häufig rechtliche Bedenken zu erheben sein, wenn das für die Gesellschaft nachteilige Rechtsgeschäft mit den sie beherrschenden – beschränkt haftenden – Gesellschaftern abgeschlossen wird, ohne daß diese den Nachteil in anderer Weise ausgleichen. Jedenfalls wird in Fällen dieser Art eine nähere Prüfung hinsichtlich der Auswirkungen angebracht sein, weil die bestehende Interessenkollision die Gefahr begründet, daß die Belange der Gesellschaft nicht hinreichend gewahrt werden.

Keinesfalls ist eine solche Gestaltung der Rechtsverhältnisse dann mit den gesunden Anschauungen des Verkehrs zu vereinbaren, wenn die Gesellschafter ihre Gesellschaft – insbesondere hinsichtlich der Haftungsmasse – so ausgestaltet haben, daß die einseitige Verfolgung der Interessen der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gegenüber ihrer Gesellschaft unmittelbar zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger ausschlägt, dh eine Gläubigergefährdung begründet. Das ist hier der Fall.

Die beiden Gesellschafter haben die Komplementär-GmbH nur mit einem Kapital von 20.000 DM und die Kommanditgesellschaft selbst nur mit einem zusätzlichen Kapital von 10.000 DM ausgestattet. In den vergangenen Jahren hatten sie unter Benutzung der H. KG Bauvorhaben in ähnlicher Weise ausgeführt, dh, daß die bebauten Grundstücke im Eigentum eines oder der beiden Gesellschafter standen und der Gesellschaft selbst verwehrt worden war, Gewinne zu erzielen. Sie haben auch sonst nichts zur Erweiterung der Eigenkapitalsbasis beigetragen, was angesichts der in Aussicht stehenden Verpflichtungen und Risiken dringend geboten gewesen wäre. Im Gegenteil, nach den im Tatbestand wiedergegebenen Angaben des Finanzamts muß angenommen werden, daß wenige Wochen nach Abschluß des Vertrags zum Nachteil der Gesellschaft und kurz vor Beginn der Bauarbeiten kein Betriebsvermögen vorhanden war. Diese Auskunft bezieht sich zwar nur auf die Komplementär-GmbH. Mangels abweichenden Vortrags des Beklagten ist jedoch unter den hier vorliegenden Umständen davon auszugehen, daß dies auch für die H. KG zu gelten hat; denn die Aufgabe der GmbH beschränkte sich auf die Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft und auf die persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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. Dieser Zustand bestand auch während der Abwicklung des Bauvorhabens in R., dh zur Befriedigung der Gläubiger standen nur die Beträge aus dem vereinbarten Festpreis von 2.050.000 DM (abzüglich Zwischenzinsen) zur Verfügung. Ein solcher Betrag reichte zur Deckung der Baukosten aber unstreitig nicht aus. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mußte damit auch von Anfang an gerechnet werden, weil „das Objekt wegen seiner Größe eine längere Bauzeit erforderte (tatsächliche Bauzeit von März/April 1972 bis ca November 1973) und in der Zwischenzeit nach den Erfahrungen der Jahre 1970 und 1971 weitere kräftige Erhöhungen der Baupreise zwangsläufig folgen mußten“ (BU 12).

3. Die subjektiven Voraussetzungen für den Sittenverstoß sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon deshalb zu bejahen, weil die Gesellschafter mit den Verhältnissen auf dem Baumarkt vertraut waren und alle die Sittenwidrigkeit begründeten Umstände kannten. Für sie stand insbesondere fest, „daß die Kommanditgesellschaft bei Überschreitung des Festpreises darüber hinausgehende Zahlungen nicht würde leisten können, so daß die Handwerker zweifelsfrei mit einem Teil ihrer Forderungen ausfallen mußten“ (BU 12). Weiterer Ausführungen bedarf es in diesem Zusammenhang nicht, da der Verstoß gegen die guten Sitten zweifelsfrei aus den nachstehenden Ausführungen zum Schädigungsvorsatz folgt.

II.

Für den nach § 826 BGB zu fordernden Schädigungsvorsatz reicht bedingter VorsatzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
bedingter Vorsatz
Vorsatz
aus. Es genügt, wenn der Beklagte die Möglichkeit einer Schädigung der Gläubiger erkannt und sie für den Fall des Eintritts billigend in Kauf genommen hat. Daß diese Voraussetzungen hier gegeben sind, ergibt sich unmittelbar aus den Feststellungen, die das Berufungsgericht zur Frage der Durchgriffshaftung getroffen hat. Sie finden eine Begründung in dem Umstand, daß die Gesellschafter – wie die Verträge vom 30. April 1970/10. November 1971 eindeutig zeigen – nicht nur zielstrebig verhinderten, daß die Gesellschaft Gewinne erzielte und davon weiteres Eigenkapital bildete, sondern darüber hinaus durch die Bestimmung eines ungewöhnlich niedrigen Festpreises die Gesellschaft vermögensmäßig aushöhlten mit der Folge, daß sie außerstande war, die Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger in vollem Umfange zu befriedigen. Die Tatsache, daß sie die unvermögende H. KG zu den dargelegten Bedingungen ein Bauvorhaben im Umfange von rund 3 Mio DM haben ausführen lassen, erweist eine so weitgehende Mißachtung der Gläubigerbelange, daß sich der Schluß, sie hätten die Schädigung der Gläubiger bewußt in Kauf genommen und gebilligt, geradezu aufzwingt.

Der Beklagte hat zwar bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht (GA 211/211a) behauptet, die Gesellschafter seien überzeugt gewesen, daß der Festpreis realisierbar sei. Er ist insoweit jedoch jegliche substantiierte Begründung schuldig geblieben. (Auf die in diesem Zusammenhang von ihm aufgestellte Behauptung, der H. KG sei ein höherer Betrag als 2.050.000 DM zugeflossen, wird unter III. einzugehen sein).

III.

Der Beklagte ist zum Ersatz des vom Kläger geltend gemachten Schadens in Höhe von 33.794,81 DM nebst Zinsen verpflichtet. In dieser Höhe konnte und kann der Kläger unstreitig seinen restlichen Anspruch auf Zahlung des mit der H. KG vereinbarten Architektenhonorars nicht mehr durchsetzen. Sein Schaden ist durch die unzulässigen, das Gesellschaftsvermögen der H. KG aushöhlenden Maßnahmen des Beklagten und seines Mitgesellschafters verursacht worden. Ohne deren sittenwidriges Verhalten hätte er Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen erlangen können:

Nach seinem unbestrittenen – jedenfalls nicht substantiiert bestrittenen – Vorbringen haben die Gesamtkosten des Bauvorhabens, die auch den Anspruch des Klägers auf das Architektenhonorar einschließen, 2.800.000 DM betragen. Demgegenüber haben der Beklagte und die H. KG nach den Feststellungen des Berufungsgerichts allein aus dem Verkauf von 30 Wohneinheiten (ausschließlich Garagen) 2.623.400 DM erlöst (BU 11). Es ist weiterhin unstreitig, daß der Beklagte noch Eigentümer von drei nicht veräußerten Wohnungen und zehn Einstellplätzen in der Sammelgarage im Werte von zusammen 376.000 DM ist (GA 6). Auch wenn berücksichtigt wird, daß – wie der Beklagte vorträgt – diese drei Wohneinheiten (die zZt vermietet sind) noch mit je ca. 60.000 DM belastet sind (GA 211 R), ergibt sich ein Aktivposten in Höhe von 2.819.000 DM, der zur Befriedigung der an dem Bau beteiligten Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung gestanden hätte. Dieser Betrag erhöht sich um eine nicht festgestellte Summe, die sich daraus ergibt, daß acht weitere Wohnungen und 18 Einstellplätze veräußert worden sind. Der Gesellschaft hätte damit ein Betrag zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung gestanden, der sie – auch wenn man berücksichtigt, daß damit der Kaufpreis für den Grund und Boden in Höhe von 470.000 DM zu entrichten war – in die Lage versetzt hätte, sämtliche Baukosten (und damit auch die Ansprüche des Klägers) und die mit dem Bau im Zusammenhang stehenden weiteren Aufwendungen, wie insbesondere die für die Darlehen aufzubringenden Zinsen, zu decken.

Der Beklagte hat insoweit auch nichts Gegenteiliges vorgetragen. Er hat allerdings geltend gemacht, die Gesellschafter hätten die Vorteile der von ihnen gewählten Konstruktion nicht ausgenutzt und der Gesellschaft im Einzelfalle über den vereinbarten Festpreis hinaus Geldbeträge zur Verfügung gestellt. Davon abgesehen, daß er diese Behauptung nicht im einzelnen belegt hat, erweist sich sein Einwand deshalb als unerheblich, weil er damit nur einen Teil der zu mißbilligenden Benachteiligung der Gesellschaft und ihrer Gläubiger rückgängig gemacht hat. Seine Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz im übrigen bleibt damit bestehen.

Die Behauptung, die H. KG sei erst nach seinem Ausscheiden im September 1973 in finanzielle Schwierigkeiten geraten, steht in Widerspruch zu den Feststellungen des Berufungsgerichts. Das weitere – nicht näher substantiierte und unter Beweis gestellte – Vorbringen, die finanziellen Schwierigkeiten der H. KG seien von H. H. verursacht worden, kann dem Klagebegehren ebenfalls nicht entgegengesetzt werden. Der Beklagte ist neben H. H. gegenüber dem Kläger voll für den Schaden verantwortlich (§§ 830, 840 Abs 1 BGB).

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Schlagworte: Abschluss risikoreicher Verträge, Bereicherung auf Kosten der Gläubiger, BGB § 826, Eigeninteresse, Geschäftsführerhaftung, Geschäftsführerhaftung bei GmbH, Geschäftsführerhaftung GmbH, GmbH-Geschäftsführerhaftung, GmbHG § 43, GmbHG § 43 Abs. 2, Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss, Haftung des Geschäftsführers, Haftung Geschäftsführer, Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Haftung nach § 43 GmbHG, Haftung nach § 826 BGB, Haftung wegen sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB, Haftung wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, positve Kenntnis, Provision, unsachgerechte Kalkulation, vorsätzliche Insolvenzverschleppung