Einträge nach Montat filtern

BGH, Urteil vom 17. März 1987 – VI ZR 282/85

§ 823 Abs 2 BGB, § 852 Abs 1 BGB, § 266 StGB 1975, § 43 Abs 4 GmbHG

Zum Schadensersatzanspruch aus BGB § 823Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 823
Abs 2 iVm StGB § 266 bei Schädigung einer Kommanditgesellschaft durch den Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH. Zwischen einem solchen Schadensersatzanspruch und einem Anspruch aus GmbHG § 43 besteht keine Gesetzeskonkurrenz, so daß sich seine Verjährung nach BGB § 852 richtet.

Mit der Klage verfolgt der Kläger aus abgeleitetem Recht Schadensersatzansprüche der F.-KG gegen den Beklagten wegen Mißbrauchs seiner Stellung als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der F.-KG.

Der Schadensersatzforderung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte kam im Jahre 1974 in Geschäftsverbindung mit der damals in eine Finanzkrise geratenen F.-KG. Zum Zwecke der Sanierung der F.-KG schaltete er die T+B-Treuhand- und Beratungs GmbH (im folgenden: T+B-GmbH genannt) ein, in der er einer der beiden alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer war; die T+B-GmbH wurde Treuhandkommanditistin der F.-KG mit der Aufgabe, Beteiligungskapital bei Anlegern zu beschaffen. Zugleich trat die T+B-GmbH als Mehrheitsgesellschafterin in die F.&P.-VerwaltungsGmbH ein, deren Gesellschafter bis dahin nur die beiden Komplementäre der F.-KG, F. sen. und P. sen., gewesen waren; der Beklagte wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer auch dieser GmbH bestellt. Sodann trat die F.&P.-VerwaltungsGmbH als dritter Komplementär in die F.-KG ein. Ende 1974 kamen die geschäftsführenden Gesellschafter der F.-KG überein, zum Zwecke der Kapitalbeschaffung eine Webturbine mit den daran bestehenden Rechten zu veräußern. Der Verkauf sollte von dem Beklagten als Geschäftsführer der F.&P.-VerwaltungsGmbH durchgeführt werden. Die Maschine wurde für 1,5 Mio. DM an die Firma M.&Co. veräußert; dabei schaltete der Beklagte die T+B-GmbH als Zwischenverkäufer und Empfänger des Kaufpreises ein. Der F.-KG sind von dem Kaufpreis nur 1 Mio. DM zugeflossen. 250.000 DM des Kaufpreises sollte der Erfinder der Turbine erhalten.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe die restlichen 250.000 DM veruntreut; er habe dieses Geld an die T+B-GmbH „abgezweigt“. Nach dem Vortrag des Beklagten soll das Geld mehreren an dem Verkauf beteiligten Personen als Honorar gezahlt worden sein.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 250.000 DM gerichteten Klage stattgegeben; die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

I. Das Berufungsgericht geht davon aus, der Beklagte habe als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der F.&P.-VerwaltungsGmbH grundlos die Rechte der F.-KG an der Webturbine an die von ihm zwischengeschaltete T+B-GmbH nur für 1 Mio. DM veräußert anstatt einen Kaufpreis von 1,25 Mio. DM zu vereinbaren. Denn die T+B-GmbH sei von ihm in den Verkauf der Webturbine an die Firma M.&Co. nach seiner eigenen Einlassung nur aus steuerlichen Gründen eingeschaltet worden; ihr habe also von dem Kaufpreis von ca. 1,5 Mio. DM selbst nichts zugestanden. Abgesehen von den 250.000 DM für den Erfinder L., die nicht mehr im Streit seien, habe der Beklagte nicht substantiiert erklären können, warum von dem Kaufpreis von 1,5 Mio. DM nur 1 Mio. DM von der T&B-GmbH an die F.-KG hätte abgeführt werden sollen. Durch diesen Verkauf hätten neben der F.-KG deren Komplementäre und Kommanditisten einen Schaden erlitten.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte habe damit zum Nachteil der F.-KG den Treuebruchtatbestand des § 266 StGB erfüllt. Er habe sich in einem Treueverhältnis zu der F.&P.-VerwaltungsGmbH als Komplementärin der F.-KG befunden, in dessen Schutzbereich die KG einbezogen gewesen sei. Durch das angebliche Einverständnis der beiden anderen Komplementäre der F.-KG, F. sen. und P. sen., entfalle nicht die Rechtswidrigkeit des Tuns des Beklagten. Der von dem Kläger aufgrund übergegangenen Rechts geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB sei auch nicht verjährt.

II. Das Berufungsurteil hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Rechtlich nicht zu beanstanden sind zunächst die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB.

a) Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, § 266 StGB sei ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Dies entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung und allgemeiner Meinung im juristischen Schrifttum (RGZ 118, 312, 313; BGHZ 8, 276, 284; Senatsurteil vom 4. Dezember 1962 – VI ZR 28/62NJW 1963, 486; RGRK-BGB, 12. Aufl., § 823 Rdn. 551; MünchKomm-Mertens, 2. Aufl., § 823 Rdn. 168).

b) Das Berufungsgericht verkennt auch nicht, daß die Schädigung des Gesamthandsvermögens einer Kommanditgesellschaft nur dann zu einem im Rahmen des § 266 StGB bedeutsamen Vermögensnachteil führen kann, wenn die Schädigung des Gesamthandsvermögens gleichzeitig das Vermögen der einzelnen Gesellschafter berührt. Es befindet sich insoweit in Übereinstimmung mit der einhelligen Auffassung mehrerer Strafsenate des Bundesgerichtshofes, die auch vom Schrifttum weitgehend geteilt wird (BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 1981 – 2 StR 544/81 – unveröffentlicht und vom 7. August 1984 – 5 StR 312/84 – wistra, 1984, 226; BGH, Urteile vom 29. November 1983 – 5 StR 616/83 – MDR 1984, 277 und vom 6. November 1986 – 1 StR 327/86 – BB 1987, 145, 146 = zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen; Schulte, NJW 1984, 1671; Lackner, StGB, 16. Aufl., § 266 Anm. 5b; Dreher/Tröndle, StGB, 42. Aufl., § 266 Rdn. 16; a.A. Schäfer, NJW 1983, 2850; Richter, GmbH-Rundschau 1984, 137, 146).

c) Rechtsfehlerfrei bejaht das Berufungsgericht, daß der Beklagte in einem Treueverhältnis auch zu der F.-KG – und damit zu ihren Gesellschaftern, soweit es deren gesamthänderisch gebundenen Anteil am Gesellschaftsvermögen betraf – stand. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen der F.-KG und dem Beklagten nicht bestanden, dieser seine Geschäftsführertätigkeit vielmehr aufgrund Anstellungsvertrages mit der F.&P.-VerwaltungsGmbH oder auch nur aufgrund der Bestellung durch diese ausübte. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, daß eine KG in den Schutzbereich des Vertrages zwischen ihrer Komplementär-GmbH und deren Geschäftsführer einbezogen ist, wenn die wesentliche Aufgabe der GmbH in der Geschäftsführung der KG besteht (BGHZ 75, 321, 322f; 76, 326, 337f; vgl. auch Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 27. Aufl., Anhang zu § 177a, Anm. III 2 B). Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß bei vernünftiger, Treu und Glauben und der Interessenlage entsprechender Betrachtung davon auszugehen ist, daß das wohlverstandene Interesse der ausschließlich oder vorwiegend zur Geschäftsführung der KG eingesetzten Komplementär-GmbH ebenfalls auf eine ordnungsgemäße Leitung der KG gerichtet ist, weil sie auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung ihrer Beteiligung bedacht sein muß und als persönlich haftende Gesellschafterin selbst aus dem Gesellschaftsverhältnis zu einer sorgfältigen Geschäftsführung verpflichtet ist, und daß sie ferner darauf muß vertrauen können, daß ihr Geschäftsführer den Angelegenheiten der KG die gleiche Sorgfalt widmet wie ihrer eigenen (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1980 – II ZR 85/79 – WM 1980, 593; vgl. auch BGHZ 75, 321, 324).

d) Mit Recht geht das Berufungsgericht weiterhin davon aus, daß die F.-KG, von der der Kläger seine Rechte herleitet, befugt war, den hier in Frage stehenden Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB geltend zu machen. Eine Kommanditgesellschaft ist (ebenso wie eine OHG) allerdings keine juristische Person. Träger der Rechte und Pflichten sind vielmehr die Gesellschafter selbst, jedoch in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Gesellschafter. Die KG kann aber gemäß §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1 HGB unter ihrer Firma eigene Rechte erwerben, so daß ihr auch eigene Ansprüche, und zwar auch aus unerlaubter Handlung, zustehen können. Bei Schädigung des Gesellschaftsvermögens kann nicht einmal ein eigener Anspruch des Gesellschafters wegen Verletzung seines Gesamthandseigentums oder wegen Verkürzung seines Auseinandersetzungsanspruchs anerkannt werden, da die Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens im Rahmen des § 124 HGB und die damit verbundene eigene Anspruchsberechtigung und Verpflichtungsfähigkeit der Personenhandelsgesellschaft einer solchen Möglichkeit entgegenstehen (BGHZ 10, 91, 100). Ersatzansprüche, die den Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft dadurch entstehen, daß ihr in der Gesellschaft zusammengefaßtes Gesamthandsvermögen geschädigt wird, fallen in dieses Sondervermögen, so daß auch nur die Gesellschaft die daraus entstehenden Schadensersatzansprüche geltend machen kann (vgl. Wiedemann, Juristische Person und Gesamthand als Sondervermögen, WM Sonderbeilage Nr. 4/1975, S. 29 und 37).

2. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht auch an, daß der Beklagte den Treuebruchstatbestand des § 266 StGB erfüllt hat.

a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision insoweit dagegen, daß das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers, der Beklagte habe die ihm obliegende Vermögensfürsorgepflicht verletzt, weil er die Maschine grundlos zu einem um 250.000 DM zu niedrigen Preis der in den Verkauf zwischengeschalteten T+B-GmbH überlassen habe, als vom Beklagten zugestanden angesehen hat, weil der Beklagte zur Verwendung des Geldes nicht ausreichend substantiiert vorgetragen habe. Die Revision greift die ins einzelne gehenden Ausführungen des Berufungsgerichts nicht an, mit denen es die fehlende Substantiierung begründet (BU S. 14-16). Diese sind aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden. Die Revision meint jedoch, der Beklagte sei zu Darlegungen, wie sie das Berufungsgericht verlange, nicht verpflichtet gewesen.

Soweit sich die Revision hierfür darauf beruft, daß der Beklagte als Drittschuldner lediglich zur Auskunft gemäß § 840 ZPO verpflichtet sei, ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erfüllung dieser Auskunft aber nicht bestehe, verkennt sie, daß der Kläger hier nicht einen Auskunftsanspruch nach § 840 ZPO geltend macht, sondern eine Schadensersatzforderung der F.-KG gegen den Beklagten einklagt. Insoweit geht es um die allgemeinen Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislast; auf die Frage, in welchem Umfang der Drittschuldner zur Auskunft nach § 840 ZPO verpflichtet wäre, kommt es hier nicht an (BGHZ 86, 23, 30).

Grundsätzlich muß der Kläger zwar alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Stützt er sich auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes, so hat er prinzipiell alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt (Senatsurteile vom 19.11.1985 – VI ZR 148/84 = VersR 1986, 167, 168; vom 2.12.1986 – VI ZR 252/85 – S. 12 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

Das Berufungsgericht hat jedoch die Feststellung, der Beklagte habe das Geld zweckwidrig verwendet, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen, indem es die Behauptung des Klägers mangels substantiierten Bestreitens als unstreitig angesehen hat. Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat sich jede Partei über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären; Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, sofern nicht die Absicht, sie Bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Hieraus folgt, daß eine Partei, soll ihr Vortrag beachtlich sein, auf Behauptungen des Prozeßgegners unter Umständen „substantiiert“ (d.h. mit näheren positiven Angaben) zu erwidern hat. Eine solche Pflicht besteht zwar nicht schlechthin (BGH, Urteil vom 20.1.1961 – I ZR 79/59 – NJW 1961, 826, 828). Sie kann aber dann in Betracht kommen, wenn der Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben machen (BGHZ 12, 49, 50; 86, 23, 30; BGH, Urteile vom 20.1.1961 – I ZR 79/59 – a.a.O.; vom 28.6.1974 – I ZR 62/72 = NJW 1974, 1822f und vom 12.11.1979 – II ZR 174/75 – NJW 1980, 591 – insoweit in BGHZ 75, 321 nicht abgedruckt; vgl. auch Senatsurteil vom 12.7.1983 – VI ZR 280/81VersR 1983, 1035, 1037). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Daß den hier interessierenden Fragen, nämlich an wen und zu welchem Zweck die 250.000 DM weggegeben worden sind, Vorgänge zugrunde liegen, die sich im Wahrnehmungsbereich des Beklagten abgespielt haben, kann nicht zweifelhaft sein. Die Revision beanstandet auch nicht die Feststellung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe als Geschäftsführer der F.&P.-VerwaltungsGmbH und der T+B-GmbH sowie als derjenige, der die dem Verkauf der Maschine zugrundeliegenden Verträge abgeschlossen hatte, alle Vorgänge gekannt oder kennen müssen (BU S. 14) und habe, gerade weil er davon gewußt habe, den Führungskreis falsch unterrichtet, das Geld über die T.-AG geleitet und in späteren Schreiben eine Aufklärung des Sachverhalts abgelehnt (BU S. 18f.).

Darüber hinaus gehörte es sogar zu den Treuepflichten des Beklagten als früherem Geschäftsführer der F.&P.-VerwaltungsGmbH, dafür zu sorgen, daß der Verkaufserlös der Webturbine möglichst vollständig der F.-KG zugeführt wurde und etwaige Provisionsforderungen und andere Teilhaberrechte an dem Erlös sorgfältig auf ihre Berechtigung geprüft wurden. Wenn er deshalb keine präzisen Angaben über die Verwendung der 250.000 DM machen kann, dann räumt er insoweit Versäumnisse ein. Schon diese Stellung des Beklagten hätte es erfordert, daß er ohne Rücksicht darauf, daß der Kläger seine Rechte von der F.-KG herleitet, im einzelnen die Verwendung dieses Betrages und die Berechtigung der Empfänger in diesem Prozeß darlegte.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Darlegungslast des Beklagten nicht auch daraus folgt, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Geschäftsführer einer GmbH bei feststehendem Kassenfehlbestand die Verwendung und den Verbleib der fehlenden Beträge im einzelnen darzulegen und zu beweisen hat (BGH, Urteil vom 8.7.1985 – II ZR 198/84 = NJW 1986, 54, 55; ähnlich bereits Urteil vom 9.6.1980 – II ZR 187/79 = BB 1980, 1344f.).

b) Unbegründet ist auch die Rüge der Revision, mit der sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts wendet, es sei für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch rechtlich ohne Belang, ob die beiden anderen Komplementäre der F.-KG mit der Abführung von nur 1 Mio. DM aus dem Verkaufserlös für die Webturbine an die F.-KG einverstanden waren.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt, wie bereits ausgeführt (unter II 1b), die Schädigung des Gesamthandsvermögens einer Kommanditgesellschaft nur dann einen für § 266 StGB bedeutsamen Vermögensnachteil dar, wenn dadurch zugleich das Vermögen der einzelnen Gesellschafter berührt worden ist. Dementsprechend wird allerdings eine Untreue zum Nachteil desjenigen Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft abgelehnt, der mit seiner „Schädigung“ einverstanden war (BGHSt 3, 23, 25; Urteile vom 29. November 1983 – 5 StR 616/83 – aaO und vom 6. November 1986 – 1 StR 327/86 – aaO).

Soweit die Komplementäre in das Vorgehen des Beklagten eingewilligt haben, würde mithin der Vorwurf der Untreue gegen den Beklagten entfallen, da ein Handeln, mit dem der Treugeber einverstanden ist, nicht pflichtwidrig sein kann (vgl. Dreher/Tröndle, StGB, 42. Aufl., § 266 Rdn. 14; Leipziger Kommentar/Hübner, 10. Aufl., § 266 Rdn. 87; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 22. Aufl., § 266 Rdn. 21).

Die Beweislast für die Zustimmung trägt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Beklagte. Vielmehr ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig dafür, daß die Komplementäre nicht einverstanden waren. Die Pflichtwidrigkeit ist nämlich Tatbestandsmerkmal des § 266 StGB. Wie unter II 2a bereits ausgeführt wurde, muß der Kläger bei Geltendmachung des deliktischen Schadensersatzanspruches alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich die objektive Pflichtwidrigkeit ergibt.

bb) Das Einverständnis der beiden anderen Komplementäre ist aber im Streitfalle unerheblich, da durch die Handlung des Beklagten jedenfalls auch die Vermögensinteressen der anderen Gesellschafter, nämlich der F.&P.-VerwaltungsGmbH und der Kommanditisten berührt wurden.

Zu einer Schädigung der F.&P.-VerwaltungsGmbH sind bisher allerdings keine Feststellungen getroffen worden. Diese haftet aber als Komplementärin mit ihrem gesamten Vermögen (§§ 128, 161 HGB), nicht nur mit ihrem Stammkapital. Selbst wenn diese GmbH zum Zeitpunkt der Handlungen des Beklagten, was dieser behauptet und unter Beweis gestellt hat (Schriftsatz vom 14.3.1985, S. 9, Bd. 2 Bl. 62 GA), überschuldet und das Stammkapital möglicherweise verbraucht war, konnte sie noch weiter geschädigt werden (vgl. BGHZ 59, 149 zur Schädigung eines vermögenslosen Vereins durch Belastung mit einer Schadensersatzpflicht).

Ähnlich liegt es bezüglich der Kommanditisten. Diese hafteten gemäß § 167 Abs. 3 HGB für Verluste der KG zwar nur mit ihrer Kommanditeinlage (vgl. dazu auch Crezelius BB 1985, 209, 210f; Baumbach/Duden/Hopt aaO § 167 Anm. 3.). Diese war im Falle der Überschuldung der F.-KG und beim Vorliegen der sonstigen oben genannten Voraussetzungen möglicherweise bereits aufgebraucht. Es mag auch sein, daß selbst bei ordnungsmäßigem Vorgehen des Beklagten in Bezug auf den Verkauf der Webturbine die negativen Kapitalkonten der Kommanditisten in absehbarer Zeit kaum ausgeglichen oder ihnen gar Gewinn zugewiesen werden konnten. Die weitere Belastung der Kommanditisten kann dennoch zu einer im Rahmen des § 266 StGB als Nachteil ausreichenden Gefährdung ihres Vermögens führen (BGH, Beschluß vom 2. Oktober 1981 – 2 StR 544/81 -, aaO).

c) Rechtlich einwandfrei hat das Berufungsgericht auch die Überzeugung gewonnen, der Beklagte habe vorsätzlich gehandelt. Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe die Pflichtwidrigkeit und Rechtswidrigkeit seines Handelns gekannt. Auf eine etwaige Vorstellung des Beklagten, die Komplementäre P. sen. und F. sen. hätten den später durchgeführten Maßnahmen im voraus zugestimmt, kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht der Revision nicht an, da – wie bereits ausgeführt – jedenfalls auch das in der KG gebundene Vermögen der Kommanditisten durch die Handlungen des Beklagten berührt war.

3. Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, daß die dem Kläger gegen den Beklagten zustehenden Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB noch nicht verjährt sind.

a) Die Revision greift die Feststellung des Berufungsgerichts nicht an, daß eine Kenntnis der Komplementäre und der späteren Liquidatoren der F.-KG vom Schaden und der Person des Beklagten als Schädiger vor dem 24. Juni 1979, also drei Jahre vor Klageerhebung, nicht nachgewiesen ist.

b) Der erkennende Senat folgt dem Berufungsgericht auch darin, daß sich die Verjährung des geltend gemachten Anspruches ausschließlich nach § 852 BGB richtet und nicht nach § 43 Abs. 4 GmbHG, wonach ein Schadensersatzanspruch aus der Verletzung von Geschäftsführerpflichten ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen in fünf Jahren von der Entstehung des Anspruches an verjährt.

aa) Zutreffend nimmt die Revision allerdings an, daß die F.-KG ihren Anspruch gegen den Beklagten grundsätzlich auch aus § 43 Abs. 2 GmbHG hätte herleiten können, und daß ein solcher Anspruch – wovon bereits das Landgericht ausgegangen ist – gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG verjährt ist. Die Möglichkeit der KG, Ansprüche gegen den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH geltend zu machen, ergibt sich – wie bereits unter II 1c ausgeführt worden ist – aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach die KG unter bestimmten – hier vorliegenden – Umständen in den Schutzbereich des Vertrages zwischen der GmbH und deren Geschäftsführer einbezogen ist.

bb) Das schließt es jedoch nicht aus, daß neben Ansprüchen gegen den Geschäftsführer aus § 43 GmbHG gegen ihn auch deliktische Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB bestehen, die nach § 852 BGB verjähren.

Das Reichsgericht hat allerdings zu der entsprechenden Regelung in §§ 34, 41 GenG die Auffassung vertreten, einer Genossenschaft könne gegen ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied neben einem Schadensersatzanspruch aus der Verletzung der diesem der Genossenschaft gegenüber obliegenden vertraglichen Pflichten nur dann ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung zustehen, wenn die Handlung, falls sie von einer Person begangen worden wäre, die nicht in einem Vertragsverhältnis zur Genossenschaft stehe, ebenfalls eine unerlaubte sein würde, z.B. bei Diebstahl oder Unterschlagung. Sei das nicht der Fall, dann sei es lediglich die Vertragsverletzung, die den Anspruch auf Schadensersatz begründe (RGZ 87, 306, 309; JW 1938, 2019, 2020; Seuff.Archiv 92, 4; vgl. auch Rospatt, Bank Archiv 1932, 496). In diesem Falle werde der Deliktsanspruch verdrängt, da insoweit Gesetzeskonkurrenz bestehe (klarstellend insoweit RG JW 1938, 2413, 2414).

Im Anschluß an diese Rechtsprechung wird noch heute im juristischen Schrifttum darauf hingewiesen, die fünfjährige Verjährung nach § 43 GmbHG, §§ 34, 41 GenG und der inhaltlich gleichen Regelung in §§ 93, 116 AktG schließe die Anwendung des § 852 BGB bei Handlungen aus, die unabhängig von der Verletzung der Vertragspflicht keine unerlaubte Handlung sein würden (vgl. Kreft in BGB- RGRK, 12. Aufl., § 852 Rdn. 16; Staudinger/Schäfer, BGB, 12. Aufl., § 852 Rdn. 142; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 14. Aufl., § 43 Rdn. 31; Schilling in Groß-Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 93 Anm. 56; Geßler/Hefermehl, AktG, § 93 Rdn. 87).

Gegen diese Auffassung wendet sich vor allem Mertens (MünchKomm, § 852 Rdn. 60; in Hachenburg, GmbHG, 7. Aufl., § 43 Rdn. 93 und in Kölner Kommentar zum AktG, § 93 Rdn. 75), weil sie zu einer ungerechtfertigten Privilegierung von Organmitgliedern führe. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Die auf das Reichsgericht zurückgehende Abgrenzung ist allerdings nicht, wie Mertens meint, wegen einer erst späteren Herausbildung des Grundsatzes der selbständigen Verjährung konkurrierender Ansprüche überholt. Sie ist nach Auffassung des erkennenden Senats vielmehr deshalb nicht mehr anzuwenden, weil eine Gesetzeskonkurrenz zwischen den Ansprüchen aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und denjenigen aus § 43 GmbHG, §§ 34, 41 GenG bzw. §§ 93, 116 AktG nicht anzuerkennen ist. Nach der auf Dietz (Anspruchskonkurrenz bei Vertragsverletzung und Delikt, 1934) zurückgehenden, heute herrschenden Meinung, stehen Vertrags- und Deliktsansprüche grundsätzlich im Verhältnis der Anspruchskonkurrenz zu einander (vgl. Helm, Haftung für Schäden an Frachtgütern S. 293f.; BGB-RGRK, aaO, Rdn. 35ff vor § 823; Soergel/Lindenmaier/Schräder, BGB, 11. Aufl., Rdn. 39 vor § 823). Die Normen des Vertrags- und Deliktsrechts sind grundsätzlich gleichrangig und gleichwertig (BGHZ 9, 301, 302; 24, 188, 191; 32, 144, 203f). Erfüllt ein Vorgang sowohl den Tatbestand des Vertragsrechts als auch den des Deliktsrechts, so haftet der Schädiger regelmäßig sowohl aus Vertrag als auch aus unerlaubter Handlung (BGHZ 17, 214, 217; 66, 315, 319). Gesetzeskonkurrenzen bestehen im wesentlichen nur dann, wenn durch Gesetz die Haftung aus unerlaubter Handlung in zulässiger Weise entweder ganz ausgeschlossen oder auf bestimmte Schuldformen beschränkt oder der Höhe nach begrenzt ist (BGHZ 17, 214, 217) oder wenn die Zwecke beider Normen ihre Anwendung nebeneinander nicht zulassen. Das ist aber, abgesehen von den Fällen, in denen etwa Normen der Vertragshaftung die Haftung für gewisse Schadensursachen ausschließen, nur dann gegeben, wenn etwa Vertragsverletzungen typischerweise zugleich einen Deliktstatbestand erfüllen oder wenn ein Deliktstatbestand überhaupt nur von der Vertragspartei (hier: von dem Geschäftsführer der GmbH) erfüllt werden kann (z.B. § 85 GmbHG). Untreue können aber alle Personen begehen, denen die in § 266 StGB erwähnte Befugnis eingeräumt oder denen die Pflicht zur Wahrung von Vermögensinteressen übertragen ist, auch wenn das durch Gesetz, behördlichen Auftrag bzw. durch ein nicht vertraglich begründetes Treueverhältnis erfolgt. In den Fällen, in denen Schadensersatzansprüche aus § 43 GmbHG bzw. den §§ 34, 41 GenG oder §§ 93, 116 AktG hergeleitet werden, ist in aller Regel auch nicht zugleich eine unerlaubte Handlung begangen. Schon im Hinblick darauf, daß nur die vorsätzliche Verletzung des Treuebruchs- und des Mißbrauchstatbestandes des § 266 StGB zu einem deliktischen Schadensersatzanspruch führt, wird das Organmitglied, das seine Organpflichten verletzt, zwar nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften schadensersatzpflichtig werden, selten jedoch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. Begeht ein Organmitglied (strafrechtlich) Untreue, dann verstößt es zudem in so grober Weise gegen seine Pflichten, daß es nicht gerechtfertigt wäre, bei einem solchen besonders rechtswidrigen Verhalten einen Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 4 GmbHG ohne Rücksicht auf die Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen verjähren zu lassen, wenn es ihm gelungen ist, sein Tun über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren vor der Gesellschaft zu verbergen (vgl. auch MünchKomm-Mertens, aaO). Damit würde das Verwaltungsmitglied als Täter einer unerlaubten Handlung ungerechtfertigterweise privilegiert (Mertens in Kölner Kommentar zum AktG, aaO).

Auch der Umstand, daß die Handlung nicht unerlaubt sein würde, wenn sie von einer Person begangen wäre, die nicht durch Vertrag an die GmbH gebunden war, spricht nicht für eine Gesetzeskonkurrenz, da es gerade der Zweck des § 266 StGB ist, den Mißbrauch der durch Rechtsgeschäft eingeräumten Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, und die Verletzung der kraft Rechtsgeschäft obliegenden Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, zu verhindern. Die Verletzung derartiger vertraglicher Verpflichtungen hat ein gegenüber anderen Vertragsverletzungen so besonderes Gepräge, daß es gerechtfertigt ist, dessentwegen einen besonderen deliktischen Schadensersatzanspruch zu begründen, der in echter Anspruchskonkurrenz zu dem vertraglichen Anspruch steht.

Löffler I www.K1.de I Gesellschaftsrecht I Gesellschafterversammlung I M&A I Unternehmenskauf I Erfurt I Thüringen I Sachsen I Sachsen-Anhalt I Hessen I Deutschland 2022

Schlagworte: Haftung wegen Untreue gem. § 266 StGB, Haftung wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen gem. § 266a StGB, Verjährung, Vermögensbetreuungspflicht