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BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – II ZR 371/12

missbrauch Vertretungsmacht

BGB § 138Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 138
Cb, § 164

1. Ein Vertrag ist wegen sittenwidriger Kollusion nichtig, wenn ein von den Voraussetzungen des § 181 BGB befreiter Bevollmächtigter seine Vollmacht missbraucht, um mit sich als Geschäftsgegner ein Geschäft zum Nachteil des VertretenenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Nachteil
zum Nachteil des Vertretenen
abzuschließen. Ein solcher Fall liegt auch vor, wenn der Vertreter einen arglosen Untervertreter einschaltet oder er aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren, arglosen (Mit)-Vertreter zu dem Geschäft veranlasst und so das Insichgeschäft verschleiert.

Wenn ein Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des VertretenenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Nachteil
zum Nachteil des Vertretenen
ein Geschäft abschließt, verstößt das Geschäft wegen einer sittenwidrigen Kollusion gegen die guten Sitten und ist nichtig (§ 138 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1988 – VI ZR 233/87, NJW 1989, 26 f.; Urteil vom 14. Juni 2000 – VIII ZR 218/99, NJW 2000, 2896, 2697). Aus diesem Grund ist auch ein Vertrag nichtig, wenn ein von den Voraussetzungen des § 181 BGB befreiter Bevollmächtigter seine Vollmacht missbraucht, um mit sich als Geschäftsgegner ein Geschäft zum Nachteil des VertretenenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Nachteil
zum Nachteil des Vertretenen
abzuschließen (BGH, Urteil vom 25. Februar 2002 – II ZR 374/00, ZIP 2002, 753; Urteil vom 13. September 2011 – VI ZR 229/09, ZIP 2011, 2005 Rn. 9). Ein Fall einer sittenwidrigen Kollusion liegt auch vor, wenn der Vertreter nicht selbst handelt, sondern einen arglosen Untervertreter einschaltet oder er aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren, arglosen (Mit)-Vertreter zu dem Geschäft veranlasst und so das Insichgeschäft verschleiert.

Ein solcher Fall des kollusiven Zusammenwirkens liegt nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Klägerin vor. Danach hat der Beklagte zu 3 Rechtsanwältin M. veranlasst, von ihrer Vollmacht für die Q. AG mit dem Verkauf an die Schwester des Beklagten zu 3 Gebrauch zu machen. Wenn Rechtsanwältin M. nicht selbst bösgläubig war, wie das Berufungsgericht angenommen hat, musste aus ihrer Sicht das Ansinnen des Beklagten zu 3 der Q. AG als formeller Inhaberin der Geschäftsanteile zuzurechnen sein, wozu in erster Linie die dem Beklagten zu 3 erteilte Vollmacht vom 21. Januar 2009 in Frage kommt. Der Beklagte zu 3 hat damit seine von der Q. AG erteilte Vollmacht missbraucht. Die Klägerin als einzige stimmberechtigte Gesellschafterin und als Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 hatte sowohl den Verwaltungsrat der abhängigen Q. AG als auch den Beklagten zu 3 ausdrücklich angewiesen, Anteilsveräußerungen zu unterlassen. Dass eine Veräußerung der Anteile nicht im Interesse der Q. AG bzw. deren Muttergesellschaft war, war dem Beklagten zu 3 damit bekannt.

Auch auf der Erwerberseite hat der Beklagte zu 3 gehandelt. Rechtsanwältin M. wurde der Auftrag, für die Beklagte zu 2 zu handeln, nach dem Vortrag der Klägerin vom Beklagten zu 3 erteilt, der dabei offensichtlich für sei-ne Schwester handelte, die sich schon aus diesem Grund die Kenntnis des Beklagten zu 3 von seinem Vollmachtsmissbrauch zurechnen lassen muss. Ein Fall des bewussten Missbrauchs liegt aber auch vor, wenn der Auftrag an Rechtsanwältin M. wie die später erteilte schriftliche Vollmacht zwar von der arglosen Beklagten zu 2 erteilt wurde, sie aber vom Beklagten zu 3 als dem wirtschaftlichen Erwerber ohne eigenes Erwerbsinteresse nur vorgeschoben war und in seinem Auftrag handelte. Ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand der Vertretungsmacht konnte dann auf Erwerberseite nicht entstehen.

2. Der Senat kann offenlassen, ob die Veräußerung von eigenen Geschäftsanteilen einer GmbH in die Vertretungskompetenz des Geschäftsführers fällt oder es dazu zusätzlich eines Gesellschafterbeschlusses bedarf (offen gelassen bei BGH, Urteil vom 22. September 2003 – II ZR 74/01, ZIP 2003, 2116). Denn auch dann käme es auf dieselbe sittenwidrige Kollusion an. Im vorliegenden Fall hat nicht die Beklagte zu 1 eigene Geschäftsanteile veräußert, sondern ihre Tochtergesellschaft, die Q. AG, hat Anteile an ihrer Muttergesellschaft veräußert, die dieser als eigene zuzurechnen sind. Selbst wenn eine solche Geschäftsanteilsveräußerung und -abtretung der Zustimmung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Zustimmung der Gesellschafterversammlung
der Muttergesellschaft bedürfte, wären auf die Veräußerung durch den organschaftlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreter der Tochtergesellschaft die Regeln über die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen einer sittenwidrigen Kollusion bzw. den Missbrauch der VertretungsmachtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Missbrauch der Vertretungsmacht
Vertretungsmacht
anzuwenden. Die Klägerin als einzige stimmberechtigte Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 hat die Veräußerung der Anteile ausdrücklich untersagt. Da nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Beklagte zu 3 als rechtsgeschäftlicher Vertreter die arglose Rechtsanwältin M. weisungswidrig mit der Veräußerung beauftragt haben soll, kommt es auf das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses nicht an.

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass auch dann, wenn die Beklagte zu 2 nicht vom Beklagten zu 3 vorgeschoben wurde, sondern ein eigenes Erwerbsinteresse hatte, eine Unwirksamkeit der Anteilsübertragung nach den Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht in Frage kommt. Ein missbrauch kann auch vorliegen, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in verdächtiger Weise Gebrauch macht und sich dem anderen Vertragsteil der begründete Verdacht eines Treueverstoßes aufdrängen musste (BGH, Urteil vom 25. März 1968 – II ZR 208/64, BGHZ 50, 112, 114; Urteil vom 31. Januar 1991 – VII ZR 291/88, BGHZ 113, 315, 320; Urteil vom 2. Juli 2007 – II ZR 111/05, ZIP 2007, 1942 Rn. 69; Urteil vom 1. Februar 2012 – VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 21). Die Klägerin hat vorgetragen, dass sich im Hinblick auf die zeitliche Abfolge, die ungewöhnlichen Umstände des Geschäfts, insbesondere die Eile und eine nicht nennenswerte Gegenleistung der Beklagten zu 2 für die Übertragung der Anteile, sowie die Kenntnis der Beklagten zu 2 von der Trennung und der damit verbundenen Auseinandersetzung der Eheleute der Verdacht eines Treueverstoßes des Beklagten zu 3 aufdrängen musste.

Schlagworte: Erwerb eigener Geschäftsanteile, Kollusives Zusammenwirken, Kompetenzüberschreitung, Kompetenzüberschreitungen, Missbrauch der Vertretungsmacht, Sittenwidrigkeit, Übergeordnete Kompetenz der Gesellschafterversammlung, Verbot des Selbstkontrahierens, Vertretungsbefugnis, Vollmachtsmissbrauch, Zuständigkeit der Gesellschafter