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BGH, Urteil vom 27. November 1989 – II ZR 43/89

Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann das Berufungsurteil auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, die Beklagte zu 1 schulde der Klägerin den Gegenwert ihres eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens jedenfalls als Ausgleichsleistung dafür, daß sie im September 1987 mit der G. GmbH einen ProzeßVergleich über die teilweise Rückzahlung des von dieser Gesellschaft gewährten Darlehens geschlossen hat. Dies gilt selbst dann, wenn dieser Vergleich, wie zugunsten der Klägerin zu unterstellen ist, tatsächlich ebenfalls ein, wenn auch nur mittelbar eigenkapitalersetzendes Darlehen zum Gegenstand gehabt hätte, und wenn er ferner in seiner Wirksamkeit, was im Schrifttum im Hinblick auf § 31 Abs. 4 GmbHG nach Grund und Voraussetzungen nicht unumstritten ist (vgl. einerseits Goerdeler/Müller in Hachenburg, GmbHG 7. Aufl. § 31 Rdnr. 31; Baumbach/Hueck, GmbHG 15. Aufl. § 31 Anm. 18; andererseits Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG 12. Aufl. § 31 Rdnr. 19; vgl. ferner Rowedder, GmbHG § 31 Rdnr. 25), in seiner Wirksamkeit dadurch nicht berührt würde. Zwar kann, wie der Senat an anderer Stelle ausgesprochen hat (Urt. v. 15. Mai 1972 – II ZR 70/70, WM 1972, 931, 933), die Gewährung von Vorteilen nur an einzelne Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Behandlung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einen Anspruch der nicht begünstigten Gesellschafter auf eine entsprechende Ausgleichsleistung begründen. Ein solcher Anspruch kommt jedoch nicht in Betracht, wenn seine Erfüllung nur unter Verstoß gegen die zwingenden Kapitalerhaltungsregeln der §§ 30, 31 GmbHG möglich wäre, also im Ergebnis auf die Rückzahlung von im Gläubigerinteresse in der Gesellschaft gebundenem haftenden Kapital hinausliefe. Die Kapitalerhaltungsregeln gehen der Befriedigung mitgliedschaftsrechtlicher Ansprüche der Gesellschafter gegen die GmbH grundsätzlich vor. Dies hätte sogar dann zu gelten, wenn – was vorliegend nicht einmal in Betracht kommt, weil der Ausgleichsanspruch frühestens 1987 im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses mit der G. GmbH hätte entstehen können – der betreffende mitgliedschaftsrechtliche Anspruch im Zeitpunkt seiner Entstehung noch ohne Verstoß gegen § 30 GmbHG hätte erfüllt werden können (vgl. statt aller Baumbach/Hueck aaO § 30 Rdnr. 13). Von diesem Grundsatz kann erst recht keine Ausnahme gemacht werden, wenn der auszugleichende Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz schon seinerseits in einer Rückzahlung eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens besteht. Aus einer, wenn auch möglicherweise durch die Wirksamkeit des Vergleichs gedeckten, materiell-rechtlichen Verletzung der im Gläubigerinteresse zwingenden Kapitalerhaltungsregeln der §§ 30, 31 GmbHG zugunsten eines Gesellschafters kann, wie auch aus der Wertung des § 31 Abs. 3 GmbHG zu entnehmen ist, kein Mitgesellschafter das Recht herleiten, daß auch zu seinen Gunsten erneut, unter weiterer Schmälerung des gebundenen Stammkapitals oder weiterer Vertiefung einer bereits bestehenden Überschuldung gegen diese nicht zur Disposition der Gesellschafter und der Gesellschaft stehenden Regeln verstoßen wird. Darüber, ob, wie die Revisionserwiderung meint, der Klägerin gegen die für den Vergleichsschluß verantwortlichen Geschäftsführer der Beklagten zu 1 ein Schadensersatzanspruch entsprechend §§ 31 Abs. 3 und 6 GmbHG sowie unter dem Gesichtspunkt zustehen kann, daß wegen des vergleichsweisen Anerkenntnisses einer durchsetzbaren Forderung der G. GmbH mindestens auf längere Sicht ein höherer Betrag des von der Klägerin gewährten Darlehens als eigenkapitalersetzend für die Rückzahlung gesperrt sein kann, ist vorliegend nicht zu befinden. Eine solche Schadensersatzforderung ist nicht Gegenstand des zur Entscheidung stehenden Rechtsstreits.

Schlagworte: Treuepflicht und Grundsatz der Gleichbehandlung, Treuepflicht und Sondervorteile