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BGH, Urteil vom 29. September 2008 – II ZR 162/07

BGB § 823Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 823
; StGB § 266a; AO §§ 69, 34; GmbHG § 64

Das Nichtabführen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung im Stadium der Insolvenzreife einer GmbH führte auch nach der früheren Ansicht des Senats (BGHZ 146, 264, aufgegeben durch Urteil vom 14. Mai 2007 – II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265) zu einem Schadensersatzanspruch der Einzugsstelle gegen den Geschäftsführer, wenn dieser an andere Gesellschaftsgläubiger trotz der Insolvenzreife Zahlungen geleistet hat, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren; in einem solchen Fall konnte sich der Geschäftsführer nicht auf eine Pflichtenkollision berufen.

Ein Geschäftsführer macht sich nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a StGB schadensersatzpflichtig bzw. nach §§ 69, 34 AO haftbar, wenn er nach Ablauf der längstens dreiwöchigen Frist zur Stellung des Antrags auf Insolvenzeröffnung nach § 64 Abs. 1 GmbHG seine Pflicht zur Abführung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung bzw. von Lohn- oder Umsatzsteuer nicht erfüllt, und er handelt umgekehrt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters und ist daher gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG nicht ersatzpflichtig, wenn er seiner Abführungspflicht nachkommt (Sen.Urt. v. 14. Mai 2007 – II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265; v. 2. Juni 2008 – II ZR 27/07, ZIP 2008, 1275 Tz. 6). Diese Rechtsprechung steht in Übereinstimmung auch mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der annimmt, dass die Pflicht zur Abführung der Steuern und die bei Nichterfüllung dieser Pflicht aus §§ 69, 34 AO folgende persönliche Haftung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Haftung des Geschäftsführers
grundsätzlich auch im Stadium der Insolvenzreife – jedenfalls nach Ablauf der Insolvenzantragsfrist – besteht (Urt. v. 27. Februar 2007 – VII R 67/05, ZIP 2007, 1604, Tz. 16 ff.; Beschl. v. 4. Juli 2007 – VII B 268/06, BFH/NV 2007, 2059). Der während der Insolvenzantragsfrist nach der strafrechtlichen Judikatur gegebene Rechtfertigungsgrund entfällt rückwirkend, wenn der Geschäftsführer die Frist – wie hier – verstreichen lässt, ohne einen Insolvenzantrag zu stellen. Dann ist er verpflichtet, die rückständigen Arbeitnehmeranteile bzw. Steuern nachzuzahlen und die künftigen Anteile bzw. Steuern zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen abzuführen.

Der Beklagte könnte sich auch nicht darauf berufen, dass bei einem rechtmäßigen Verhalten kein Schaden bei der Klägerin entstanden wäre, weil der Insolvenzverwalter eine Zahlung an die Klägerin nach §§ 129 ff. InsO angefochten hätte (vgl. BGH, Urt. v. 14. November 2000 – VI ZR 149/99, ZIP 2001, 80, 82; v. 18. April 2005 – II ZR 61/03, ZIP 2005, 1026, 1029). Die Klägerin hat sich schon in der Klagebegründungsschrift darauf berufen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung nicht erfüllt gewesen wären. Der Beklagte hat Gegenteiliges nicht geltend gemacht, und auch das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung nicht festgestellt.

Schlagworte: Anfechtbarkeit, Anfechtbarkeit der Zahlung, Arbeitnehmerbeiträge, Beiträge zur Sozialversicherung, GmbHG § 64 Satz 1, Haftung für Steuerschulden, Haftung wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen gem. § 266a StGB, persönliche Haftung, Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns, Strafbarkeit/Ordnungswidrikeit, Verletzung von Schutzgesetzen nach § 823 Abs. 2 BGB, Verschulden, Vorrang der Beitragsansprüche, Zahlungen nach Insolvenzreife