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BGH, Urteil vom 4. Februar 1991 – II ZR 246/89

§ 46 Nr. 8 GmbHG – Gesellschafterklage

a) Ein Beschluß nach § 46 Nr. 8 GmbHG, der auch erforderlich ist, wenn es um die Herausgabe des zur Ausführung der Geschäftsführung Erlangten geht (vgl. Zöllner in Baumbach/ Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 46 Rdn. 38), erübrigt sich in einer zweigliedrigen GmbH, weil die Beschlußfassung wegen des Stimmrechtsausschlusses des in Anspruch zu nehmenden Gesellschafters eine überflüssige Formalität bedeuten würde (vgl. Zöllner, ZGR 1988, 392, 410).

Zwar hat die innere Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft grundsätzlich den Vorrang vor der Gesellschafterklage. Die GmbH hat aber, seit sie im Handelsregister gelöscht ist, kein Vertretungsorgan mehr, das den Anspruch geltend machen könnte. Dieses müßte entsprechend § 273 Abs. 4 AktG erst neu bestellt werden (vgl. BGHZ 53, 264, 266; BGH, Urt. v. 18. April 1985 – IX ZR 75/84, WM 1985, 870, 871), was regelmäßig voraussetzt, daß der Antragsteller für Auslagen und Vergütung des Abwicklers einen Vorschuß leistet. Zwar muß ein Abwickler auch vorhanden sein, um den mit der Klage geltend gemachten Betrag entgegennehmen zu können. Wenn es um die Entgegennahme des Geldes aus den Händen des Gerichtsvollziehers geht, steht aber immerhin fest, daß die Klage und die Vollstreckung aus dem Urteil Erfolg hatten. Gesellschaftsinteressen sind nicht berührt, wenn der Gesellschafter bis dahin den Anspruch auf eigenes Kostenrisiko durchzusetzen versucht.

b) Im Prozeß auf Herausgabe des zur Ausführung des Auftrags Erlangten hat der Beauftragte darzulegen und, falls erforderlich, zu beweisen, daß er das Erlangte bei Erledigung des Auftrags für Rechnung des Auftraggebers verbraucht hat.

Am 2. Mai 1985 gründeten die Parteien die „B. M.“ Textil-Vertriebs GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger war. Der Beklagte wurde Prokurist. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH soll mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse abgelehnt worden sein. Die GmbH ist inzwischen im Handelsregister gelöscht.

In der Zeit vom 28. März bis 12. Juni 1985 erhielt der Beklagte vom Kläger insgesamt 140.120,– DM zu dem Zweck, mit dem Geld in der Türkei Textilien herstellen zu lassen, die von der GmbH in Deutschland vertrieben werden sollten.

Der Kläger hat zunächst geltend gemacht, er habe dem Beklagten in Höhe des genannten Betrages ein Darlehen gewährt, und auf Rückzahlung geklagt. Insoweit ist die Klage rechtskräftig abgewiesen worden.

Nunmehr wird die Klage darauf gestützt, daß das Geld dem Beklagten von der GmbH bzw. für deren Rechnung zu dem genannten Zweck zur Verfügung gestellt worden sei. Der Kläger hat im Wege der Stufenklage auf Rechnungslegung und auf Zahlung des sich aus dieser Abrechnung ergebenden Betrages an die GmbH geklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

In der Berufungsinstanz hat der Beklagte Widerklage für den Fall erhoben, daß die Berufung begründet ist; für diesen Fall soll der Kläger verurteilt werden, Auskunft darüber zu erteilen, wie er die Vermögenswerte der GmbH verwertet hat, und den aus dieser Auskunft sich ergebenden Betrag zu zahlen. Der Beklagte hat sich durch Teilvergleich zur Rechnungslegung verpflichtet und Rechnung gelegt. Der Kläger bestreitet, daß die in der Abrechnung aufgeführten Aufwendungen für Rechnung der GmbH getätigt worden sind. Er hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 140.120,– DM nebst Zinsen an die GmbH zu verurteilen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der Revision den zuletzt gestellten Klageantrag weiter.

Die Entscheidung ergeht wegen säumnis des Revisionsbeklagten als Versäumnisurteil (vgl. BGHZ 37, 79, 81).

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Allerdings hält das Berufungsgericht den Kläger zu Recht für befugt, den Anspruch der GmbH auf Herausgabe des zur Ausführung des Auftrags erhaltenen Geldes (§ 667 BGB) gegen den Beklagten als seinen Mitgesellschafter geltend zu machen. Zwar hat die innere Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft grundsätzlich den Vorrang vor der Gesellschafterklage. Die GmbH hat aber, seit sie im Handelsregister gelöscht ist, kein Vertretungsorgan mehr, das den Anspruch geltend machen könnte. Dieses müßte entsprechend § 273 Abs. 4 AktG erst neu bestellt werden (vgl. BGHZ 53, 264, 266; BGH, Urt. v. 18. April 1985 – IX ZR 75/84, WM 1985, 870, 871), was regelmäßig voraussetzt, daß der Antragsteller für Auslagen und Vergütung des Abwicklers einen Vorschuß leistet. Zwar muß ein Abwickler auch vorhanden sein, um den mit der Klage geltend gemachten Betrag entgegennehmen zu können. Wenn es um die Entgegennahme des Geldes aus den Händen des Gerichtsvollziehers geht, steht aber immerhin fest, daß die Klage und die Vollstreckung aus dem Urteil Erfolg hatten. Gesellschaftsinteressen sind nicht berührt, wenn der Gesellschafter bis dahin den Anspruch auf eigenes Kostenrisiko durchzusetzen versucht.

Ein Beschluß nach § 46 Nr. 8 GmbHG, der auch erforderlich ist, wenn es um die Herausgabe des zur Ausführung der Geschäftsführung Erlangten geht (vgl. Zöllner in Baumbach/ Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 46 Rdn. 38), erübrigt sich in einer zweigliedrigen GmbH, weil die Beschlußfassung wegen des Stimmrechtsausschlusses des in Anspruch zu nehmenden Gesellschafters eine überflüssige Formalität bedeuten würde (vgl. Zöllner, ZGR 1988, 392, 410).

2. a) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger könne – so das Berufungsgericht – den Zahlungsanspruch nur aus der Auskunft herleiten, die der Beklagte erteilt hat. Diese gebe aber für einen Anspruch nichts her. Zwar habe der Kläger bestritten, daß die in der Auskunft aufgeführten Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach entstanden seien. Hierbei habe er aber nicht stehenbleiben dürfen. Vielmehr habe es ihm oblegen, seine den geltend gemachten Rückerstattungsanspruch begründende Behauptung, der Beklagte habe tatsächlich nichts auf wenden müssen oder nur geringere als die von ihm angegebenen Kosten gehabt, näher darzulegen und unter Beweis zu stellen. Die Revision rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht in diesem Punkt die Darlegungs- und Beweislast verkannt hat.

b) Der Beauftragte hat gemäß §§ 667, 675 BGB dem Auftraggeber herauszugeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten hat; dazu gehört auch der Vorschuß (vgl. BGH, Urt. v. 3. Februar 1988 – IV a ZR 196/86, WM 1988, 763, 764). Will der Auftraggeber nicht das Risiko eingehen, daß seine Klage auf Herausgabe des Vorschusses abgewiesen wird, weil der Auftragnehmer im Prozeß nachweist, den Vorschuß ganz oder teilweise für Rechnung des Auftraggebers verbraucht zu haben, so wird er mit der Stufenklage zunächst Rechnungslegung fordern und erst danach den Zahlungsantrag beziffern. Der Auftraggeber kann aber das Kostenrisiko eingehen und sofort auf Rückzahlung des gesamten Vorschusses klagen. Ist – wie im vorliegenden Falle – unstreitig, daß der Auftragnehmer den Vorschuß erhalten hat, so ist es im Prozeß nur noch dessen Sache, im einzelnen darzulegen und zu beweisen, daß das Geld bei Erledigung des Auftrags für Rechnung des Auftraggebers verbraucht worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 13. November 1985 – IV a ZR 42/84, WM 1986, 158, 159; v. 18. November 1986 – IV a ZR 79/85, WM 1987, 79, 80; v. 3. Februar 1988 – IV a ZR 196/86, WM 1988, 763, 764). An dieser Beweislastverteilung ändert sich nicht dadurch etwas, daß der Auftraggeber zunächst auf Rechnungslegung klagt und erst dann Erstattung des gesamten Vorschusses fordert, weil er die Abrechnung nicht gelten lassen will.

3. Da das Berufungsgericht fälschlich den Kläger für beweispflichtig gehalten hat, ist das Urteil aufzuheben. Die Sache wird zurückverwiesen, damit der Beklagte Gelegenheit erhält, Beweis für die Richtigkeit seines Vortrags anzutreten, und das Berufungsgericht die Beweise erheben kann.

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