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BGH, Urteil vom 3. Dezember 2013 – XI ZR 295/12

BGB §§ 826, 830

a) Die Qualifizierung eines Verhaltens als sittenwidrig ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (BGH, Urteil vom 25. März 2003 – VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 274 f. und vom 4. Juni 2013 – VI ZR 288/12, WM 2013, 1310 Rn. 14, jeweils m. w. N.).

b) Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124). In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteile vom 20. November 2012 – VI ZR 268/11, WM 2012, 2377 Rn. 25 und vom 4. Juni 2013 – VI ZR 288/12, WM 2013, 1310 Rn. 14, jeweils m. w. N.). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen (BGH, Urteile vom 20. November 2012 – VI ZR 268/11, a. a. O. und vom 4. Juni 2013 – VI ZR 288/12, a. a. O., jeweils m. w. N.).

c) Fondsinitiatoren, Gründungsgesellschafter und „Hintermänner“ eines Fonds sind als Prospektveranwortliche verpflichtet, den künftigen Anlegern ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln, das heißt über alle Umstände, die für die Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über Tatsachen, die den Vertragszweck vereiteln können. Danach sind Angaben erforderlich über den Gründungsgesellschaftern, Initiatoren und Hintermännern gewährte Sondervorteile (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 – II ZR 95/93, WM 1994, 2192, 2193 m. w. N.). Ein solcher offenbarungspflichtiger Sondervorteil liegt auch dann vor, wenn durch den Zwischenerwerb einer Gesellschaft, an der die Initiatoren beteiligt sind, bei dieser ein Gewinn durch die teurere Weiterveräußerung an die Fondsgesellschaft innerhalb kurzer Zeit anfällt. Dabei spielt es keine Rolle, dass dieser Gewinn bereits vor dem Beitritt der Anleger realisiert wurde. Denn die Gefahr eines Scheiterns eines Anlageobjektes bereits in der Anfangsphase infolge derartiger Kosten besteht unabhängig davon, ob sie vor oder nach einem Beitritt der Anleger entstanden sind (BGH, Urteil vom 7. April 2003 – II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088).

d) Der Schaden eines durch einen fehlerhaften Fondsprospekt getäuschten Anlegers besteht bereits darin, dass er dem Fonds beigetreten ist (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 111 ff. m. w. N.).

Schlagworte: fehlerhafte Gesellschaft, Fondsinitiatoren, GbR, geschlossener Immobilienfonds, Gründungsgesellschafter, Haftung nach § 826 BGB, Hintermänner, Prospektverantwortliche, Sondervorteile, Verbot vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, Verschieben des Fondsprojekts, Verschweigen des Zwischengewinns