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BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – II ZR 369/13

BGB §§ 138; GG Art. 12

a) Kundenschutzklauseln, die zwischen einer GmbH und einem ihrer Gesellschafter anlässlich des Ausscheidens aus der Gesellschaft vereinbart werden, sind nach § 138 BGB sittenwidrig und nichtig, wenn sie in zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß übersteigen, das regelmäßig maximal zwei Jahre beträgt.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit nur dann gerechtfertigt und nicht nach § 138 BGB sittenwidrig, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen.

c) Sie sind nur wirksam, wenn sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten (BGH, Urteil vom 14. Juli 1997 – II ZR 238/96, WM 1997, 1707, 1708 m. w. N.; Urteil vom 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1338 f.; Urteil vom 29. September 2003 – II ZR 59/02, ZIP 2003, 2251, 2252; Urteil vom 18. Juli 2005 – II ZR 159/03, ZIP 2005, 1778, 1779; Urteil vom 10. Dezember 2008 – KZR 54/08, NJW 2009, 1751 Rn. 24 – Subunternehmervertrag II; Beschluss vom 31. Mai 2012 – I ZR 198/11, GRUR-RR 2012, 495 Rn. 9 – Kundenschutzklausel).

d) Das betrifft auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote, die erst anlässlich der Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Beziehung vereinbart werden (BGH, Urteil vom 29. September 2003 – II ZR 59/02, ZIP 2003, 2251, 2252).

e) Für vergleichbare Fälle hat die Rechtsprechung anerkannt, dass eine Wettbewerbsbeschränkung nicht mehr als zwei Jahre nach Vertragsende andauern kann. Bei der Freiberuflersozietät wird ein Zeitraum von zwei Jahren als ausreichend für den Schutz der Interessen der Beteiligten angesehen, weil sich danach die Mandantenbeziehungen typischerweise gelockert haben (BGH, Urteil vom 29. Januar 1996 – II ZR 286/94, NJW-RR 1996, 741, 742 m. w. N.; Urteil vom 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1338 f.; Urteil vom 29. September 2003 – II ZR 59/02, ZIP 2003, 2251, 2252; Urteil vom 18. Juli 2005 – II ZR 159/03, ZIP 2005, 1778, 1780). Die zeitliche Grenze von zwei Jahren wurde vom Bundesgerichtshof in anderen Bereichen übernommen. Auch ein Abwerbeverbot von Arbeitnehmern darf nur auf zwei Jahre beschränkt sein, wobei offengelassen wurde, ob in einem Ausnahmefall ein schutzwürdiges Interesse eines Unternehmers an einem länger andauernden Abwerbeverbot bestehen kann (BGH, Urteil vom 30. April 2014 – I ZR 245/12, ZIP 2014, 1934 Rn. 35 ff. – Abwerbeverbot).

f) Nach Ablauf dieser Zeitspanne kann keine Seite ein berechtigtes Interesse an einer fortdauernden Wettbewerbsbeschränkung haben (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1996 – II ZR 286/94, NJW-RR 1996, 741, 742).

g) Bei Kapitalgesellschaften, die gewerbliche Dienstleistungen erbringen, kann grundsätzlich kein längerer Zeitraum gelten. Dass die Parteien nicht freiberuflich tätig sind, sondern ein Gewerbe betreiben, rechtfertigt keine längere Zeitgrenze. Die Begrenzung der Wettbewerbsverbote gründet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht darin, dass Wettbewerbsverbote mit dem Berufszweck von freien Berufen nicht vereinbar wären, sondern in der grundgesetzlich geschützten Berufsausübungsfreiheit. Diese kommt auch Gewerbetreibenden und Gesellschaftern jedenfalls einer personalistisch geführten GmbH zu. Soweit sie Dienstleistungen anbieten, bestehen hinsichtlich der Kundenbindung nicht von vorneherein Unterschiede zu den Kundenbeziehungen von Freiberuflern. Dass auf dem Markt der Arbeitnehmerüberlassung Besonderheiten bestehen, die eine Kundenbindung typischerweise länger als zwei Jahre fortwirken lässt, ist nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

h) Ein die zeitlichen Schranken übersteigendes Wettbewerbsverbot kann im Wege der geltungserhaltenden Reduktion auf das noch zu billigende zeitliche Maß – hier zwei Jahre – zurückgeführt werden (BGH, Urteil vom 29. Januar 1996 – II ZR 286/94, NJW-RR 1996, 741, 742 m. w. N.; Urteil vom 8. Mai 2000 – II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1339; Urteil vom 29. September 2003 – II ZR 59/02, ZIP 2003, 2251, 2252; Urteil vom 18. Juli 2005 – II ZR 159/03, ZIP 2005, 1778, 1780).

Schlagworte: Ausscheiden eines Gesellschafters, Geltungserhaltende Reduktion unzulässiger Klauseln, Kundenschutzklausel