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BGH, Urteil vom 17. Februar 1955 – II ZR 316/53

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Ausschluss
Ausschluss Gesellschafter
Gesellschafter
ultima ratio

§ 268 ZPO, § 60 GmbHG, § 61 GmbHG

1. Wird bei einer Zweimann-GmbH die Ausschließungsklage von einem der Gesellschafter erhoben und tritt die Gesellschaft an Stelle dieses Gesellschafters in den Rechtsstreit ein, so liegt in dieser Parteiauswechslung eine Klageänderung, die als sachdienlich zugelassen werden kann.

2. Die Auflösung der GmbH kann auch aus einem in der Person eines Mitgesellschafters liegenden Grunde verlangt werden.

3a. Die Ausschließung darf nur das äußerste und letzte Mittel sein und kommt dann nicht in Frage, wenn andere gangbare Wege zur Beseitigung des Mißstandes vorhanden sind.

3b. Die Ausschließung ist zu versagen, wenn das Verhalten der anderen Gesellschafter die begehrte Maßnahme nicht rechtfertigt.

3c. Der Zeitpunkt der Klageerhebung ist der Bemessung des Werts des abzugebenden Geschäftsanteils auch dann zugrundezulegen, wenn die Ausschließungsklage bei einer Zweimann-GmbH von dem die Ausschließung des andern begehrenden Gesellschafter erhoben wird, die GmbH an Stelle dieses Gesellschafters in den Rechtsstreit als Klägerin eintritt, diese Parteiauswechslung als sachdienliche Klageänderung zugelassen wird und der Ausschließungsgrund vom Zeitpunkt der Klageerhebung ab gegeben ist.

3d. Tut der beklagte Gesellschafter nicht alles in seinen Kräften Stehende, um die Ermittlung des Werts des abzugebenden Geschäftsanteils ohne nennenswerte Verzögerung der Ausschließung zu ermöglichen, so braucht der Wert dieses Geschäftsanteils nicht im Urteil festgestellt und die Ausschließung nicht von der Zahlung dieses Betrages abhängig gemacht zu werden.

Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 2. Oktober 1954 wird aufrechterhalten. Der Beklagte hat auch die weiteren Kosten der Revisionsinstanz zu tragen.

Von Rechts wegen

Seit Herbst 1950 waren der Beklagte und der Ingenieur Georg K. die beiden alleinigen Gesellschafter der Klägerin, einer GmbH, nachdem die Gesellschaft bis dahin zwischen dem Beklagten und Hermann J. bestanden hatte. Alleiniger Geschäftsführer war der Beklagte. K. berief den Beklagten in der Gesellschafterversammlung vom 28. März 1951 als Geschäftsführer ab und erhob Klage mit dem Antrag festzustellen, daß er berechtigt sei, „den Anteil des Beklagten an der R.-GmbH mit Aktiven und Passiven zu übernehmen“. Er behauptet, der Beklagte habe sich im Betrieb mit Angestellten der GmbH in geschlechtliche Beziehungen eingelassen, üble und obszöne Ausschweifungen eines Gastes geduldet, Gelder der Gesellschaft unterschlagen oder veruntreut und trotz der Schuldenlast der GmbH unverantwortliche Geschäfte gemacht. Der Beklagte sei auch wegen Kuppelei, begangen in dem von ihm gepachteten Bunkerhotel in St., bestraft worden und habe es im Betrieb der GmbH geduldet, daß sich ein Besatzungssoldat zu eindeutigen Zwecken mit einer Bardame in ein Séparée zurückgezogen habe.

Der Beklagte bestreitet die ihm zur Last gelegten Verfehlungen und macht geltend: K. habe bei seinem Eintritt in die Gesellschaft die Entgleisungen von M. gekannt und auch gewußt, daß er, der Beklagte, einmal von der Putzfrau Rei., nackt aus einem Séparée kommend, angetroffen worden sei. K. könne seinen Ausschluß auch deshalb nicht verlangen, da er selbst mit Personal der GmbH geschlechtlich verkehrt und dadurch mehrere Ehebrüche in Bezug auf seine Ehe begangen habe. Außerdem habe sich K. im Betrieb derart betrunken, daß er den Oberkellner P. einmal Zuhälter und Stenz geheißen habe. K. könne die dem Beklagten jetzt nachgesagten Verfehlungen gar nicht für schwerwiegend gehalten haben. da er einen neuen Gesellschaftsvertrag angestrebt, den Beklagten zeitweise auch noch als stellvertretenden Geschäftsführer belassen und mit ihm erst gebrochen habe, als er den ihm vorgelegten Vertragsentwurf (Bi 60/61) nicht unterschrieben habe.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz benannte der Prozeßbevollmächtigte K. die GmbH, vertreten durch K., als Klägerin und änderte den Klageantrag dahin, zu erkennen, der Beklagte werde als Gesellschafter aus der R.-GmbH ausgeschlossen. Der Beklagte rügte demgegenüber Klageänderung. Das Berufungsgericht gab den Parteien durch Beschluß vom 8. Juni 1953 auf, sich über den Wert des Geschäftsanteils des Beklagten zu äußern. Die Klägerin legte mit Schriftsatz vom 23. Juni 1953 eine Bilanz per 30. Juni 1951 (Bl. 199 d.A.) und eine Abrechnung des Kontos des Beklagten (Bl. 200 d.A.) vor. Die Bilanz ergibt einen Verlust für das erste Halbjahr 1951 von 11.791,76 DM und die Kontoabrechnung eine Schuld des Beklagten von 1.784,42 DM. Die Klägerin macht geltend, unter diesen Umständen stehe dem Beklagten keine Vergütung für seinen Geschäftsanteil zu.

Das Berufungsgericht hat die Parteiauswechslung und die Änderung des Klageantrages als Klageänderung angesehen und als sachdienlich zugelassen. Zur Sache selbst führt es aus: Der Beklagte habe den Verkaufserlös für 12 Flaschen französischen Cognac (1.344 DM) weder in die Gesellschaftskasse gelegt noch zugunsten der Gesellschaft verbucht. Am 16. Mai 1951, nach seiner Abberufung als Geschäftsführer, habe er 500 DM von S., einem Gast, der die Hälfte der

Gage Me. übernommen hatte, empfangen und diesen Betrag nicht an die Gesellschaft, die diese Gage bereits voll bezahlt hatte, abgeführt. Im Februar 1951 habe er trotz einer Schuldenlast von nahezu 90.000 DM und trotz der Illiquidität der Gesellschaft ohne Rücksprache mit K. auf Gesellschaftskosten einen Kraftwagen zum Preise von 5.100 DM gekauft und damit unverantwortlich gehandelt. Im Kraftfahrzeugbrief habe er sich selbst als Eigentümer des Wagens eintragen lassen. Durch Urteil vom 14. März 1951 sei er wegen Kuppelei unter Versagung mildernder Umstände anstelle von einem Monat Gefängnis zu 150 DM verurteilt worden. In einem weiteren Verfahren sei er wegen fortgesetzter Kuppelei, begangen in der Zeit von Juli bis November 1950, rechtskräftig für schuldig befunden worden; das Oberlandesgericht in Stuttgart habe den Bunkerhotelbetrieb des Beklagten als einen Schandfleck St. bezeichnet und ausgeführt, die Zustände seien fast allgemein bekannt gewesen und könnten denen, die zum Betriebe gehörten, nicht entgangen sein. Der Beklagte hatte vorgegeben, von den Dingen nichts zu wissen, weil er durch seine Geschäftsführertätigkeit bei der Klägerin voll in Anspruch genommen gewesen sei. In Bezug hierauf führt das Berufungsurteil der vorliegenden Sache aus, dadurch, daß diese Geschäftsführertätigkeit in dem Strafverfahren zur Sprache gekommen sei, habe der Ruf der Klägerin gelitten. Das Berufungsgericht legt weiter dar, eine Gesellschaft, die den Betrieb einer Cabarett-Tanzbar zum Gegenstande habe, vertrage keinen Gesellschafter, der wiederholt wegen Kuppelei bestraft sei und durch den die Gefahr polizeilicher Kontrolle für den Betrieb und die Gäste heraufbeschworen werde. Daß der Beklagte einmal von einer Aufräumefrau unter eindeutigen Umständen nackt aus einem Séparée kommend beobachtet worden sei, und die wiederholten schweren Entgleisungen von M. verstärkten die Gründe, die gegen das Verbleiben des Beklagten in der Gesellschaft sprächen. Selbst wenn K. diese beiden letzteren Vorgänge bei seinem Eintritt in die Gesellschaft gekannt habe, so seien sie doch nicht völlig unbeachtlich; K. habe sie jedenfalls nicht gebilligt und sei in die Gesellschaft nur eingetreten, um das Geld, das er der Gesellschaft zum Umbau der Räume geliehen hatte, nicht völlig zu verlieren. Nach dem Bekanntwerden der Bestrafungen wegen Kuppelei und des unredlichen Verhaltens sei der Beklagte für K. und die Gesellschaft untragbar gewesen. Der Beklagte habe das Vertrauen K. restlos zerstört. Die Ausschließung dürfe zwar nur das äußerste Mittel sein, aber auch unter diesem Gesichtspunkt sei die Klage begründet. K. müsse sich für den Betrieb jemanden halten, da er durch sein Baugeschäft verhindert sei, im Betrieb der Klägerin tätig zu werden. Er brauche dazu einen verläßlichen Menschen, der nicht der Einflußnahme durch den Beklagten ausgesetzt werden könne. Auch nach dem eigenen Verhalten K. sei die Ausschließung des Klägers gerechtfertigt. K. habe zwar seine Ehe mehrfach mit Personal der Gesellschaft gebrochen. Das sei aber nicht in den Räumen der Gesellschaft und nicht zu der Zeit geschehen, wo er Geschäftsführer gewesen sei. Der Versuch K., mit dem Beklagten einen neuen Gesellschaftsvertrag zu schließen, sei der letzte Versuch gewesen, das Verhältnis der Gesellschafter auf eine tragbare Basis zu stellen. Im vorliegenden Fall müsse davon abgesehen werden, die Ausschließung im Urteil von der Zahlung eines Entgelts für den Geschäftsanteil abhängig zu machen. Wenn die Klage auch zunächst mit einem nicht sachgerechten Antrag erhoben worden sei, so sei doch der Zeitpunkt der Klagezustellung (14.6.1951) der maßgebende Zeitpunkt für die Bewertung des Geschäftsanteile des Beklagten, da das Ziel der Klage von Anfang an die Ausschließung des Beklagten gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe der Geschäftsanteil keinen positiven Wert gehabt, selbst wenn man in die von der Klägerin aufgemachte Rechnung einen Betrag von 5.000 DM als Firmenwert einsetze. Der Beklagte habe trotz gerichtlicher Auflage, zum Wert des Geschäftsanteils Stellung zu nehmen, hierzu nichts vorgetragen und zu den Darlegungen der Klägerin zu diesem Punkte lediglich gesagt, er erkenne sie nicht an. Er habe es verabsäumt, substantiiert Stellung zu nehmen. Deshalb sei sein Bestreiten unbeachtlich und von der Richtigkeit des Vortrags der Klägerin auszugehen (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Die Revision des Beklagten wurde durch Versäumnisurteil vom 2. Oktober 1954 zurückgewiesen. Mit dem Einspruch verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin darum bittet, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

I. Die Frage, ob der Parteiwechsel Klageänderung ist (so RGZ 108, 350; 141, 283; Stein-Jonas-Schönke ZPO § 268 II; für gewisse Arten des Parteiwechsels auch RGZ 157; 377; OGHZ 3, 201; 4, 54; a.A. Rosenberg ZPO § 100 I, 3), braucht nicht allgemein entschieden zu werden. Die Klage ist von einem Manne erhoben worden, der bei Klageerhebung der alleinige Geschäftsführer der Klägerin war., Sie war, wenn auch mit einem Feststellungsantrage, von vornherein auf die Ausschließung des Beklagten gerichtet, und schon das landgerichtliche Urteil hat erkannt und in der Entscheidungsgründen ausgesprochen, daß es in Wirklichkeit rechtsgestaltenden Inhalt habe. K. will durch die Klage alleiniger Gesellschafter der Klägerin werden. Unter diesen besonderen Umständen bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, die Auswechslung K. gegen die GmbH auf der Klageseite als Klageänderung anzusehen.

Die Beurteilung einer Klageänderung als sachdienlich ist der Nachprüfung der Revisionsinstanz nur daraufhin unterworfen, ob der Tatsachenrichter den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt und damit die Grenzen seines Ermessens überschritten hat (OGHZ, 1, 59; BGHZ 1, 71). Davon kann hier keine Rede sein.

II. Auch wenn die Satzung keine entsprechende Bestimmung enthält, kann ein GmbH-Gesellschafter beim Vorliegen eines wichtigen in seiner Person liegenden Grundes aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Die Ausschließung erfolgt durch rechtsgestaltendes Urteil. Die Klage ist von der GmbH zu erheben und erfordert einen Gesellschafterbeschluß, bei dem der betroffene Gesellschafter kein Stimmrecht hat. Der Auszuschließende hat Anspruch auf den vollen Gegenwert seines Geschäftsanteils. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Klageerhebung. Das Entgelt ist im Urteil festzusetzen Das alles hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 1. April 1953 (BGHZ 9, 157 ff) ausgesprochen. Hieran ist festzuhalten.

1.) Das Berufungsgericht kommt auf Grund tatsächlicher Feststellungen zu dem Ergebnis, daß gegen den Beklagten ein wichtiger Grund zu seiner Ausschließung aus der GmbH vorliegt. Die Revision greift die Feststellungen nicht an; sie lassen auch einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Die Revision sieht dagegen den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes als verkannt an; damit kann sie jedoch bei der gegebenen Sachlage nicht durchdringen.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Ausschließung nur das letzte und äußerste Mittel sein dürfe und dann nicht in Frage komme, wenn andere gangbare Wege zur Beseitigung des Mißstandes vorhanden seien (RGZ 169, 334). Das ist richtig und folgt aus der Treupflicht der Gesellschafter und aus der besonders einschneidenden Wirkung des Ausschlusses.

Das Berufungsgericht meint weiter, daß die Ausschließung zu versagen sei, wenn das Verhalten der anderen Gesellschafter die begehrte Maßnahme nicht rechtfertige. Auch das ist richtig. Die Ausschließung erfordert eine umfassende Prüfung und Berücksichtigung aller Umstände und kann nicht ausgesprochen werden, wenn in der Person der übrigen Gesellschafter oder eines Teiles von ihnen Umstände vorliegen, die ihnen gegenüber die Ausschließung oder die Auflösung rechtfertigen oder auch nur zu einer anderen Beurteilung der vom Beklagten gesetzten Gründe führen können. Jedenfalls bei einer nur aus zwei Gesellschaftern bestehenden, personalistisch ausgestalteten Gesellschaft mbHBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ist auch das Verhalten und die Persönlichkeit desjenigen GmbH-Gesellschafters zu prüfen, der bei einem Erfolg der Ausschließungsklage die Gesellschaft allein fortsetzen würde (vgl. dazu für die OHG: BGHZ 4, 111). Die vom Berufungsrichter unter diesen Gesichtspunkten vorgenommene Abwägung des Verhaltens des Beklagten mit dem von K. ist im Ergebnis zutreffend. Auf die sittlichen Verfehlungen beider Gesellschafter kommt es ebensowenig an wie darauf, ob der eine Gesellschafter insoweit dem anderen mehr vorzuwerfen hat oder ob beide in etwa gleicher Weise zu tadeln sind. Das könnte von Bedeutung sein, wenn es darum ginge, ob der Beklagte auszuschließen oder die Gesellschaft aufzulösen sei. Darum handelt es sich jedoch nicht. Der Beklagte strebt nicht die Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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an, die grundsätzlich auch aus einem in der Person eines Mitgesellschafters liegenden Grunde verlangt werden kann (RGZ 164, 257/58), und macht nicht geltend, daß auch K. zur Führung einer Cabarett-Tanzbar aus sittlichen Gründen ungeeignet sei, sondern meint, sein eigenes Verhalten werde durch das Verhalten K. neutralisiert, und strebt ausschließlich sein Verbleiben in der Gesellschaft an. Besteht aber nur die Wahl zwischen dem unveränderten Gesellschafterbestand und der Ausschließung des Beklagten, so kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Beklagte nicht in der Gesellschaft verbleiben kann, da er in Geldsachen nicht korrekt war und damit das Vertrauen K. völlig zerstört hat.

2.) Das Berufungsgericht hat recht, wenn es auch in der vorliegenden Sache den Zeitpunkt der Klageerhebung für die Bemessung des Werts des Geschäftsanteils des Beklagten für maßgebend hält. Die Klage ist zwar als Feststellungsklage und von K., statt als Rechtsgestaltungsklage von der GmbH, erhoben worden. Aber schon in der Klagebegründung und dann noch mehrfach ist zum Ausdruck gekommen, daß die Ausschließung des Beklagten aus der GmbH das Ziel der Klage sei, die bereits im Schriftsatz vom 15. Juni 1951 als Ausschlußklage gekennzeichnet wurde. Wenn auch die Klage mit einem Antrag feststellenden Inhalts erhoben wurde, so ging es doch der Sache nach von vornherein darum, daß der Beklagte durch gerichtliches Urteil aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden sollte. Auch der Ausschließungsgrund war vom Zeitpunkt der Klageerhebung an gegeben. Daß die Klage von K. und nicht von der Gesellschaft erhoben wurde, rechtfertigt es nicht, den Zeitpunkt der Parteiauswechslung statt des Zeitpunkts der Klageerhebung der Wertberechnung zugrunde zu legen. Die Gründe, die den Senat veranlaßt haben, bei einer von der Gesellschaft erhobenen Ausschließungsklage die Klageerhebung zum Zeitpunkt für die Wertbemessung des abzugebenden Geschäftsanteils zu bestimmen (BGHZ 9, 176), treffen auch auf den gegebenen Fall zu, daß die Ausschließungsklage von dem die Ausschließung des anderen begehrenden Gesellschafter erhoben, der klagende Gesellschafter im Laufe des Rechtsstreits gegen die Gesellschaft als Partei ausgewechselt, diese Maßnahme als eine sachdienliche Klageänderung zugelassen wird und der Ausschließungsgrund vom Zeitpunkt der Klageerhebung ab gegeben war.

3.) Hat der Geschäftsanteil des Auszuschließenden keinen Wert, so ist für eine Festsetzung des Entgelts im Ausschließungsurteil kein Raum. Es kann sich daher nur noch darum handeln, ob das Berufungsgericht die Frage nach dem Wert des Geschäftsanteils des Beklagten zutreffend behandelt hat.

Der Beklagte ist der Auflage des Berufungsgerichts, den Wert seines Geschäftsanteils anzugeben und Beweis dafür anzutreten, nicht nachgekommen. Er hat sich darauf beschränkt, in einem erst in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht überreichten Schriftsatz zu erklären, daß er die Abrechnung und die Bilanz der Klägerin nicht anerkenne; zugleich hat er sich dagegen gewandt, hierüber, wie von der Klägerin beantragt, deren Angestellten K. zu hören, und darum gebeten, einen neutralen Sachverständigen zu vernehmen. Dem Berufungsgericht kann zwar nicht darin gefolgt werden, daß hierin kein Bestreiten liege. Dem Beklagten durfte darum auch nicht jedes Entgelt für seinen Geschäftsanteil endgültig versagt werden. Aber gleichwohl war es richtig, daß das Berufungsgericht die Ausschließung des Beklagten nicht von der Bezahlung seines Geschäftsanteils abhängig machte. Der Beklagte suchte dadurch, daß er der gerichtlichen Auflage nicht nachkam und sich zur Erklärung auf die Angaben der Klägerin drei Monate Zeit ließ, die genaue Feststellung des Werts seines Geschäftsanteils und damit den Erlaß des Ausschließungsurteils zu verzögern. Das durfte nicht zugelassen werden. Wenn der Senat in seinem Urteil vom 1. April 1953 im Interesse des Auszuschließenden verlangt hat, daß das Entgelt für den abzugebenden Geschäftsanteil im Ausschließungsurteil festgesetzt und der Ausschluß im Urteil an die Bedingung geknüpft wird, daß der betroffene Gesellschafter den Gegenwert binnen einer für den Einzelfall angemessen festzusetzenden Frist erhält, so hat der beklagte Gesellschafter alles in seinen Kräften Stehende zu tun, um die Ermittlung dieses Werts ohne nennenswerte Verzögerung der Ausschließung zu ermöglichen. Diese Pflicht ergibt sich aus der im Interesse des Auszuschließenden geforderten Kopplung von Ausschließung und Abfindung und geht über das, was die Parteien sonst nach den Beschleunigungsregeln der §§ 279, 529 ZPO und dem Beibringungsgrundsatz des § 138 ZPO zu tun haben, hinaus. Da der Beklagte diese Pflicht dadurch verletzt hat, daß er sich zu seiner keinen nennenswerten Zeitaufwand erfordernden Erklärung auf die Zahlenangaben der Klägerin drei Monate Zeit ließ und dadurch die Erhebung des dem von ihm beantragten Sachverständigenbeweises noch vor der anberaumten mündlichen Verhandlung unmöglich gemacht hat, durfte sich das Berufungsgericht mit den zwar bestrittenen, aber substantiierten Ansätzen der Klägerin und einem geschätzten Firmenwert begnügen, um den vorliegenden Rechtsstreit abzuschließen. Dem Beklagten bleibt es unbenommen, in einem weiteren Rechtsstreit dasjenige Entgelt geltend zu machen, das ihm nach seiner Meinung für den abzugebenden Geschäftsanteil zusteht. Da er die Frage nach dem Wert seines Geschäftsanteils nicht beantwortet hat und die Erklärung, mit der er zu den Angaben der Klägerin Stellung nahm, so beschaffen war, daß er sie unschwer alsbald nach Kenntnisnahme der Rechnung der Klägerin abgeben konnte, kann ihm der Rechtsschutz, den die Kopplung von Ausschließung und Abfindung gewährt, nicht zugute kommen. Dieser Rechtsschutz darf nicht dazu ausgenutzt werden, um die Festsetzung des Entgelts für den Geschäftsanteil und damit die Entscheidung über die Ausschließung zu verzögern.

Die Revision war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

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