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BGH, Urteil vom 17. November 1997 – II ZR 77/97

§ 47 GmbHG, § 49 GmbHG, § 51 GmbHG

Zur Kausalität eines Ladungsmangels (hier: Nichteinhaltung der Ladungsfrist) für einen in der Gesellschafterversammlung gefaßten Beschluß.

Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend die Anfechtungsklage ohne Erhebung der von der Beklagten angetretenen Beweise für begründet erachtet. Entgegen seiner Auffassung kommt es allerdings im vorliegenden Fall nicht auf die von ihm für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage an, ob bei Vorhandensein eines Ladungsmangels der Beschluß einer Gesellschafterversammlung nur dann anfechtbar ist, wenn das Beschlußergebnis im Sinne einer Kausalitätserwägung auf dem Mangel beruht (vgl. BGHZ 36, 121 ff., 139 f.; BGHZ 107, 296 ff., 307; BGHZ 119, 1 ff., 18 zum Aktienrecht bei Nichterfüllung der Auskunftspflicht), oder ob mit der überwiegenden Meinung im Schrifttum (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 16. Aufl. Anh. § 47 Rdnr. 67 ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. Anh. § 47 Rdnr. 50; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl. § 47 Rdnr. 113 f.; Roth, GmbHG, 3. Aufl. § 47 Rdnr. 112; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl. § 45 Rdnr. 102 f.; Hachenburg/Raiser, GmbHG, 8. Aufl. Anh. § 47 Rdnr. 103) auf die Relevanz des Mangels für das Ergebnis abzustellen ist. Dabei kann dahinstehen, ob zwischen den verschiedenen Ansichten überhaupt ein Unterschied in der Sache besteht, weil es auch bei der Kausalitätsbetrachtung nicht auf einen Ursachenzusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn ankommt, sondern eine wertende Betrachtung angezeigt ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nämlich das Anfechtungsbegehren der Klägerin auch dann gerechtfertigt, wenn die in der Senatsentscheidung vom 30. März 1987 (II ZR 180/86, ZIP 1987, 1117, 1119 f., insoweit in BGHZ 100, 264 nicht abgedruckt) aufgestellten Grundsätze herangezogen werden.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 30. März 1987, ZIP 1987 aaO S. 1119 f.) entfällt das Anfechtungsrecht bei einem Einberufungsmangel nur dann, wenn klar zu Tage liegt, daß der Beschluß auch bei Ordnungsgemäßheit der Einladung in gleicher Weise zustande gekommen wäre, bei vernünftiger Beurteilung also unter keinen Umständen in Betracht kommt, daß der von dem Mangel betroffene Gesellschafter das Ergebnis hätte beeinflussen können.

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor, weil – ohne daß es auf die von der Beklagten beantragte Vernehmung der Zeugen ankäme – nicht auszuschließen ist, daß jedenfalls der Nachlaßpfleger, der im übrigen in Unkenntnis des Einladungsfehlers für die Firmenänderung gestimmt hat, sich von der Klägerin hätte überzeugen lassen, daß die Streichung des Firmenzusatzes „Maschinenbau“ – wenn nicht überhaupt sachwidrig, dann jedenfalls – nicht eilbedürftig sei. Dafür spricht nicht nur, daß der als Nachlaßpfleger amtierende frühere Vorsitzende Richter am Landgericht He. bereits einmal gegen die Namensänderung gestimmt und in seinem Bemühen um objektive Wahrnehmung der Rechte der Erbengemeinschaft mehrfach zum Ausgleich unter den familiär verbundenen Beteiligten geraten hatte, sondern daß er noch in der Gesellschafterversammlung vom 22. September 1995 unter Überreichung eines diesen Antrag näher begründenden Schreibens die Zurückstellung der Firmenänderung angeregt hatte. Hätten nicht nur der Geschäftsführer und sein durch die Mutter als gesetzliche Vertreterin beteiligter minderjähriger Sohn, sondern auch die Klägerin an der Erörterung dieses Vorschlages teilnehmen können, wäre bei vernünftiger Beurteilung nicht auszuschließen, daß der Nachlaßpfleger an seiner Anregung festgehalten hätte und es jedenfalls am 22. September 1995 nicht zu dem Beschluß über die Firmenänderung gekommen wäre. Dies gilt umso mehr, als für die von dem Geschäftsführer betriebene Streichung des Firmenzusatzes „Maschinenbau“ offenbar kein unabweisbares Bedürfnis oder auch nur eine besondere Dringlichkeit bestand und der Nachlaßpfleger darauf Bedacht nehmen mußte, im Interesse aller drei Erben zu handeln und nicht ohne Not Partei für einen von Ihnen zu ergreifen und die Interessen der anderen Miterben des Geschäftsanteils hintanzustellen.

Schlagworte: Beschlussmängelklage, Ursächlichkeit des Mangels