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BGH, Urteil vom 24. Mai 1993 – II ZR 36/92

BGB §§ 242, 738

a) Eine Abfindungsklausel, die eine unter dem wirklichen Anteilswert liegende Abfindung vorsieht, kann unanwendbar sein, wenn wegen der seit dem Vertragsschluss eingetretenen Änderung der Verhältnisse dem Ausscheidenden das Festhalten an der gesellschaftsvertraglichen Regelung auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Mitgesellschafter nicht zugemutet werden kann. Dabei sind die gesamten Umstände des konkreten Falles in Betracht zu ziehen.

b) Bei der Schätzung des Werts des Gesellschaftsvermögens ist der Tatrichter nicht an eine bestimmte Wertermittlungsmethode gebunden.

Dieser Einwand ist nicht berechtigt. Der Senat hat zwar in dem oben bereits erwähnten Urteil vom 24. September 1984 (aaO) ausgeführt, daß ein die Unwirksamkeit einer Buchwertklausel bedingendes Mißverhältnis „nicht schon … dann bejaht werden kann, wenn in großem Umfange stille Reserven festzustellen sind“. Es trifft auch zu, daß die Ermittlung des Unternehmenswerts in vielen, wenn nicht den meisten Fällen auf eine Ertragswertberechnung hinauslaufen wird. Das muß aber nicht in jedem Fall so sein. Bei der Schätzung des Werts des Gesellschaftsvermögens nach § 738 Abs. 2 BGB ist der Tatrichter trotz der seit längerem eindeutig vorherrschenden Berechnungsweise auf der Grundlage des Ertragswerts (vgl. die Nachweise in BGHZ 116, 359, 370 f. sowie bei Ulmer, FS Quack, 1991, S. 477, 479) nicht an eine bestimmte Wertermittlungsmethode gebunden (vgl. BGH, Urt. v. 24. Oktober 1990 – XII ZR 101/89, NJW 1991, 1547, 1548, zur Bewertung einer Arztpraxis). Insbesondere kann bei überdurchschnittlich hohem Anteil des nicht betriebsnotwendigen Vermögens dem Substanzwert eine erhöhte Bedeutung zukommen. Im vorliegenden Fall soll es sich nach dem Vorbringen des Beklagten vorwiegend um ausgebeutete Steinbruchgrundstücke handeln. Wird, wie hier, substantiiert behauptet, die bilanzielle Unterbewertung des Anlagevermögens führe zu einem das Zehnfache des Buchwerts betragenden Substanzwert, so wird dies im allgemeinen zur Darlegung eines groben Mißverhältnisses zwischen Anteilswert und vereinbarter Abfindung nach dem Buchwert ausreichen; anders könnte es nur sein, wenn sich aus dem sonstigen Prozeßstoff Anhaltspunkte dafür ergeben, daß jene Unterbewertung im konkreten Fall keine hinreichende Aussagekraft für den Wert des Unternehmens hat. Auf welche Weise dieser letztlich zu ermitteln ist, bleibt sodann in erster Linie dem Tatrichter vorbehalten. Dieser wird, wenn, wie hier, der Klagevortrag bestritten wird, ein Sachverständigengutachten einholen müssen.

c) Kann dem ausscheidenden Gesellschafter das Festhalten an der vertraglichen Abfindungsregelung nicht zugemutet werden, so ist die Abfindung anderweitig unter Berücksichtigung der veränderten Verhältnisse und des wirklichen oder mutmaßlichen Willens der Vertragsschließenden festzusetzen.

Schlagworte: Abfindung, Abfindung des ausgeschiedenen Gesellschafters, Abfindung zum Verkehrswert, Abfindungsbeschränkung, Abfindungsklausel, anfänglich unwirksame Abfindungsklauseln, Ausscheiden, Ausschluss, Beschränkung der Abfindung, Bewertungsmethoden, Buchwert höher als Verkehrswert, Entscheidung über Ermittlung des Unternehmenswert ist Sache des Tatrichters, Ertragswertmethode, Gesellschaftsvertrag, Hoher Anteil an nicht betriebsnotwendigen Vermögen, Interessenabwägung, nachträglich unangemessene Abfindungsklausel, nachträgliche Anpassung, Substanzwertmethode