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BGH, Urteile vom 31. Mai 2011 – II ZR 109/10 und II ZR 116/10

GmbHG § 47

a) Bei der Beschlussfassung über die ordentliche Kündigung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags durch die beherrschte Gesellschaft ist der herrschende Gesellschafter stimmberechtigt.

b) Nach § 47 Abs. 4 Satz 2 Fall 1 GmbHG hat ein Gesellschafter bei einer Beschlussfassung, die die Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber ihm betrifft, kein Stimmrecht. Dazu gehören auch einseitige oder rechtsgeschäftsähnliche Handlungen (BGH, Urteil vom 9. Juli 1990 – II ZR 9/90, ZIP 1990, 1194) und damit eine ihm gegenüber zu erklärende Kündigung eines Vertragsverhältnisses.

c) Von dem Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 Satz 2 Fall 1 GmbHG ausgenommen sind sogenannte körperschaftliche Sozialakte, bei denen der Gesellschafter sein Mitgliedsrecht ausübt, wie Organbestellungsakte einschließlich der Beschlussfassung über die dazugehörigen Regelungen der Bezüge und Anstellungsbedingungen (BGH, Urteil vom 29. September 1955 – II ZR 225/54, BGHZ 18, 205, 210; Urteil vom9. Dezember 1968 – II ZR 57/67, BGHZ 51, 209, 215 f.; Urteil vom11. Dezember 2006 – II ZR 166/05, ZIP 2007, 268, 270), über die Genehmigung von Anteilsübertragungen (BGH, Urteil vom 29. Mai 1967 – II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 166 f.; Urteil vom 25. November 2002 – II ZR 69/01, ZIP 2003, 116, 119), über die freiwillige Einziehung (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1976 – II ZR 115/75, WM 1977, 192 f.), über die Nachfolge eines ausscheidenden Gesellschafters (BGH, Urteil vom 24. Januar 1974 – II ZR 65/72, WM 1974, 372, 374 f.) oder über die Einforderung der Stammeinlagen (BGH, Urteil vom 9. Juli 1990 – II ZR 9/90, ZIP 1990, 1194 f.). Bei solchen, die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft betreffenden Beschlüssen ist dem Gesellschafter die Mitwirkung nicht schon zu versagen, wenn der Beschlussinhalt zugleich auf seinen persönlichen Rechtskreis einwirkt, es sei denn, er würde, weil es gerade um die Billigung oder Missbilligung seines Verhaltens als Gesellschafter oder Geschäftsführer geht, dadurch zum Richter in eigener Sache.

d) Die Anfechtungsklage gegen den Beschluss, mit dem die Gesellschafterversammlung der Beklagten eine außerordentliche Kündigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags abgelehnt hat, und die damit verbundene positive Beschlussfeststellungsklage, dass die außerordentliche Kündigung beschlossen wurde, sind schon deshalb unbegründet, weil ein Kündigungsgrund fehlt. Die Anfechtungsklage ist begründet, wenn der gefasste Beschluss gesetzes- oder satzungswidrig ist; der an seiner Stelle festzustellende Beschluss muss seinerseits gesetzes- und satzungskonform sein (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1980 – II ZR 54/78, BGHZ 76, 191, 200 f.; Urteil vom 20. Januar 1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 31).

e) Der Kläger ist als Insolvenzverwalter anstelle der Schuldnerin zur Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung der Beklagten und zur Erhebung der Anfechtungsklage berechtigt. Der Insolvenzverwalter hat als Teil seines Verwaltungsrechts das Recht zur Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung, jedenfalls soweit der Beschlussgegenstand die Vermögenssphäre betrifft (vgl. OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, ZIP 2010, 1756; Bergmann, Festschrift Kirchhof, 2003, S. 15, 20 ff.). Nach § 80 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten. Der GmbH-Geschäftsanteil gehört zur Masse (§ 35 Abs. 1 InsO).

Schlagworte: Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Außerprozessual Anfechtungsgründe, Außerprozessual Nichtigkeitsgründe, Außerprozessuale Geltendmachung von Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen, Ausübung des Stimmrechts, Beherrschungsvertrag, Beschlussmängelklage, Einforderung der restlichen Stammeinlage, Einziehung bei satzungswidriger Veräußerung des Geschäftsanteils, Ergebnisabführungsvertrag, Feststellung des Beschlussergebnisses, Förmliche Beschlussfeststellung, Genehmigung der Veräußerung des Geschäftsanteils, Gesellschafterversammlung, GmbH-Geschäftsführeranstellungsvertrag, grundsätzliches Stimmrecht, Insolvenz, Kein Richter in eigener Sache, Kein Stimmverbot bei körperschaftlichen Sozialakten, Kündigung, Kündigung eines Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrags, Objektive Reichweite des Stimmrechtsausschlusses, Organbestellung und Anstellungsbedingungen, Stimmrechte, Stimmrechtsausschluss, Stimmverbot auch bei körperschaftlichen Sozialakten, Veräußerungsverpflichtung nach Todesfall, Verbindung von Anfechtungs- und Beschlussfeststellungsklage, Verbundene Unternehmen, Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber einem Gesellschafter