Einträge nach Montat filtern

BGH, Urteil vom 3. Dezember 2001 – II ZR 308/99

GmbHG § 43; GenG § 48

a) Auch bei der Genossenschaft beschränkt sich die Verzichtswirkung der Entlastung (§ 48 Abs. 1 GenG) auf (Bereicherungs- und Schadensersatz-)Ansprüche, die dem entlastenden Organ bekannt sind oder bei sorgfältiger Prüfung bekannt sein konnten (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 1987 – II ZR 53/87, WM 1988, 531, 534 – für den Verein m.w.N.; st. Rspr.).

b) Ansprüche, die aus den Rechenschaftsberichten des Vorstandes und den der Mitgliederversammlung bei der Rechnungslegung unterbreiteten Unterlagen nicht oder in wesentlichen Punkten nur so unvollständig erkennbar sind, dass die Verbandsmitglieder die Tragweite der ihnen abverlangten Entlastungsentscheidung bei Anlegung eines lebensnahen vernünftigen Maßstabes nicht zu überblicken vermögen, werden von der Verzichtswirkung nicht erfasst. Das gilt insbesondere für solche Ansprüche, die erst nach eingehendem Vergleich und rechtlicher Auswertung verschiedener Unterlagen ersichtlich sind, die in der Verbandsversammlung bei Abfassung des Entlastungsbeschlusses nicht oder nicht vollständig vorliegen.

c) Eine unbillige Benachteiligung des zu entlastenden Organs ist darin schon deshalb nicht zu erblicken, weil es bereits zum pflichtgemäßen Inhalt des jährlichen Rechenschaftsberichts gehört, die Verbandsmitglieder über alles zu unterrichten, was nach Verkehrsanschauung und vernünftigem Ermessen zur sachgemäßen Beurteilung der Entlastungsfrage durch die Mitgliederversammlung erforderlich ist. Auch im übrigen liegt es bei dem Vorstand, durch hinreichende Offenheit gegenüber der Mitgliederversammlung die Tragweite der erbetenen Entlastung selbst zu bestimmen. Dagegen kann von den einzelnen Mitgliedern regelmäßig nicht erwartet werden, dass sie aus eigener Kenntnis der Zusammenhänge und aufgrund selbständiger Untersuchungen imstande sind, das Ausmaß der ihnen mit der in der Mitgliederversammlung beantragten Entlastung abverlangten Verzichtserklärung zu überblicken (Senat, aaO S. 535).

d) Maßstab der den Vorstand nach § 34 Abs. 1 Satz 1 GenG bei ihrer Geschäftsführung obliegenden Pflichten ist die nach der Verkehrsauffassung anzuwendende Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaftsbank. Dabei ist zwar dem Vorstand im Grundsatz bei der Leitung der Geschäfte ein weiter Handlungsspielraum zuzubilligen, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schwerlich denkbar ist (BGHZ 135, 244, 253). Dieser Handlungsspielraum kann auch im Ansatz das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken mit der Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen umfassen. Er ist jedoch dann überschritten, wenn aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaftsbank das hohe Risiko eines Schadens unabweisbar ist und keine vernünftigen geschäftlichen Gründe dafür sprechen, es dennoch einzugehen. So ist eine Pflichtverletzung insbesondere dann gegeben, wenn das Vorstandsmitglied gegen die in dieser Branche anerkannten Erkenntnisse und Erfahrungsgrundsätze verstößt. Das Gebot, Risiken nur in sinnvoller kaufmännischer Interessenabwägung einzugehen, bedeutet für Vorstandsmitglieder einer Genossenschaftsbank, dass sie Kredite grundsätzlich nicht ohne übliche Sicherheiten gewähren dürfen und zudem für die ordnungsgemäße Bewertung der Sicherheiten sowie die Beachtung der Richtlinien über Beleihungsobergrenzen Sorge zu tragen haben.

Schlagworte: Ausschluss von Bereicherungsansprüchen, Ausschluss von Ersatzansprüchen und Kündigungsgründen, Darlehensvergabe, Entlastung, Entlastung der Geschäftsführer, Erkennbarkeit von Ersatzansprüchen und Kündigungsgründen zur Zeit der Entlastung, Geschäftsleiterpflichten, Haftung nach § 43 GmbHG, Haftungsbeschränkung und Entlastung, Innenhaftung, Kreditvergabe, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns