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BGH, Urteil vom 3. Mai 1988 – KZR 17/87 – Wettbewerbverbot Zwei-Personen-GmbH

Wettbewerbverbot Zwei-Personen-GmbH

§ 1 WettbewG

Ein Wettbewerbsverbot stellt keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung dar, wenn es durch die Satzung einem Gesellschafter auferlegt worden ist, der am Kapital der GmbH zu 50% beteiligt und auf Grund eines Sonderrechts berechtigt ist, einen der beiden Geschäftsführer vorzuschlagen und jederzeit abzuberufen.

Nach der Rechtsprechung des Senats fallen wettbewerbsbeschränkende Satzungsbestandteile nicht unter § 1 GWB, wenn sie notwendig sind, um das im übrigen kartellrechtsneutrale Gesellschaftsunternehmen in seinem Bestande und seiner Funktionsfähigkeit zu erhalten. Hierbei geht es nicht darum, das Unternehmen vor dem freien Wettbewerb zu schützen, dem es sich wie jedes andere stellen muß; das Wettbewerbsverbot soll vielmehr verhindern, daß ein Gesellschafter das Unternehmen von innen her aushöhlt oder gar zerstört und damit einen leistungsfähigen Wettbewerber zugunsten seiner eigenen Konkurrenztätigkeit ausschaltet (vgl. Sen.Urt. v. 27. Mai 1986 – KZR 32/84, WuW/E BGH 2285, 2288 – Spielkarten = WM 1986, 1422, 1424; Beschluß v. 15. April 1986 – KVR 1/85, WuW/E BGH 2271, 2273 –  Taxigenossenschaft = WM 1986, 1572, 1573). Der Senat hat aus diesem Grunde in einem Wettbewerbsverbot, das nach § 112 HGB den alleinigen geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft traf, keinen Verstoß gegen § 1 GWB gesehen (vgl. BGHZ 70, 331, 336). Nach einem Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes droht einem Unternehmen die Gefahr, von innen her ausgehöhlt zu werden, auch von einem die Gesellschaft beherrschenden Mehrheitsgesellschafter, wenn dieser außerhalb der Gesellschaft in derselben Branche unternehmerisch tätig wird (BGHZ 89, 162, 166). Von diesen beiden Fällen unterscheidet sich der vorliegende insofern, als der Kläger nur zur Hälfte am Kapital der Beklagten zu 1 beteiligt und seit dem 1. Januar 1984 nicht mehr deren Geschäftsführer ist. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Rechtslage gleichwohl nicht anders beurteilt und das Wettbewerbsverbot zum Schutze der Beklagten zu 1 für erforderlich gehalten. Es braucht nicht entschieden zu werden, wie die Rechtslage zu beurteilen wäre, wenn der Kläger nur die üblichen Rechte eines am Kapital der GmbH zur Hälfte beteiligten Gesellschafters hätte, worauf die Revision abstellt. Die Gefahr einer inneren Aushöhlung der Gesellschaft zugunsten des eigenen Konkurrenzunternehmens des Gesellschafters besteht regelmäßig, wenn der Gesellschafter die Geschäftsführung maßgeblich beeinflussen kann. Wenn ein solcher Einfluß besteht, ist zu befürchten, daß der Geschäftsführer seine Pflicht vernachlässigt, in allen Angelegenheiten, die das Interesse der GmbH berühren, allein deren Wohl und nicht den eigenen Nutzen im Auge zu haben (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 1983 – II ZR 183/82, WM 1983, 498, 499). Die Möglichkeiten hierzu sind vielfältig; im Interesse des Gesellschafters, der das Konkurrenzprodukt vertreibt, kann eine zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit erforderliche Rationalisierung der Produktion oder eine Ergänzung des Angebots um neu entwickelte Produkte ebenso unterbleiben wie die Erschließung neuer und die Ausnutzung vorhandener Marktchancen; hierbei kann in vielen Fällen der objektive Maßstab für die jeweils sachgerechte Maßnahme und für die Frage einer Benachteiligung und deren Ausgleich fehlen (vgl. BGHZ 80, 69, 74). Hinzu kommt, daß der maßgebliche Einfluß auf die Geschäftsführung es dem Gesellschafter ermöglicht, gesellschaftsinterne Informationen zu erlangen und zu Lasten der Gesellschaft auszubeuten, die ihm als Gesellschafter nach § 51a Abs. 2 GmbHG aus Gründen des Wettbewerbs vorenthalten werden könnten (vgl. BGHZ 89, 162, 166).

Dieses Sonderrecht folgt aus § 9 der Satzung. Danach kann jeder der beiden Gesellschafterstämme einen Geschäftsführer vorschlagen, den die Gesellschafterversammlung dann ernennen muß; ferner kann jeder Gesellschafterstamm den auf seinen Vorschlag hin bestellten Geschäftsführer selbst abberufen. Diese Art des Zugangs zur Geschäftsführung spielt insbesondere in Gesellschaften eine große Rolle, in denen – wie hier – die Gesellschafter über keine Mehrheiten verfügen; denn gerade in einer solchen Gesellschaft hat der Geschäftsführer großen Einfluß und sichert in seinem Amte die Mitberücksichtigung der unternehmerischen Vorstellungen seiner Gruppe. Ferner verschafft sich der Gesellschafter über „seinen“ Geschäftsführer den rechtzeitigen Zugang zu allen gesellschaftsinternen Informationen (vgl. Lutter, ZIP 1986, 1195), ohne daß er – wie im Falle des § 51a GmbHG – danach fragen müßte und sie ihm unter Umständen vorenthalten werden könnten. Ist der Geschäftsführer nicht fähig oder willens, in diesem Sinne die Interessen des Gesellschafters zu wahren, der ihn vorgeschlagen hat, so wird dieser ihn regelmäßig durch einen geeigneteren ersetzen oder – was jederzeit möglich wäre – das Amt selbst übernehmen. Dieser Einfluß auf die Geschäftsführung versetzt den Gesellschafter in die Lage, die Wettbewerbsfähigkeit der GmbH zugunsten seines eigenen Konkurrenzunternehmens auszuhöhlen. Auch wenn – wie im vorliegenden Falle – die Geschäftsführer der beiden Gesellschaftergruppen einverständlich handeln müssen, sobald es um außergewöhnliche Geschäfte geht, ist der Geschäftsführer nicht gehindert, Informationen weiterzugeben und Maßnahmen zu unterlassen, die geboten sind, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Unerheblich ist ferner, daß sowohl dem Gesellschafter schon aufgrund seiner Treuepflicht als auch dem Geschäftsführer schon aufgrund seines Dienstverhältnisses sowie seiner Organstellung verboten ist, die Gesellschaft zu schädigen. Diese Verbote machen das Wettbewerbsverbot ebensowenig überflüssig wie das Deliktsrecht und die Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb. Denn das Wettbewerbsverbot schließt ein Interesse an derartigen Pflichtverletzungen von vornherein aus.

Im Streit ist die Wirksamkeit des in der Satzung der verklagten GmbH (Beklagte zu 1) enthaltenen Wettbewerbsverbots.

Der Kläger ist an der am 26. Februar 1959 gegründeten Beklagten zu 1 zu 50% beteiligt; weitere Gesellschafter waren zunächst die Beklagte zu 2 und deren Ehemann zu je 25%. Mit dem Tode ihres Ehemannes erlangte die Beklagte zu 2 auch dessen Anteil, von dem sie später einen Teil von 5% an ihren Sohn (Beklagter zu 3) abtrat. Gegenstand des Unternehmens der Beklagten zu 1 ist die Herstellung und der Vertrieb von kosmetischen Erzeugnissen. Die Beklagte zu 1 wurde gegründet, weil die Eheleute L. das für die Herstellung von Kosmetika und Hautpflegemitteln auf natürlicher Basis erforderliche Wissen besaßen und der Kläger über die Vertriebswege verfügte. Die Beklagte zu 1 hat einen Umsatz von rund 24 Mio DM; davon entfallen auf das Inland rund 22 Mio DM.

Aufgrund eines Handelsvertretervertrages vertreibt der Kläger in der Bundesrepublik und West-Berlin die Produkte der Beklagten zu 1 in rund 1.800 Reformhäusern und rund 1.000 neuform-Depots, die von Apotheken und Drogerien unterhalten werden. Nach § 14 des Handelsvertretervertrages ist dem Kläger in diesem neuform-Bereich Wettbewerb verboten. Im Ausland setzt die Beklagte zu 1 ihre Produkte selbst ab. Sie hat ferner über eine Tochtergesellschaft mit dem Absatz in Apotheken außerhalb des neuform-Bereichs begonnen.

Der Kläger befaßte sich schon zur Zeit der Gründung der Beklagten zu 1 mit der Herstellung und dem Vertrieb von freiverkäuflichen, d.h. nicht apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Dieses bis dahin einzelkaufmännisch betriebene Unternehmen brachte er am 1. Januar 1977 in eine GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
GmbH
GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
(Streithelferin) ein, an der er neben seinen Töchtern mehrheitlich beteiligt ist. Diese Gesellschaft setzt ihre Produkte sowohl innerhalb wie außerhalb des neuform-Bereichs ab. Ihr Umsatz (einschließlich des Umsatzes im Ausland) beträgt rund 40 Mio DM, wovon rund 36 Mio DM auf das Inland und davon wiederum 13,3 Mio DM auf den neuform-Bereich entfallen.

Nach § 9 der Satzung der Beklagten zu 1 schlägt jeder Gesellschafterstamm einen Geschäftsführer vor, den die Gesellschafterversammlung dann bestellen muß. Jeder Gesellschafterstamm ist berechtigt, diesen auf seinen Vorschlag hin bestellten Geschäftsführer wieder abzuberufen. Der Kläger war bis zum 31. Dezember 1983 Geschäftsführer; mit Wirkung vom 1. Januar 1984 trat sein Schwiegersohn an seine Stelle. Am 1. Januar 1986 löste der Beklagte zu 3 die Beklagte zu 2 als Geschäftsführer ab. Jeder Geschäftsführer ist alleinvertretungsberechtigt.

Durch Beschluß vom 28. Februar 1973 ergänzten die Gesellschafter der Beklagten zu 1 das schon im § 16 des Gründungsvertrages enthaltene Wettbewerbsverbot und faßten es als § 15 der Satzung mit folgendem Wortlaut neu:

Den Gesellschaftern ist es nicht gestattet, ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter Konkurrenzgeschäfte für eigene oder fremde Rechnung, sei es unmittelbar oder mittelbar, vorzunehmen.

Die bisherige Tätigkeit des Gesellschafters Hermann F. B. bzw. seines Rechtsnachfolgers darf von diesem (auch nach Ausscheiden aus der Gesellschaft) weiterbetrieben werden.

Bei der etwaigen Erweiterung des Tätigkeitsfeldes der von Herrn B. bisher geleiteten oder beeinflußten Betriebe muß Herr B. das Wettbewerbsverbot beachten; dies gilt ebenfalls für und gegen dessen Rechtsnachfolger im Gesellschaftsanteil.

Die Gesellschafter sind im übrigen berechtigt, Einzelhandelsgeschäfte mit kosmetischen Erzeugnissen zu betreiben, in denen diese Produkte nicht hergestellt werden.

Jede unmittelbare und mittelbare Beteiligung oder Einflußnahme an einem Betrieb, der kosmetische Erzeugnisse und/oder Körperpflegemittel herstellt oder vertreibt, durch Gesellschafter ist nicht zulässig.

Kein Gesellschafter darf nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft während der Dauer von zwei Jahren, vom Tage seines Ausscheidens an gerechnet, Gegenstände irgendwelcher Art, die in das Produktions- und Vertriebsprogramm der Gesellschaft gehören, selbst herstellen oder vertreiben.

Er darf sich auch weder unmittelbar noch mittelbar an Unternehmen beteiligen, die Gegenstände dieser Art herstellen, vertreiben oder vertreiben lassen; kein Gesellschafter darf in einem derartigen Unternehmen eine Stellung annehmen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist eine sofort zur Zahlung fällige Vertragsstrafe in Höhe von DM 3.000 zuzüglich 11% Mehrwertsteuer verwirkt.

Der Anspruch auf Unterlassung und auf weitergehenden Schadensersatz wird hiervon nicht berührt.

Der Kläger macht geltend, die Streithelferin werde aufgrund des Arzneimittelgesetzes in naher Zukunft viele ihrer Arzneimittel nicht mehr absetzen dürfen und deshalb gezwungen sein, ihr Produktangebot um Kosmetika und Körperpflegemittel zu ergänzen, da anderenfalls ihre Existenz auf dem Spiel stehe. Er hält das Wettbewerbsverbot nach § 1 GWB für nichtig. Der Kläger hat beantragt, festzustellen, daß die (im einzelnen näher bezeichneten) Wettbewerbsbeschränkungen des § 15 der Satzung unwirksam sind, hilfsweise, daß es ihm gestattet ist, kosmetische Erzeugnisse und/oder Körperpflegemittel zum Zwecke des Absatzes dieser Produkte außerhalb des neuform-Bereichs (im Inland) sowie im Ausland herzustellen oder herstellen zu lassen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Die Revision ist unbegründet.

I. 1. Die Revision wendet sich allerdings mit Recht dagegen, daß das Berufungsgericht die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 als unzulässig abgewiesen hat, weil insoweit das Feststellungsinteresse fehle. Begründet hat das Berufungsgericht seine Ansicht damit, daß die negative FeststellungsklageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellungsklage
negative Feststellungsklage
das Spiegelbild einer entsprechenden Leistungsklage sei; weil die Beklagten zu 2 und 3 für eine solche nicht aktivlegitimiert seien, seien sie für die negative FeststellungsklageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellungsklage
negative Feststellungsklage
nicht passivlegitimiert. Diese Ausführungen können schon deshalb nicht überzeugen, weil aus einer Verletzung des Wettbewerbsverbots nicht nur der GmbH, sondern auch den Mitgesellschaftern des Klägers Ansprüche gegen diesen auf Unterlassung und Schadensersatz erwachsen können; denn nicht nur gegenüber der GmbH, sondern auch im Verhältnis untereinander trifft die Gesellschafter eine Treuepflicht, die es ihnen verbietet, sich über Bestimmungen der Satzung zum Nachteil der GmbH und ihrer Mitgesellschafter hinwegzusetzen (vgl. BGHZ 65, 15, 18). Die Beklagten zu 2 und 3 widersprechen der Ansicht des Klägers, das Wettbewerbsverbot sei unwirksam; die sich daraus auch im Verhältnis zu ihnen ergebende Unsicherheit der Rechtslage würde durch die mit der Klage erstrebte Feststellung beseitigt. Ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung ist deshalb zu bejahen.

Der Senat ist nicht gehindert, die vom Berufungsgericht zu Unrecht als unzulässig abgewiesene Klage als unbegründet abzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 25. November 1966 – V ZR 30/64, WM 1967, 135, 136f.); denn weitere tatsächliche Feststellungen sind nicht erforderlich und die sachlichen Ausführungen des Berufungsgerichts zum Wettbewerbsverbot sind – wie sich nachfolgend zeigt – im Ergebnis richtig. Was insoweit für die Beklagte zu 1 ausgeführt worden ist, gilt auch für die Beklagten zu 2 und 3.

2. Die Klage auf Feststellung, das Wettbewerbsverbot als Bestandteil der Satzung sei nichtig, ist auch nicht deshalb unzulässig, weil der Gesellschafter die Nichtigkeit satzungsändernder Beschlüsse entsprechend § 249 AktG mit der Nichtigkeitsklage geltend machen kann und ihm deshalb für eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO, die – anders als nach §§ 249, 248 Abs. 1 AktG – nur für ihn und die Beklagte Rechtskraft erlangen würde, das Feststellungsinteresse fehlt (vgl. BGHZ 70, 384, 388). Nach dem Vortrag des Klägers ist davon auszugehen, daß dieser das Wettbewerbsverbot nicht generell, also hinsichtlich aller Gesellschafter, sondern wegen seines Ausscheidens aus der Geschäftsführung und der zu erwartenden Beeinträchtigung seiner anderweitigen unternehmerischen Interessen nur insofern für unwirksam hält, als es ihm den Wettbewerb verbietet. Für eine solche Feststellung kommt allein die Klage nach § 256 ZPO in Betracht.

II. In der Sache hat das Berufungsgericht rechtlich unbedenklich im Wettbewerbsverbot weder einen Verstoß gegen § 1 GWB noch gegen Art. 85 Abs. 1 des EWG-Vertrages gesehen und es infolgedessen für wirksam gehalten.

1. a) Hierzu hat es ausgeführt, daß das Wettbewerbsverbot allerdings geeignet sei, den Wettbewerb mit Kosmetika und Körperpflegemitteln auf dem neuform-Markt spürbar zu beeinflussen; bedingt durch das neuform-Vertriebssystem könnten auf diesem Markt die Nachfrager nicht auf ein beliebiges Konkurrenzprodukt ausweichen, sondern seien darauf angewiesen, Vertragsware von einem an n. gebundenen Lieferanten zu beziehen, weil dessen Waren ein Prüfungsverfahren durchlaufen haben und deshalb neuform-Grundsätzen entsprechen. Das Einkaufsvolumen an Kosmetika und Körperpflegemitteln habe 1985 im neuform-Bereich 12,91% des Gesamteinkaufsvolumens von rund 457 Mio DM, also rund 59 Mio DM betragen; hiervon habe die Beklagte zu 1 rund 20 Mio DM, also 33,9% abgedeckt. Am Einkaufsvolumen an freiverkäuflichen Arzneimitteln im neuform-Bereich, das 22,54% des Gesamteinkaufsvolumens betrage, sei der Kläger über die Streithelferin mit 13,3 Mio DM, also 12,97% beteiligt. Diese sehr hohen Marktanteile zwängen zu der Feststellung, daß der Ausschluß des Klägers und der von ihm beherrschten Streithelferin als potentielle Wettbewerber die Verhältnisse auf diesem Markt spürbar beeinflusse.

Das Berufungsgericht hält gleichwohl das Wettbewerbsverbot für wirksam, weil es – so das Berufungsgericht – verhindere, daß die Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaft zugunsten der vom Kläger beherrschten Streithelferin von innen her ausgehöhlt werde. Der Kläger sei berechtigt, einen der beiden Geschäftsführer zu benennen, und könne auf diese Weise dessen Amtsführung so beeinflussen, als wenn er selbst noch die Geschäfte führe. Zum anderen könne der Kläger wegen der Patt-Situation in der Gesellschafterversammlung mit seinen Stimmen unternehmerische Entscheidungen verhindern, die getroffen werden müßten, um den Anforderungen des Wettbewerbs zu begegnen und der GmbH die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

b) Gegen die Eingrenzung des relevanten Marktes auf den Absatz von Kosmetika gegen die Feststellung, daß dem Kläger mit der von ihm beherrschten Streithelferin der Zutritt zu diesem Teil-Markt in einem Ausmaß möglich wäre, daß die Marktverhältnisse spürbar beeinflußt würden, wenn er aufgrund des Wettbewerbsverbots hiervon ausgeschlossen bliebe.

c) Von dieser für sie günstigen Feststellung ausgehend rügt die Revision, daß des Berufungsgerichts, auch soweit es den Kläger betrifft, gleichwohl wirksam sei. Diese Rüge ist unbegründet.

Nach der Rechtsprechung des Senats fallen wettbewerbsbeschränkende Satzungsbestandteile nicht unter § 1 GWB, wenn sie notwendig sind, um das im übrigen kartellrechtsneutrale Gesellschaftsunternehmen in seinem Bestande und seiner Funktionsfähigkeit zu erhalten. Hierbei geht es nicht darum, das Unternehmen vor dem freien Wettbewerb zu schützen, dem es sich wie jedes andere stellen muß; das Wettbewerbsverbot soll vielmehr verhindern, daß ein Gesellschafter das Unternehmen von innen her aushöhlt oder gar zerstört und damit einen leistungsfähigen Wettbewerber zugunsten seiner eigenen Konkurrenztätigkeit ausschaltet (vgl. Sen.Urt. v. 27. Mai 1986 – KZR 32/84, WuW/E BGH 2285, 2288 – Spielkarten = WM 1986, 1422, 1424; Beschluß v. 15. April 1986 – KVR 1/85, WuW/E BGH 2271, 2273 –  Taxigenossenschaft = WM 1986, 1572, 1573). Der Senat hat aus diesem Grunde in einem Wettbewerbsverbot, das nach § 112 HGB den alleinigen geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft traf, keinen Verstoß gegen § 1 GWB gesehen (vgl. BGHZ 70, 331, 336). Nach einem Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes droht einem Unternehmen die Gefahr, von innen her ausgehöhlt zu werden, auch von einem die Gesellschaft beherrschenden Mehrheitsgesellschafter, wenn dieser außerhalb der Gesellschaft in derselben Branche unternehmerisch tätig wird (BGHZ 89, 162, 166). Von diesen beiden Fällen unterscheidet sich der vorliegende insofern, als der Kläger nur zur Hälfte am Kapital der Beklagten zu 1 beteiligt und seit dem 1. Januar 1984 nicht mehr deren Geschäftsführer ist. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Rechtslage gleichwohl nicht anders beurteilt und das Wettbewerbsverbot zum Schutze der Beklagten zu 1 für erforderlich gehalten. Es braucht nicht entschieden zu werden, wie die Rechtslage zu beurteilen wäre, wenn der Kläger nur die üblichen Rechte eines am Kapital der GmbH zur Hälfte beteiligten Gesellschafters hätte, worauf die Revision abstellt. Die Gefahr einer inneren Aushöhlung der Gesellschaft zugunsten des eigenen Konkurrenzunternehmens des Gesellschafters besteht regelmäßig, wenn der Gesellschafter die Geschäftsführung maßgeblich beeinflussen kann. Wenn ein solcher Einfluß besteht, ist zu befürchten, daß der Geschäftsführer seine Pflicht vernachlässigt, in allen Angelegenheiten, die das Interesse der GmbH berühren, allein deren Wohl und nicht den eigenen Nutzen im Auge zu haben (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 1983 – II ZR 183/82, WM 1983, 498, 499). Die Möglichkeiten hierzu sind vielfältig; im Interesse des Gesellschafters, der das Konkurrenzprodukt vertreibt, kann eine zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit erforderliche Rationalisierung der Produktion oder eine Ergänzung des Angebots um neu entwickelte Produkte ebenso unterbleiben wie die Erschließung neuer und die Ausnutzung vorhandener Marktchancen; hierbei kann in vielen Fällen der objektive Maßstab für die jeweils sachgerechte Maßnahme und für die Frage einer Benachteiligung und deren Ausgleich fehlen (vgl. BGHZ 80, 69, 74). Hinzu kommt, daß der maßgebliche Einfluß auf die Geschäftsführung es dem Gesellschafter ermöglicht, gesellschaftsinterne Informationen zu erlangen und zu Lasten der Gesellschaft auszubeuten, die ihm als Gesellschafter nach § 51a Abs. 2 GmbHG aus Gründen des Wettbewerbs vorenthalten werden könnten (vgl. BGHZ 89, 162, 166).

d) Unter den vorstehend genannten Voraussetzungen hält auch die Revision ein Wettbewerbsverbot zum Schutze der GmbH für erforderlich. Sie meint nur, im vorliegenden Falle sei die entscheidende Voraussetzung dieser möglichen Benachteiligungen, nämlich der maßgebliche Einfluß des Gesellschafters auf den Geschäftsführer, nicht gegeben. Soweit sie die dahingehenden Feststellungen des Berufungsgerichts angreift, verkennt sie die Machtbefugnisse, die sich für den Kläger aus seinem Sonderrecht gegenüber dem Geschäftsführer ergeben.

Dieses Sonderrecht folgt aus § 9 der Satzung. Danach kann jeder der beiden Gesellschafterstämme einen Geschäftsführer vorschlagen, den die Gesellschafterversammlung dann ernennen muß; ferner kann jeder Gesellschafterstamm den auf seinen Vorschlag hin bestellten Geschäftsführer selbst abberufen. Diese Art des Zugangs zur Geschäftsführung spielt insbesondere in Gesellschaften eine große Rolle, in denen – wie hier – die Gesellschafter über keine Mehrheiten verfügen; denn gerade in einer solchen Gesellschaft hat der Geschäftsführer großen Einfluß und sichert in seinem Amte die Mitberücksichtigung der unternehmerischen Vorstellungen seiner Gruppe. Ferner verschafft sich der Gesellschafter über „seinen“ Geschäftsführer den rechtzeitigen Zugang zu allen gesellschaftsinternen Informationen (vgl. Lutter, ZIP 1986, 1195), ohne daß er – wie im Falle des § 51a GmbHG – danach fragen müßte und sie ihm unter Umständen vorenthalten werden könnten. Ist der Geschäftsführer nicht fähig oder willens, in diesem Sinne die Interessen des Gesellschafters zu wahren, der ihn vorgeschlagen hat, so wird dieser ihn regelmäßig durch einen geeigneteren ersetzen oder – was jederzeit möglich wäre – das Amt selbst übernehmen. Dieser Einfluß auf die Geschäftsführung versetzt den Gesellschafter in die Lage, die Wettbewerbsfähigkeit der GmbH zugunsten seines eigenen Konkurrenzunternehmens auszuhöhlen. Auch wenn – wie im vorliegenden Falle – die Geschäftsführer der beiden Gesellschaftergruppen einverständlich handeln müssen, sobald es um außergewöhnliche Geschäfte geht, ist der Geschäftsführer nicht gehindert, Informationen weiterzugeben und Maßnahmen zu unterlassen, die geboten sind, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Unerheblich ist ferner, daß sowohl dem Gesellschafter schon aufgrund seiner Treuepflicht als auch dem Geschäftsführer schon aufgrund seines Dienstverhältnisses sowie seiner Organstellung verboten ist, die Gesellschaft zu schädigen. Diese Verbote machen das Wettbewerbsverbot ebensowenig überflüssig wie das Deliktsrecht und die Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb. Denn das Wettbewerbsverbot schließt ein Interesse an derartigen Pflichtverletzungen von vornherein aus.

e) Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung der Frage, ob das Wettbewerbsverbot erforderlich ist, mit Recht dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, daß die Streithelferin aufgrund des Gesetzes zur Neuregelung des Arzneimittelrechts vom 24. August 1976 ab 1. Januar 1990 einen Teil ihrer freiverkäuflichen Arzneimittel nicht mehr verkaufen darf, weil sie den für die Zulassung erforderlichen Wirksamkeitsnachweis nicht erbringen kann. Nach Darstellung des Klägers kann die Streithelferin dieser existenzbedrohenden Lage nur dadurch ausweichen, daß sie ihr Sortiment um verwandte Produkte ergänzt und deshalb insbesondere Körperpflegemittel und Kosmetika auf den Markt bringt. Das Berufungsgericht hat die ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in die die Streithelferin dadurch gerät, zugunsten des Klägers unterstellt und gleichwohl am Erfordernis des Wettbewerbsverbots festgehalten. Ein Rechtsfehler ist ihm dabei nicht unterlaufen. Denn für die Frage, ob die GmbH davor geschützt werden muß, daß einer ihrer Gesellschafter sie von innen aushöhlt, ist es unerheblich, aus welchen Gründen dieser in den Markt der Gesellschaft drängt; an den aufgezeigten – durch Einfluß auf die Geschäftsführung geschaffenen – Möglichkeiten, die Leistungsfähigkeit des Gesellschaftsunternehmens – anstatt durch Wettbewerb von außen, was zulässig wäre – von innen her zu beeinträchtigen, ändert sich nichts.

Das Verbot erfaßt den Wettbewerb mit Kosmetika und Körperpflegemitteln ohne jede Ausnahme. Darunter würden auch Produkte fallen, die die Streithelferin nur deshalb als Kosmetika herstellen und vertreiben will, weil diese – anders als bisher – ab 1990 aus Gründen des Arzneimittelrechts als freiverkäufliche Arzneimittel nicht mehr abgesetzt werden dürfen. Ob die Beklagten zu 2 und 3 möglicherweise verpflichtet sind, einer Einschränkung des Wettbewerbsverbots dahingehend zuzustimmen, daß der Kläger zur Wahrung seines Besitzstandes Produkte, die er zur Zeit als Arzneimittel vertreibt, künftig als Kosmetika absetzen darf, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

2. Soweit es um den Absatz von Kosmetika und Körperpflegemitteln im Ausland sowie auf dem inländischen Markt außerhalb des neuform-Bereichs geht, gilt nichts anderes. Auch insoweit besteht die Gefahr, daß der Kläger von seinen Einflußmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens zu dessen Nachteil und zugunsten seiner Konkurrenztätigkeit Gebrauch macht.

Ist ein Wettbewerbsverbot unerläßlich, um dieser Gefahr zu begegnen, so ist es auch nicht nach Art. 85 des EWG-Vertrages unwirksam. Im übrigen hat das Berufungsgericht nicht feststellen können, daß das Wettbewerbsverbot geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Hierfür wären zumindest nähere Angaben zum Markt für die fragliche Ware und zur Stellung erforderlich gewesen, die die Beteiligten auf ihm einnehmen oder einnehmen würden, wenn es das Wettbewerbsverbot nicht gäbe (vgl. EuGH, Urt. v. 10. Juli 1980 – Rs 99/79, NJW 1981, 1151, 1152). Diese Angaben hat das Berufungsgericht, ohne dabei erhebliches Parteivorbringen in verfahrensfehlerhafter Weise zu übersehen, den Akten nicht entnehmen können. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, daß die Streithelferin ihre Produktion insgesamt auf Kosmetika umstellt und mit ihnen Umsätze – wie bisher – in Höhe von 36 Mio DM im Inland und 4 Mio DM im Ausland erzielt, stände lediglich fest, daß die Streithelferin am Marktvolumen von Kosmetika und Körperpflegemitteln der mittleren Preisklasse, das nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts im Inland 4 Milliarden DM beträgt, mit nur 0,9% beteiligt wäre; offen bliebe aber, wieviel von den im Ausland umgesetzten 4 Mio DM auf den gemeinsamen Markt entfallen würden und welchen Anteil an den Ausfuhren von Kosmetika in diesen Markt die Streithelferin hätte. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 1. Februar 1978 (Rs 19/77, WuW EWG/MUV 421 – Miller International Schallplatten GmbH), in dem es um die Wirksamkeit einer Exportverbotsklausel ging, kann die Revision nichts anderes herleiten. In jener Sache stand fest, daß die Klägerin eine bedeutende Stellung auf dem Markt einnahm und ihre Verkäufe einen nicht unbeachtlichen Teil des Marktes ausmachten; eine Feststellung, die das Berufungsgericht im vorliegenden Falle nicht hat treffen können.

Ob der Handel zwischen den Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigt ist, ist eine tatsächliche Frage (vgl. EuGH, Urt. v. 14. Juli 1981 – Rs 172/80, WM 1981, 1102, 1105). Da es sich dabei nicht um eine Auslegung des EWG- Vertrages, sondern um seine Anwendung auf den Einzelfall unter Berücksichtigung der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften dazu entwickelten Rechtsgrundsätze geht, kommt eine Vorlage an diesen Gerichtshof zur Herbeiführung einer Vorabentscheidung (Art. 177 EWG-Vertrag) nicht in Betracht (vgl. Sen.Urt. v. 29. Oktober 1970 – KZR 9/69, WuW/E BGH 1168, 1170 = WM 1971, 98, 99).

3. Nach alledem hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler auch dem Hilfsantrag nicht entsprochen, mit dem der Kläger festgestellt wissen will, daß er außerhalb des neuform-Bereichs in Wettbewerb zur Beklagten zu 1 treten darf. Ob die Beklagten zu 2 und 3 unter anderen als wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten verpflichtet sind, einer räumlichen Beschränkung des Wettbewerbsverbots zuzustimmen, braucht in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht entschieden zu werden. Solange die Satzung nicht in diesem Sinne geändert ist, hat der Kläger Wettbewerb zu unterlassen.

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