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BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04

AktG §§ 84, 93, 112, 116; StGB § 266

a) Bewilligt der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft für eine erbrachte dienstvertraglich geschuldete Leistung einem Vorstandsmitglied nachträglich eine zuvor im Dienstvertrag nicht vereinbarte Sonderzahlung, die ausschließlich belohnenden Charakter hat und dem Unternehmen keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringt (kompensationslose Anerkennungsprämie), liegt hierin eine treupflichtwidrige Schädigung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens.

b) Die zur Erfüllung des Tatbestandes der Untreue erforderliche Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht muss auch bei unternehmerischen Entscheidungen eines Gesellschaftsorgans nicht zusätzlich „gravierend“ sein (Klarstellung zu BGH, 15. November 2001, 1 StR 185/01, BGHSt 47, 148 und BGH, 6. Dezember 2001, 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187).

1. Ausgehend von den Urteilsfeststellungen haben die Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel durch die Zuerkennung der für die Gesellschaft nutzlosen Anerkennungsprämien ihre Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gegenüber der Mannesmann AG verletzt und dieser dadurch einen Vermögensnachteil zugefügt.

a) Die Mitglieder des Präsidiums, das die Aktiengesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern vertritt (§ 84 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Satz 1, § 107 Abs. 3 Satz 1 und 2, § 112 AktG i. V. m. der Satzung), haben bei Entscheidungen über die inhaltliche Ausgestaltung der Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern und über deren Bezüge eine Vermögensbetreuungspflicht, die aus ihrer Stellung als Verwalter des für sie fremden Vermögens der Aktiengesellschaft folgt. Nach den Vorgaben des Aktienrechts müssen sie bei allen Vergütungsentscheidungen im Unternehmensinteresse (zu den dabei neben dem wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft zu berücksichtigenden interessen vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. § 76 Rdn. 12) handeln, insbesondere den Vorteil der Gesellschaft wahren und Nachteile von ihr abwenden (vgl. BGHZ 135, 244, 253; Hüffer, AktG § 84 Rdn. 9, § 93 Rdn. 4, 5, § 116 Rdn. 4). Das Gebot, alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Eintritt eines sicheren Vermögensschadens bei der Gesellschaft zur Folge haben, gehört – ohne dass es dazu weiterer gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Regelungen bedürfte – zu den Treuepflichten, die ein ordentliches und gewissenhaftes Präsidiumsmitglied (§ 93 Abs. 1 Satz 1, § 116 Satz 1 AktG) zwingend zu beachten hat. Diese aktienrechtliche Pflicht stellt sich im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB als Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen dar (vgl. BGHSt 47, 187, 200 f. m. w. N.).

b) Diese ihnen obliegende Vermögensbetreuungspflicht haben die Präsidiumsmitglieder Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel verletzt.

aa) Allerdings beinhaltet nicht jede Vergütungsentscheidung des Präsidiums, die im Ergebnis zu einer Schädigung der Aktiengesellschaft führt, eine Pflichtverletzung. Denn auch hierbei handelt es sich um unternehmerische Führungs- und Gestaltungsaufgaben, für die in der Regel ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet ist. Die Anerkennung eines solchen weiten Handlungsspielraums findet ihre Rechtfertigung darin, dass unternehmerische Entscheidungen regelmäßig aufgrund einer zukunftsbezogenen Gesamtabwägung von Chancen und Risiken getroffen werden müssen, die wegen ihres Prognosecharakters die Gefahr erst nachträglich erkennbarer Fehlbeurteilungen enthält.Deshalb ist eine Pflichtverletzung nicht gegeben, solange die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, nicht überschritten sind (vgl. BGHZ 135, 244, 253 f.; 111, 224, 227; BGHSt 46, 30, 34 f.; 47, 148, 149 f.; 47, 187, 192).

bb) Soweit es um die Bewilligung nachträglicher Sonderzahlungen für dienstvertraglich geschuldete Leistungen geht, gilt:

(1) Ist im Dienstvertrag vereinbart, dass eine an den Geschäftserfolg gebundene einmalige oder jährlich wiederkehrende Prämie als variabler Bestandteil der Vergütung (vgl. die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex 4.2.3.) bezahlt wird, darf sie nach Ablauf des Geschäftsjahres nachträglich zuerkannt werden. Der weite Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Präsidiumsmitglieder ist als Ausfluss ihrer Vermögensbetreuungspflicht nur insoweit eingeschränkt, als die Gesamtbezüge des bedachten Vorstandsmitglieds gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG in einem angemessenen Verhältnis zu seinen Aufgaben und zur Lage der Gesellschaft stehen müssen (vgl. zu den Maßstäben des Angemessenheitsgebots Fleischer DStR 2005, 1279, 1280 ff., 1321).

(2) Auch bei fehlender Rechtsgrundlage im Dienstvertrag ist die Bewilligung einer nachträglichen Anerkennungsprämie zulässig, wenn und soweit dem Unternehmen gleichzeitig Vorteile zufließen, die in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der freiwilligen Zusatzvergütung verbundenen Minderung des Gesellschaftsvermögens stehen. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die freiwillige Sonderzahlung entweder dem begünstigten Vorstandsmitglied selbst oder zumindest anderen aktiven oder potentiellen Führungskräften signalisiert, dass sich außergewöhnliche Leistungen lohnen, von ihr also eine für das Unternehmen vorteilhafte Anreizwirkung ausgeht. Unter dem Gesichtspunkt einer Anreizwirkung für Dritte erscheint die Zuwendung einer freiwilligen Anerkennungsprämie auch an ein Vorstandsmitglied denkbar, das demnächst aus der Gesellschaft ausscheidet (vgl. Hefermehl/Spindler in MünchKomm-AktG 2. Aufl. § 87 Rdn. 15; Rönnau/Hohn NStZ 2004, 113, 119 f.; Fleischer aaO 1320 f.). In all diesen Fällen wird aber dem Angemessenheitsgebot des § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG besondere Bedeutung zukommen. Welche Grenzen sich daraus für die Höhe einer Prämie ergeben, entzieht sich generalisierender Betrachtung und bedarf hier angesichts der Besonderheiten des zu entscheidenden Falles keiner näheren Erörterung.

(3) Eine im Dienstvertrag nicht vereinbarte Sonderzahlung für eine geschuldete Leistung, die ausschließlich belohnenden Charakter hat und der Gesellschaft keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringen kann (kompensationslose Anerkennungsprämie), ist demgegenüber als treupflichtwidrige Verschwendung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens zu bewerten (vgl. Roth, Unternehmerisches Ermessen und Haftung des VorstandsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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2001, 108 f.; Rönnau/Hohn aaO 113, 120 ff.; Fastrich in FS für Heldrich 2005 S. 143, 157 ff.). Sie ist bereits dem Grunde nach unzulässig, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob die Gesamtbezüge des begünstigten Vorstandsmitglieds unter Einschluss der Sonderzahlung nach den Grundsätzen des § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG der Höhe nach noch als angemessen beurteilt werden könnten.

cc) Die in der aktienrechtlichen Literatur demgegenüber vertretene Meinung, eine freiwillige Sonderzahlung sei zur Belohnung einer in der Vergangenheit erbrachten besonderen Leistung – unabhängig von einer Anreizwirkung oder einem sonstigen für die Gesellschaft eintretenden Vorteil – generell zulässig, wenn die Gesamtvergütung des Begünstigten den Grundsätzen über die Höhe der Bezüge der Vorstandsmitglieder nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG entspreche (vgl. Hüffer Beilage 7 zu BB 2003, 18 ff.; Mertens, Rechtsgutachten zu Fragen der Vergütung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, 10 ff.; Baums, Anerkennungsprämien für Vorstandsmitglieder, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Bankrecht Nr. 121, 2 ff.; Fonk NZG 2005, 248 ff.; Liebers/Hoefs ZIP 2004, 97 ff.; Hoffmann-Becking ZHR 169 (2005), 155, 161 ff.; Kort NJW 2005, 333 ff.), vermag nicht zu überzeugen.

Soweit diese Auffassung damit begründet wird (vgl. Hüffer Beilage 7 zu BB 2003, 20 ff.; Mertens aaO 65 ff.; Baums aaO 9 ff.), das Unternehmensinteresse führe nur im Falle der Gefährdung von Bestand und Rentabilität des Unternehmens zu bestimmten Handlungsge- und -verboten, sei aber im Übrigen wegen der Besonderheiten des Aktienrechts ein unverbindlicher Leitgedanke, der lediglich die Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte erfordere, wird dies der Treuepflicht der Präsidiumsmitglieder als Verwalter fremden Vermögens nicht gerecht (vgl. Fastrich aaO 157 ff.). Sie höhlt letztlich den Inhalt der Vermögensbetreuungspflicht für Organmitglieder einer Aktiengesellschaft in einer Weise aus, wie es bisher für keinen sonstigen Fall vermögensrechtlicher Treuebeziehungen ernsthaft erwogen worden ist. Das Unternehmensinteresse ist bei unternehmerischen Entscheidungen als verbindliche Richtlinie anerkannt (vgl. BGHZ 135, 244; BGHSt 46, 30; 47, 187). Der allgemeine Grundsatz des Zivilrechts, dass derjenige, der fremdes Vermögen zu betreuen hat, ausschließlich und uneingeschränkt im Interesse des Vermögensinhabers handeln muss und das anvertraute Vermögen nicht nutzlos hingeben darf, gilt auch im Aktienrecht. Er lässt sich auch dem inzwischen durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2802 Nr. 60) eingeführten § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nF i. V. m. § 116 Satz 1 AktG entnehmen, nach dem eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, wenn das Präsidiumsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Damit unterscheiden sich die Befugnisse der fremdes Vermögen verwaltenden Präsidiumsmitglieder von den Möglichkeiten des Einzelunternehmers, dem es unbenommen bleibt, einem verdienten Mitarbeiter aus seinem Betriebsvermögen auch dann eine freiwillige Sonderzahlung zuzuwenden, wenn hierdurch dem Unternehmen kein Vorteil erwächst.

Die Zulässigkeit einer kompensationslosen Anerkennungsprämie kann auch nicht damit begründet werden, ihr liege eine einvernehmliche Abänderung des Dienstvertrages zugrunde. Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht besteht bei diesem Ansatz nämlich gerade in der freiwilligen Änderung des Dienstvertrages (vgl. Rönnau/Hohn aaO 113, 120; Martens ZHR 169 (2005), 124, 133 ff.). Dies gilt unabhängig davon, ob die Vertragsänderung wirksam ist oder nicht. Ebenso wenig lässt sich die Zulässigkeit einer kompensationslosen Anerkennungsprämie auf § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG (Gehalt oder … Nebenleistungen jeder Art) stützen. Denn diese Vorschrift regelt lediglich die Höhe der Bezüge (vgl. Baums aaO 3 ff.) und sagt nichts über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Sonderzahlung im Hinblick auf die Vermögensbetreuungspflicht der Präsidiumsmitglieder aus.

Auch der Einwand, dass eine besonders erfolgreiche Tätigkeit nachträglich besser beurteilt werden könne als bei Abschluss des Dienstvertrages, verfängt nicht. Zum einen stehen bereits bei Abschluss des Dienstvertrages vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, um eine leistungsgerechte Vergütung des Vorstandsmitglieds sicherzustellen. Zum anderen ist der Erfolg einer geschuldeten Tätigkeit für sich allein kein rechtfertigender Grund, das im ursprünglichen Dienstvertrag von den Parteien als angemessen bewertete Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nachträglich einseitig zum Nachteil der Gesellschaft abzuändern (vgl. Martens aaO 124, 128 ff.), die umgekehrt das Vertragsrisiko auch dann zu tragen hat, wenn der Vorstand die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt.

Aus dem Vergleich mit einer Ermessenstantieme kann die aktienrechtliche Zulässigkeit einer kompensationslosen Anerkennungsprämie ebenfalls nicht gefolgert werden. Denn die Ermessenstantieme, die entsprechend einer dienstvertraglichen Regelung nach Ablauf des Geschäftsjahres bezahlt und deren Höhe nach pflichtgemäßem Ermessen vom Präsidium oder seinem Vorsitzenden festgesetzt wird, zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sich für sie im Dienstvertrag eine Anspruchsgrundlage findet und deshalb von ihr regelmäßig eine Anreizwirkung ausgeht, besondere Leistungen zu erbringen.

Entgegen der Meinung der Verteidigung ergibt sich die „normative Legitimation“ einer kompensationslosen Anerkennungsprämie auch nicht aus der neueren Gesetzgebung. Entsprechendes kann weder dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KontraG) vom 27. April 1998 (BGBl. I S. 786), dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3822) oder dem Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2802 Nr. 60) entnommen werden. Dasselbe gilt für die Ziffern 4.2.2. und 4.2.3. des Deutschen Corporate Governance Kodex, der lediglich Empfehlungen zur inhaltlichen Ausgestaltung von Dienstverträgen mit Vorstandsmitgliedern gibt, sich aber nicht zur Zulässigkeit einer nachträglichen kompensationslosen Anerkennungsprämie verhält.

dd) Aus alledem folgt hier:

Nach den Urteilsfeststellungen waren die Sonderzahlungen in der konkreten Situation der beschlossenen Übernahme, die durch den bevorstehenden Verlust der wirtschaftlichen Selbständigkeit, das sich abzeichnende Ausscheiden der Führungskräfte und eine neue Unternehmensstrategie entsprechend den Vorgaben von Vodafone gekennzeichnet war, für die Mannesmann AG ohne jeden Nutzen. Die Leistungen der bedachten Vorstandsmitglieder waren, auch soweit sie zu erheblichen Steigerungen des tatsächlichen Unternehmenswertes sowie des von spekulativen Gesichtspunkten mit beeinflussten Börsenwertes geführt hatten, durch die dienstvertraglich vereinbarten Vergütungen abgegolten. Nach den Dienstverträgen waren diese verpflichtet, ihre gesamte Arbeitskraft uneingeschränkt für die Mannesmann AG einzusetzen. Dies gilt auch für die Aktivitäten während des Übernahmekampfes und der bevorstehenden Integrationsphase. Eine Anreizwirkung für die Begünstigten, für andere aktive Vorstandsmitglieder oder potentielle zukünftige Führungskräfte konnte von den Sonderzahlungen nicht mehr ausgehen. Diese waren insbesondere nicht geeignet, die vier Vorstandsmitglieder als Leistungsträger zukünftig an das Unternehmen zu binden. Auch das Ansehen der Mannesmann AG in der Öffentlichkeit wurde durch die Anerkennungsprämien nicht gefördert. Ein Interesse der Gesamtheit der Aktionäre, der Gesellschaftsgläubiger, der Arbeitnehmer oder der Öffentlichkeit, das bei der Frage, ob die Präsidiumsmitglieder bei der Zuerkennung der Anerkennungsprämien im Unternehmenswohl handelten, mit zu berücksichtigen wäre (vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. § 76 Rdn. 12), lag nicht vor. Insbesondere waren die freiwilligen Sonderzahlungen auch von keinem Nutzen für die Aktionäre, weil die Steigerung des Börsenwertes – von den Anerkennungsprämien unabhängig – bereits eingetreten und das Umtauschverhältnis für die Aktien festgelegt war.

Da somit die Anerkennungsprämien das Vermögen der Mannesmann AG ohne Kompensation minderten, durften die Präsidiumsmitglieder diese nicht bewilligen. Ein Handlungsspielraum war ihnen nicht eröffnet. Daher haben die Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ihre Vermögensbetreuungspflicht verletzt und dadurch der Gesellschaft in Höhe der gezahlten Prämien einen Nachteil zugefügt. Dabei kann offen bleiben, welche der beiden Tatbestandsvarianten des § 266 Abs. 1 StGB – Missbrauchs- oder Treubruchstatbestand – verwirklicht worden ist, was davon abhängt, ob die Zuwendungen zivilrechtlich wirksam sind oder nicht (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, 25. Aufl. § 266 Rdn. 17 m. w. N.). Denn die verletzte Pflicht zur Betreuung fremden Vermögens ist für beide Tatbestandsalternativen identisch; der Missbrauchstatbestand ist lediglich ein Spezialfall des umfassenderen Treubruchstatbestandes (vgl. BGHSt 24, 386, 387 f.; 47, 187, 192; BGH NJW 1984, 2539, 2540).

Soweit die Verteidigung versucht, die den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts durch Angriffe gegen die Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen, erschöpfen sich ihre Ausführungen weitgehend in einer eigenen Beweiswürdigung. Damit kann sie im Revisionsverfahren nicht gehört werden. Selbst wenn sie insoweit Rechtsfehler aufzeigen würde, könnte dies nicht dazu führen, dass der Senat eigene Feststellungen trifft, die die Freisprüche rechtfertigen könnten. Auch die vom Landgericht aus diesen Feststellungen gezogenen aktienrechtlichen Wertungen sind – entgegen der Auffassung der Verteidigung – nicht zu beanstanden.

c) Das von der Geschäftsleitung der Übernehmerin Vodafone erklärte Einverständnis mit den Prämien steht der Annahme einer Pflichtverletzung nicht entgegen.

Da der Untreuetatbestand den Zweck hat, das dem Treupflichtigen anvertraute fremde Vermögen zu schützen (vgl. BGHSt 43, 293, 297), ist die Vermögensbetreuungspflicht des § 266 Abs. 1 StGB in der Regel nicht verletzt, wenn der Vermögensinhaber sein Einverständnis mit der Vermögensschädigung erklärt hat (vgl. BGHSt 3, 23, 25; siehe auch BGHSt 9, 203, 216, wonach die Rechtswidrigkeit entfällt; offen gelassen in BGHSt 30, 247, 249). Bei einer Aktiengesellschaft ist Voraussetzung für ein strafrechtlich bedeutsames Einverständnis mit einer kompensationslosen Anerkennungsprämie, dass es entweder von dem Alleinaktionär oder von der Gesamtheit der Aktionäre durch einen Beschluss der Hauptversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinns (§ 58 Abs. 3 Satz 1, § 174 Abs. 1 Satz 1 AktG, vgl. Kropff in MünchKomm-AktG2 . Aufl. § 174 Rdn. 32) erteilt worden ist, nicht gegen Rechtsvorschriften verstößt oder aus sonstigen Gründen ausnahmsweise als unwirksam zu bewerten ist (vgl. BGHSt 35, 333, 335 ff.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 37).

Das Einverständnis von Vodafone mit den Sonderzahlungen lässt schon deshalb eine Untreue nicht entfallen, weil es an der erforderlichen Zustimmung aller Anteilseigner der Mannesmann AG oder der diese repräsentierenden Hauptversammlung fehlt. Die Mannesmann AG, der gegenüber die Präsidiumsmitglieder vermögensbetreuungspflichtig waren, war als juristische Person rechtlich selbständig und Inhaberin eines eigenen Vermögens, das allen Aktionären in ihrer Gesamtheit zustand. Ein Einverständnis aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung lag nach den Feststellungen nicht vor. Die Übernehmerin Vodafone, die im Zeitpunkt der Zustimmung am 3. Februar 2000 lediglich 9,8 % des Grundkapitals hielt und im Zeitpunkt der Prämienauszahlungen Ende März 2000 mit 98,66 % des Grundkapitals nur Mehrheitsaktionärin war, wurde erst im Jahre 2002 nach Abfindung der übrigen Aktionäre alleinige Inhaberin der Mannesmann AG. Dies reicht für ein rechtlich wirksames Einverständnis in die Vermögensschädigung nicht aus, weil ein solches vor der Tat erteilt worden sein muss (vgl. Lenckner in Schönke/Schröder aaO vor § 32 Rdn. 44; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. vor § 32 Rdn. 3 b). Das Einverständnis eines zukünftigen Alleinaktionärs ist somit für den Schuldspruch ohne Bedeutung, kann aber – je nach den Umständen – als den Unrechtsgehalt erheblich mindernder Faktor die Strafzumessung beeinflussen.

2. Soweit die Strafkammer meint, bei risikoreichen unternehmerischen Entscheidungen setze die Annahme einer tatbestandsmäßigen Untreue zusätzlich eine „gravierende“ Pflichtverletzung voraus, die hier nach einer Gesamtschau vor allem im Hinblick auf die gute Ertrags- und Vermögenslage der Mannesmann AG, die Wahrung innerbetrieblicher Transparenz, die ausreichende Kenntnis der Präsidiumsmitglieder von den maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen sowie auf das Fehlen sachwidriger Motive zu verneinen sei, kann dem nicht gefolgt werden.

Für ihre Meinung hat sich die Strafkammer auf zwei Urteile des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHSt 47, 148, 149 f., 152; 47, 187, 197 f.) gestützt, aus denen auch Teile der Literatur (vgl. Dierlamm StrafFo 2005, 397, 402 f.; Wollberg ZIP 2004, 646, 656 f.; Braum KritV 2004, 67, 76 f.) entsprechende Folgerungen ableiten. Eine nähere Analyse dieser Urteile erweist indes, dass auch der 1. Strafsenat bei risikobehafteten unternehmerischen Entscheidungen keineswegs eine gravierende Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht verlangt. Im Übrigen läge, selbst wenn man eine solche Auslegung für geboten halten wollte, die Voraussetzung einer risikobehafteten Entscheidung hier nicht vor.

a) In dem Urteil BGHSt 47, 148, das sich mit der Frage strafbarer Untreue durch die Vergabe von Krediten befasst, stellt der 1. Strafsenat fest, dass die Annahme, die Entscheidungsträger hätten bei der Gewährung eines später Not leidend gewordenen Kredits ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Kreditinstitut verletzt, nicht schlicht darauf gestützt werden könne, dass einzelne der Banküblichen Informations- und Prüfungspflichten – wie im dort gegebenen Fall – nicht eingehalten worden seien. Für die Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes sei – so die Entscheidung wörtlich – „maßgebend, ob die Entscheidungsträger … ihre Informations- und Prüfungspflichten bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers gravierend verletzt haben“ (BGHSt 47, 148, 150). Danach bezieht sich das Merkmal „gravierend“ nicht auf das Tatbestandsmerkmal der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht. Es ist vielmehr – sowohl nach dem Wortlaut der zitierten Wendung als auch nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe – unmissverständlich auf die Verletzung der Informations- und Prüfungspflicht bezogen. Mit der Klarstellung, dass nicht die Verletzung jeder Sorgfaltspflicht bei der Entscheidungsfindung für ein nach § 266 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßiges Verhalten ausreicht, ist aber nichts anderes zum Ausdruck gebracht als das, was nach dem Gesetz in seiner Auslegung durch die ständige Rechtsprechung ohnehin gilt: § 266 StGB ist nur anwendbar, wenn die in Frage stehende Maßnahme – nach dem Ergebnis der durchgeführten und erforderlichen Prüfungen – die Pflicht zur Wahrnehmung der interessen des Vermögensinhabers verletzt. In der Sache wird danach nur der in der Rechtsprechung und Literatur anerkannte weite Beurteilungs- und Ermessensspielraum, ohne den risikobehaftete unternehmerische Entscheidungen nicht möglich sind, für Fälle der Kreditvergabe weiter ausgestaltet und klargestellt, dass nicht jeder Pflichtenverstoß bereits eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB begründet.

b) Auch in seinem Urteil BGHSt 47, 187, das sich mit Fragen der Untreue durch Unternehmensspenden befasst, hat der 1. Strafsenat nicht die Auffassung vertreten, dass im Bereich risikobehafteter unternehmerischer Entscheidungen der Untreuetatbestand lediglich auf gravierende Verletzungen der Vermögensfürsorgepflicht angewandt werden könne. Das kommt schon im Leitsatz des Urteils „… genügt für die Annahme einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung; diese muss vielmehr gravierend sein“ deutlich zum Ausdruck und steht nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe außer Zweifel. Anliegen des Urteils ist es, speziell für den Bereich der Unternehmensspenden in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen unter Berücksichtigung der diese Fallgruppe prägenden Besonderheiten – insbesondere auch mit Blick darauf, dass sich deren Werbewirkung keinesfalls exakt messen lässt und der wirtschaftliche Nutzen für das spendende Unternehmen nicht genau bestimmt werden kann – die Notwendigkeit eines weiten Handlungsspielraums des Entscheidungsträgers zu betonen und Kriterien für die Beurteilung anzubieten, ob sich die Gewährung der Spende im Einzelfall im Rahmen dieses Spielraums hält. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, welche Aussagekraft den vom 1. Strafsenat verwendeten Kriterien im Einzelnen zukommt und ob ihre Zusammenstellung insgesamt hilfreich ist. Desgleichen bedarf es keiner Auseinandersetzung damit, ob die Problematik der Unternehmensspenden dadurch sachgerechter gelöst werden könnte, dass die Annahme einer strafbaren Untreue nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ ausscheidet, solange nur ein die Spende kompensierender Nutzen für das Unternehmen möglich erscheint (vgl. Samson, Untreue durch Unternehmensspenden? in Non Profit Law Yearbook 2004 S. 233, 241). Jedenfalls kann die Verteidigung auch das Urteil BGHSt 47, 187 nicht für ihre Auffassung in Anspruch nehmen, dass bei unternehmerischen Entscheidungen nur „gravierende“ Verletzungen der Vermögensfürsorgepflicht als tatbestandsmäßige Untreuehandlungen in Betracht kommen.

c) Unabhängig davon, ob die Urteile des 1. Strafsenats in dem vom Landgericht und Teilen der Literatur angenommenen Sinn verstanden werden könnten, bieten sie für eine Verneinung des objektiven Tatbestandes hier keine Grundlage. Die Entscheidung zur Unternehmensspende betrifft einen in keiner Weise vergleichbaren Sachverhalt. Gegenstand des Urteils zur Kreditvergabe ist ausschließlich eine risikobehaftete unternehmerische Prognoseentscheidung. In diesem Fall hatten die Entscheidungsträger die Aussicht auf den möglichen Nutzen und Vorteil der Maßnahme für das Unternehmen mit dem Risiko eines Nachteils – Ausfall des Kredits – abzuwägen. Die Unwägbarkeiten dieser Entscheidung sind der Grund für die Anerkennung eines Handlungsspielraums, dessen Betonung und Ausgestaltung Anliegen des 1. Strafsenats war.

Demgegenüber standen die Angeklagten Prof. Dr. Funk, Dr. Ackermann und Zwickel nicht in der Situation einer in dem beschriebenen Sinne risikobehafteten Entscheidung, als sie die Bewilligung der Anerkennungsprämien zugunsten des Angeklagten Dr. Esser und der vier weiteren Vorstandsmitglieder beschlossen. Die Zuerkennung der Prämien hatte – wie dargelegt – für das zu betreuende Vermögen der Mannesmann AG ausschließlich nachteilige Wirkungen. Ein im Übrigen auch nicht angestrebter, irgendwie gearteter Vorteil für die Gesellschaft konnte unter den gegebenen Umständen – ersichtlich – nicht eintreten. Damit bestand für die Präsidiumsmitglieder kein Handlungsspielraum. Für solche Fallgestaltungen steht auch nach der Rechtsprechung des 1. Strafsenats außer Frage, dass die Entscheidungsträger die ihnen obliegende Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB verletzen, ohne dass dem Merkmal einer „gravierenden“ Pflichtverletzung irgendeine Bedeutung zukommen kann (vgl. auch BGH, Urt. vom 22. November 2005 – 1 StR 571/04).

d) Da die genannten Urteile des 1. Strafsenats der Entscheidung des erkennenden Senats nicht entgegenstehen, ist eine Anfrage gemäß § 132 Abs. 2 und 3 GVG – abgesehen davon, dass die Ausführungen in BGHSt 47, 187, 197 zur Notwendigkeit „gravierender“ gesellschaftsrechtlicher Pflichtverletzungen nicht tragend sind – nicht veranlasst.

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