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BGH, Urteil vom 28.04.2006 – LwZR 10/05

BGB §§ 2038, 2040

a) Die Kündigung eines Pachtvertrags über zu einem Nachlass gehörende landwirtschaftliche Flächen ist eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand. Denn der allgemeine Verfügungsbegriff, nach welchem Verfügungen Rechtsgeschäfte sind, durch die bestehende Rechte mit unmittelbarer Wirkung aufgehoben, übertragen, belastet oder inhaltlich verändert werden (siehe nur BGHZ 101, 24, 26), gilt auch für diese Vorschrift (AnwK-BGB/Ann, § 2040 Rdn. 4; Bamberger/Roth/Lohmann, BGB, § 2040 Rdn. 3; Erman/W. Schlüter, BGB, 11. Aufl., § 2040 Rdn. 1; MünchKomm-BGB/Heldrich, 4. Aufl., § 2040 Rdn. 4; Soergel/M. Wolf, BGB, 13. Aufl., § 2040 Rdn. 2; Staudinger/Werner, BGB [2002], § 2040 Rdn. 5). Deshalb ist u.a. die Ausübung von Gestaltungsrechten wie die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses eine Verfügung (AnwK-BGB/Ann, aaO, Rdn. 5; Bamberger/Roth/Lohmann, aaO; MünchKomm-BGB/Heldrich, aaO, Rdn. 8; Soergel/M. Wolf, aaO, Rdn. 3). Das gilt auch für die Kündigung eines Pachtvertrags über ein Nachlassgrundstück durch eine Erbengemeinschaft als Verpächterin (Staudinger/Werner, aaO, Rdn. 6 m.w.N.; Aufgabe von BGH, Beschluss vom 30. Januar 1951 – V BLw 36/50). Denn eine solche Kündigung ist zwar keine Verfügung über das verpachtete Grundstück, wohl aber eine Verfügung über die Rechte aus dem Pachtvertrag wie die ebenfalls zu dem Nachlass gehörende Pachtzinsforderung (Soergel/M. Wolf, aaO, Rdn. 3). Auch sie gehört zu den Rechten, auf die sich eine Verfügung im Sinne von § 2040 Abs. 1 BGB beziehen kann (MünchKomm-BGB/Heldrich, aaO, Rdn. 4). Durch die Kündigung des Vertrags wird das Recht aufgehoben, denn der Anspruch der Erbengemeinschaft auf Zahlung des Pachtzinses erlischt.

b) Verfügungen über einen Nachlassgegenstand können als Maßnahmen ordnungsmäßiger Nachlassverwaltung wirksam mit Stimmenmehrheit vorgenommen werden, wenn dadurch die auf den Erhalt des Nachlassbestands gerichteten Interessen der anderen Miterben nicht beeinträchtigt werden (ähnlich BGB-RGRK/Kregel, 12. Aufl., § 2040 Rdn. 2; Johannsen, WM 1970, 573, 576). Zwar soll sich nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Vorschrift des § 2038 BGB insgesamt nicht auf Verfügungen beziehen, weil hierfür die Sonderregelung des § 2040 Abs. 1 BGB gelte (BGH, Urteil vom 24.10.1962 – V ZR 1/61, BGHZ 38, 122, 124). Danach müssten Verfügungen über einen Nachlassgegenstand, auch wenn sie zugleich Maßnahmen der ordnungsmäßigen Nachlassverwaltung nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB sind, von sämtlichen Miterben gemeinschaftlich vorgenommen werden. Allerdings hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf Anfrage mitgeteilt, dass er an seiner in BGHZ 38, 122, 124 veröffentlichten Entscheidung nicht mehr festhält.

c) Der Zweck der Vorschrift des § 2040 Abs. 1 BGB besteht darin, jeden Miterben (und die Nachlassgläubiger) vor einer Entwertung des Nachlasses zu schützen (AnwK-BGB/Ann, § 2040 Rdn. 1; Bamberger/Roth/Lohmann, BGB, § 2040 Rdn. 1; MünchKomm-BGB/Heldrich, 4. Aufl., § 2040 Rdn. 1).

Schlagworte: Erbengemeinschaft, Kündigung, Mehrheitsklausel, ordnungsgemäße Verwaltung