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BGH, Urteil vom 21. März 2013 – III ZR 260/11

GmbHG §§ 30, 31, 60, 70, 72

a) Bei Schädigung von Rechtsgütern oder des Vermögens einer Personenhandelsgesellschaft kann Ausgleich des Schadens allein im Gesellschaftsvermögen, nicht aber beim einzelnen Gesellschafter verlangt werden (vgl. BGH, Urteile vom 17. Juni 1953 – II ZR 205/52, BGHZ 10, 91, 100 und vom 17. März 1987 – VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 194), da bei einer handelsrechtlichen Gesamthand nur die Gesellschaft selbst ersatzberechtigt ist, weil die Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens im Rahmen des § 124 HGB und die damit verbundene eigene Anspruchsberechtigung und Verpflichtungsfähigkeit der Gesellschaft einem eigenen Anspruch des Gesellschafters entgegenstehen (BGH a. a. O.).

b) Nach ständiger Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs steht einem Gesellschafter ein Anspruch auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich wegen einer Minderung des Werts seiner Beteiligung, die aus einer Schädigung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Schädigung der Gesellschaft
resultiert (sogenannte „Reflexschäden“), grundsätzlich nicht zu. Vielmehr kann er wegen der Grundsätze der Kapitalerhaltung, der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens sowie des Gebots der Gleichbehandlung aller Gesellschafter auch aus einem eigenen Anspruch gegen den Ersatzpflichtigen in der Regel allein Leistung an die Gesellschaft verlangen (vgl. Urteile vom 10. November 1986 – II ZR 140/85, NJW 1987, 1077, 1079; vom 29. Juni 1987 – II ZR 173/86, NJW 1988, 413, 414 und vom 11. Juli 1988 – II ZR 243/87, BGHZ 105, 121, 130 f). Aus den Regelungen in § 117 Abs. 1 Satz 2 und § 317 Abs. 1 Satz 2 AktG, die jeweils einen eigenen Anspruch des Aktionärs wegen eines „Reflexschadens“ von vornherein ausschließen, um zu verhindern, dass der Aktionär der Gesellschaft zuvorkommt und dieser dadurch die Realisierung ihres Anspruchs erschwert (vgl. BR-Drucks. 100/60a S. 147 zu § 113 AktG-E), hat der II. Zivilsenat in Übereinstimmung mit großen Teilen der Literatur den verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken abgeleitet, dass generell, also auch bei Bestehen eines eigenen Schadensersatzanspruchs des Gesellschafters gegen den Schädiger, der Ausgleich solcher mittelbarer Schäden, die allein auf der Schädigung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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beruhen, in das Privatvermögen des Gesellschafters nicht in Betracht kommt (vgl. Urteile vom 10. November 1986, vom 29. Juni 1987 und vom 11. Juli 1988, jeweils a. a. O.; MünchKommBGB/Oetker a. a. O § 249 Rn. 288; MünchKommAktG/Spindler, 3. Aufl., § 93 Rn. 283 und § 117 Rn. 52).

c) Etwas anderes kann jedoch bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen gelten, die aus einem Vertragsverhältnis herrühren, welches im ausschließlichen Interesse der Gesellschafter bzw. Anleger geschlossen wurde (hier: Mittelverwendungskontrollvertrag). Der Mittelverwendungskontrollvertrag dient nicht dem Interesse der Gesellschaft, sondern dem Schutz des Interesses der Kommanditisten gegenüber der Gesellschaft und deren Komplementärin (zur Schutzrichtung eines zugunsten der Anleger von einer Fondsgesellschaft als Versprechensempfängerin geschlossenen Mittelverwendungskontrollvertrags vgl. auch Senat, Urteil vom 19. November 2009 – III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 Rn. 19 f). Zur Vermeidung einer potenziellen Entwertung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung der begünstigten Anleger hat der Mittelverwendungskontrolleur gegebenenfalls eine Mittelverwendung zu verhindern, die auch die Gesellschaft selbst schädigen konnte. Gegenüber der Gesellschaft besteht die Kontrollpflicht indes nicht. Ein in Folge einer Verletzung der im Verhältnis zu den Kommanditisten bestehenden Schutzpflicht des Mittelverwendungskontrolleurs im Vermögen der Kommanditisten entstandener Schaden ist daher nicht lediglich ein „Reflexschaden“ eines zugleich im Vermögen der Gesellschaft entstandenen Schadens. Es handelt sich vielmehr um einen eigenständig zu bewertenden und gegenüber den Kommanditisten auszugleichenden Schaden. Könnte der geschädigte Anleger vorliegend in Anwendung der vom II. Zivilsenat entwickelten gesellschaftsrechtlichen Grundsätze nur Leistung an die Gesellschaft fordern, so käme die Ersatzleistung vor allem – wenn nicht angesichts der Insolvenz und der vorrangigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger sogar ausschließlich – der Schuldnerin beziehungsweise ihren Gläubigern zugute. Damit würde der Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrags weitgehend verfehlt. Denn durch ihn werden weder die Interessen der Schuldnerin noch die Interessen ihrer Gläubiger geschützt.

Schlagworte: Gesamthandsvermögen, Gesellschaftsvermögen, Gleichbehandlung, Kapitalerhaltung, Mittelverwendungskontrolle, Reflexschaden, Schadensersatzanspruch