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BGH, Urteil vom 23. Februar 1981 – II ZR 229/79

Ausschluss Verschulden anderer Gesellschafter

GmbHG § 61; HGB §§ 133, 140, 142

Zum Auflösungsgrund nach § 61 Abs. 1 GmbHG. Die Auflösungsklage ist abzuweisen, wenn gegen den Auflösungskläger die Ausschließung betrieben wird und gerechtfertigt erscheint. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Ausschließung eines Gesellschafters gerechtfertigt ist, wenn den Ausschließungskläger ein Mitverschulden, den Ausschließungsbeklagten aber das überwiegende Verschulden trifft.

Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß das hier festgestellte tiefgreifende unheilbare Zerwürfnis zwischen den Gesellschaftern einen wichtigen Grund zur Auflösung der GmbH bilden kann. Nach § 61 Abs. 1 GmbHG müssen zwar die wichtigen Gründe, die eine Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
rechtfertigen sollen, in den Verhältnissen der Gesellschaft – nicht der Gesellschafter – liegen. Bei einer GmbH, die, wie hier, auf die persönliche Zusammenarbeit aller Gesellschafter angelegt und angewiesen ist, bei der insbesondere die Einsetzung außenstehender Dritter als Geschäftsführer nicht in Betracht kommt, sind diese Voraussetzungen jedoch auch dann gegeben, wenn Zerwürfnisse zwischen den Gesellschaftern eine gedeihliche Zusammenarbeit unmöglich machen. In Fällen dieser Art wird unmittelbar der Bestand der Gesellschaft gefährdet.

Ein tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den Gesellschaftern einer GmbH, die der handelsrechtlichen Personengesellschaft angenähert ist, bildet ohne Rücksicht darauf einen wichtigen Grund zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
, worin die Ursache zu sehen ist. Die Annahme eines die Auflösung rechtfertigenden wichtigen Grundes setzt insbesondere kein Verschulden voraus. Ein Verschulden des Klägers selbst steht der Auflösung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn beide Seiten das Zerwürfnis gleichermaßen schuldhaft verursacht haben. Andererseits kann eine Auflösungsklage dann keinen Erfolg haben, wenn durch Maßnahmen, die den Fortbestand der Gesellschaft sichern, Abhilfe geschaffen werden kann. Demgemäß muß der Auflösungsantrag grundsätzlich dann abgewiesen werden, wenn die Ausschließung des Auflösungsklägers gerechtfertigt erscheint. Das steht in Einklang damit, daß sich das Recht zur Ausschließung aus wichtigem Grunde auf die Treuepflicht der Gesellschafter und auf die vorgehenden Interessen der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafter
Interessen der Gesellschafter
an der Fortführung der Gesellschaft gründet (BGHZ 9, 157, 163). Die mit der Auflösung einer Gesellschaft verbundenen Folgen sind gegenüber den anderen Gesellschaftern sachlich nicht zu rechtfertigen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die die Ausschließung des auf Auflösung klagenden Gesellschafters rechtfertigen. Das gilt in besonderem Maße für den Fall, daß, wie hier, die Ausschließungsklage bereits erhoben ist.

Das Berufungsgericht hat die dem Kläger zum Vorwurf gemachten Pflichtwidrigkeiten rechtsfehlerhaft nur darauf geprüft und beurteilt, ob dadurch die „Zerrüttung“ zwischen den Gesellschaftern verursacht worden ist oder das bestehende Zerwürfnis sich vertieft hat. Dem Wortlaut seiner zusammenfassenden Würdigung (BU 46) könnte allerdings entnommen werden, daß das Berufungsgericht die vom Streithelfer vorgebrachten Gründe zur Ausschließung des Klägers in umfassender Weise geprüft hat. Aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe (insbesondere aus den Ausführungen Bl. 21/22, 23/24, 25, 27, 29) ergibt sich jedoch, daß die Ausführungen nur diesen Punkt betreffen. Die Würdigung der Verfehlungen des Klägers könnte überdies deshalb der rechtlichen Nachprüfung nicht standhalten, weil das Berufungsgericht teils unstreitige, teils von der Beklagten behauptete schwerwiegende Verfehlungen des Klägers nicht berücksichtigt hat.

Die schuldhafte Herbeiführung eines tiefgreifenden unheilbaren Zerwürfnisses stellt nur einen von mehreren möglichen Ausschließungsgründen dar. Die Ausschließbarkeit eines GmbH-Gesellschafters aus wichtigem Grunde ohne satzungsmäßige Grundlage wird wesentlich aus dem das bürgerliche Recht und das Handelsrecht beherrschenden Grundsatz abgeleitet, daß Rechtsverhältnisse von längerer Dauer, die stark in die Lebensbetätigung der Beteiligten eingreifen oder eine besondere gegenseitige Interessenverflechtung mit sich bringen und ein persönliches Zusammenarbeiten, ein gutes Einvernehmen oder ein ungestörtes gegenseitiges Vertrauen der Beteiligten erfordern, vorzeitig gelöst werden können, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (BGHZ 9, 157, 161 f). Aus dem Umstand, daß nach den Feststellungen des Berufungsgerichts als Grund zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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nur das zwischen den Gesellschaftern bestehende unheilbare Zerwürfnis in Betracht kommt, folgt nicht, daß auch die Entscheidung darüber, ob ein wichtiger Grund vorliegt, der die Ausschließung des Klägers rechtfertigt, nur diesen Tatbestand einbeziehen darf.

Dementsprechend müssen die Vorwürfe des Streithelfers gegen den Kläger, die das Berufungsgericht für berechtigt ansieht, nicht nur unter dem Gesichtspunkt gewürdigt werden, ob sie für das Zerwürfnis ursächlich waren oder dieses vertieft haben. Es bedarf vielmehr auch einer Würdigung der Gesamtumstände insbesondere unter dem Gesichtspunkt, ob die darin zu sehende Verletzung der Gesellschafterpflichten die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm (dem Kläger) unzumutbar macht und die Gesellschaft ohne ihn fortbestehen könnte. Das gilt insbesondere für die vom Berufungsgericht als berechtigt anerkannten Vorwürfe, der Kläger und Dr. W. S. hätten auf Kosten der Gesellschaft Gartenarbeiten und Wildfuttertransporte ausführen lassen (BU 33/34), zur Finanzierung eigener Prozesse 20.000 DM an ihren Prozeßbevollmächtigten überwiesen (BU 40/41) und zur Zahlung ihrer Einkommensteuer unter Verstoß gegen einen am 9. November 1977 geschlossenen Vergleich Entnahmen getätigt (BU 41), der Kläger habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, als er dem Streithelfer die Auszahlung eines Darlehens verweigert habe, das er selbst und Dr. W. S. beansprucht hätten.

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