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BGH, Urteil vom 26. Juli 2012 – 1 StR 492/11

§ 41 Abs 2 S 1 AO, § 41 Abs 2 S 2 AO, § 42 Abs 1 S 1 AO, § 369 AO, §§ 369ff AO, § 8 Abs 3 S 2 KStG, § 20 Abs 1 Nr 1 EStG, § 1 Abs 1 Nr 1 UStG

Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass Geschäftschancen, die ein Gesellschafter „seiner“ Gesellschaft nimmt, verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auslösen können.

Eine verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gewinnausschüttung
verdeckte Gewinnausschüttung
im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens (d.h. den Unterschiedsbetrag gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Dabei muss die Minderung des Unterschiedsbetrags geeignet sein, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 17. April 2008 – 5 StR 547/07, NStZ 2009, 157, 158 und vom 24. Mai 2007 – 5 StR 72/07, DStRE 2008 S. 169, 170 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs; vgl. auch BFH, Urteil vom 19. Juni 2007 – VIII R 54/05, BStBl II 2007, 830, 832).

Zur Abgrenzung, ob Zuwendungen an einen Gesellschafter aus betrieblichen Gründen erfolgten oder mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt wurden, ist regelmäßig ein Fremdvergleich vorzunehmen (vgl. BFH, Urteil vom 22. Dezember 2010 – I R 47/10, GmbHR 2011, 601; Gosch in Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rn. 340). Hiernach ist dann eine Veranlassung durch das GesellschaftsverhältnisBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaftsverhältnis
Veranlassung
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis
anzunehmen, wenn die Gesellschaft den zugewendeten Vermögensvorteil bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 – 5 StR 72/07, DStRE 2008, 169, 170; BFH aaO mwN).

Ein solcher aus Gründen des Gesellschaftsverhältnisses gewährter Vorteil kann dabei auch darin liegen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer Geschäftschancen, die der Kapitalgesellschaft gebühren, als Eigengeschäft wahrnimmt oder Kenntnisse der Gesellschaft über geschäftliche Möglichkeiten tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art an sich zieht und für eigene Rechnung nutzt (vgl. BFH, Beschluss vom 9. Juli 2003 – I B 194/02, GmbHR 2003, 1019 f. mwN; zur sog. Geschäftschancenlehre vgl. zusammenfassend Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, Anhang zu § 8 KStG, Stand: 13. Oktober 2010, Rn. 87 ff.).

Es steht außer Zweifel, dass ein ordentlicher Geschäftsleiter die lukrativen Geschäftschancen, die sich letztlich aus der zwischen den Angeklagten und H.   gemeinsam erfolgten Entwicklung der Idee zum „Veloursband“ ergaben, nicht unentgeltlich aufgegeben hätte. Entzieht jedoch ein Gesellschafter aus gesellschaftsrechtlichen Gründen „seiner“ Gesellschaft eine Geschäftschance, so vollzieht sich die verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gewinnausschüttung
verdeckte Gewinnausschüttung
regelmäßig in diesem einmaligen Akt (vgl. Neumann in Kallmeyer u.a. GmbH-Handbuch, Teil III, 5. Abschn., 136. Lfg. April 2011, Rn. 1905 mwN; vgl. auch BFH, Urteil vom 7. August 2002 – I R 64/01, DStRE 2003, 104, 106 unter II.A.2.b.cc). Dies gilt auch dann, wenn sich beim Gesellschafter der Vorteil – wie hier – erst später realisiert (vgl. Neumann aaO mwN). Anhaltspunkte, die dementgegen vorliegend für eine sich jährlich wiederholende Aufgabe der Geschäftschance sprechen könnten, liegen nicht vor. Freilich hätten die Angeklagten – auf der Grundlage der rechtlichen Bewertung des Landgerichts – spätestens Ende 1998 mit der Beseitigung des ursprünglich zwischen H.   und T.      abgeschlossenen Konsortialvertrages und dem Abschluss des neuen Vertragswerks, bei dem nunmehr die A.   als Vertragspartnerin auftrat, alles Erforderliche getan, um der T.     die hier in Rede stehenden Geschäftschancen dauerhaft zu entziehen.

Schlagworte: Geschäftschancenlehre, Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns, verdeckte Gewinnausschüttung