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BGH, Urteil vom 20. November 2014 – III ZR 509/13

BGB §§ 26, 86, 254

a) Wird der Vorstand einer Stiftung von der Stiftung wegen einer Pflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch genommen, so kann dieser der Stiftung gegenüber nicht einwenden, dass für den von ihm herbeigeführten Schaden ein anderes Stiftungsorgan (hier: Stiftungsrat) mitverantwortlich ist.

b) Für die Organhaftung einer GmbH oder Aktiengesellschaft ist eine Anwendung des § 254 BGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht möglich. In der juristischen Person, die als solche nicht handeln kann, sind nämlich die Pflichten der für sie tätigen Organe so ausgestaltet, dass sie nebeneinander bestehen; jedes Organ ist für die Erfüllung seiner Pflichten im Rahmen seines gesetzlichen und satzungsmäßigen Geschäftsbereichs selbständig verantwortlich und hat deshalb im Falle einer Pflichtwidrigkeit für den verursachten Schaden der juristischen Person auch voll einzustehen. Kein Gesellschaftsorgan kann der Gesellschaft gegenüber einwenden, seine Ersatzpflicht sei gemindert, weil ein anderes Gesellschaftsorgan für den Schaden mitverantwortlich sei (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 254 Rn. 49). Denn die Gesellschaftsorgane vertreten im Innenverhältnis nicht die Gesellschaft gegenüber den anderen Organen (RG JW 1920, 1032, 1033).

c) So kann etwa der Geschäftsführer einer GmbH, der von der Gesellschaft wegen einer Pflichtwidrigkeit in Anspruch genommen wird, nicht einwenden, ein Mitgeschäftsführer oder ein Mitglied eines in der GmbH gebildeten Aufsichtsrats sei für den von ihm herbeigeführten Schaden mitverantwortlich, so dass seine eigene Ersatzpflicht nach § 254 BGB gemindert sei (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1983 – II ZR 103/82, NJW 1983, 1856; Urteil vom 26. November 2007 – II ZR 161/06, NJW-RR 2008, 484 Rn. 3; siehe für das Verhältnis Vorstandsmitglied und Aufsichtsrat bei der Aktiengesellschaft: RG JW 1920, 1032 f.); der Geschäftsführer kann als Mitverschuldenseinwand auch nicht geltend machen, er sei von der Gesellschafterversammlung schlecht ausgewählt oder nachlässig überwacht worden (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1983 aaO S. 1857). Ebenso ist der Mitverschuldenseinwand ausgeschlossen im Verhältnis zwischen Vorstand und Geschäftsführer eines Sozialversicherungsträgers (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1985 – IX ZR 145/83, NJW 1985, 2194, 2196).

d) Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für eine Stiftung (vgl. Hüttemann/Herzog, Non Profit Law Yearbook 2006 S. 33, 42). Auch wenn zwei Organe einer Stiftung, etwa der Vorstand und ein Stiftungsrat, die Stiftung schädigen, haften sie gleichstufig für den durch sie entstandenen Schaden und damit als Gesamtschuldner. Sie können sich nicht auf das Mitverschulden des anderen Gesamtschuldners zur eigenen Haftungsverminderung berufen, sondern sind darauf verwiesen, bei dem anderen Gesamtschuldner, dem anderen haftenden Organ der Stiftung, Rückgriff zu nehmen. Auch in der Stiftung gilt der Grundsatz, der den Einwand des Mitverschuldens dieser gegenüber im Hinblick auf die Verletzung der Überwachungspflicht durch ein anderes Stiftungsorgan ausschließt.

e) Ist der Stiftungsrat gegenüber dem Vorstand nach der Stiftungssatzung weisungsbefugt, kann ein Verschulden des Vorstands und damit eine Haftung ausgeschlossen sein.

f) Die Stiftungsaufsicht ist kein Organ der Stiftung; es kann dahinstehen, ob im Fall der Schadensentstehung durch eine Pflichtverletzung der Stiftungsaufsicht und eines Stiftungsorgans der Mitverschuldenseinwand zulässig ist (vgl. Senatsurteil vom 3. März 1977 – III ZR 10/74, BGHZ 68, 142, 151).

Schlagworte: Geschäftsführerhaftung, Haftung Vorstand, Mitverschulden, Schadenersatzanspruch, Stiftung