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BGH, Urteil vom 5. Juni 1975 – II ZR 23/74

GmbHG §§ 1, 13, 37 – Gesellschafterklage

a) Hat der Mehrheitsgesellschafter einer Zweimann-GmbH, satzungsmäßig die Geschäfte von Kommanditgesellschaften führt, die GmbH-Geschäftsführung dazu veranlasst, zu Lasten dieser Gesellschaften nachteilige Geschäfte vorzunehmen, so kann der zugleich an den Kommanditgesellschaften unmittelbar beteiligte Minderheitsgesellschafter berechtigt sein, von jenem Schadensersatz – und zwar auf Leistung an die benachteiligten Gesellschaften – zu verlangen; dasselbe kann gelten, wenn Tochtergesellschaften der Kommanditgesellschaften benachteiligt werden, in die sich die Leitungsmacht der GmbH fortsetzt.

Zudem verlangt auch hier insbesondere die für eine Gesellschaftermehrheit bestehende Möglichkeit, durch Einflußnahme auf die Geschäftsführung die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen, als Gegengewicht die gesellschaftsrechtliche Pflicht, auf diese Interessen Rücksicht zu nehmen. Unter welchen besonderen Voraussetzungen eine Treupflichtverletzung angenommen werden kann, die als Folge einen unmittelbaren Anspruch des davon betroffenen Gesellschafters auf Ausgleich des entstandenen Schadens begründet, ist hier nicht weiter zu erörtern; dies wird davon abhängen, welche satzungsmäßigen Zwecke die GmbH verfolgt, wie sie gesellschaftsintern gestaltet ist und welchen Umfang die Mitgliedschaft hat, außerdem aber auch, ob bereits die gesetzlichen und satzungsmäßigen Regelungen den benachteiligten Mitgliedern ausreichenden Rechtsschutz gewähren und den aus einer Treupflichtverletzung abgeleiteten Ansprüchen vorgehen. Den Ansprüchen des Klägers, die er im vorliegenden Prozeß erhoben hat, stehen jedenfalls weder in dieser Hinsicht noch sonst irgendwelche Hindernisse entgegen.

b) Der Kläger ist nicht durch die gesellschaftsrechtliche Ordnung, insbesondere das Organisationsrecht, daran gehindert, selber den auf Rückzahlung an die Kommanditgesellschaften und ausländischen Tochtergesellschaften gerichteten Schadensersatzanspruch gegen seine Mitgesellschafterin in der GmbH einzuklagen. Jedenfalls bei einer Zweimann-GmbH wie im vorliegenden Fall wäre es ein durch keine überzeugenden Gründe gerechtfertigter Umweg, wenn der Minderheitsgesellschafter erst durchsetzen müßte, daß die GmbH in den übrigen Gesellschaften die Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen veranlaßt oder selbst Ansprüche gegen ihren Mehrheitsgesellschafter erhebt (vgl. Wiedemann in WM, Sonderbeilage 4/1975 unter A. IV. 2. b).

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. November 1973 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Mit Vertrag vom 30. Oktober 1968 kaufte sich die Beklagte, die zum ITT-Konzern gehört, in die „G-Gruppe“ ein. Von der Inhaberfamilie blieb nur der Kläger an der Firmengruppe beteiligt, die ein in Deutschland und Europa führender Hersteller von Badezimmerarmaturen ist. An der Spitze der Firmengruppe steht die G Handelsgesellschaft mbH, deren Gesellschafter mit 85 % die Beklagte und mit 15 % der Kläger sind. Die GmbH wiederum stellt gemäß § 1 Abs. 3 ihres Gesellschaftsvertrags den Komplementär für die F-G Armaturenfabrik KG und die S & Co. KG, an denen sie mit 60 % und der Kläger als Kommanditist mit 40 % beteiligt sind. Das Mitwirkungsrecht des Klägers in bedeutenden Angelegenheiten der Kommanditgesellschaften ist, auch soweit es sich um Widerspruch gegen die Geschäftsführung handelt, vertraglich ausgeschlossen worden. Die Kommanditgesellschaften halten ihrerseits die Anteile an den Auslandsgesellschaften G Wien GmbH, G Rom S. r. L. und G Paris S. a. R. L. Zusammengefaßt beläuft sich die Beteiligung des Klägers an der Firmengruppe, zu der noch zwei weitere hier nicht interessierende inländische Gesellschaften gehören, auf 49 %, der Anteil der Beklagten auf 51 %.

Die ITT Industries Inc. (ITTI) ist seit Juni 1970 eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten und war zuvor eine Tochtergesellschaft der Stammgesellschaft I T and T Corporation (ITT). Mit der ITTI schlossen die Gesellschaften der G-Gruppe am 1. Januar 1970 ein sogenanntes Service-Agreement (Dienstleistungsvertrag) ab. Danach haben sie für die Einbeziehung in den Service, der die Vermittlung von Management-Wissen und -Techniken, Auswahl, Einsatz und Ausbildung von Führungskräften, Technische Beratung, Marketing-Beratung, Finanzberatung, EDV-Beratung und Public Relations zum Gegenstand haben soll, eine jährliche Vergütung in Form einer Konzernumlage (Contract Service Charge) von 1 % ihres Gesamtumsatzes zu zahlen. Dementsprechend entrichteten die beiden Kommanditgesellschaften und die drei Auslandsgesellschaften für das Jahr 1970 insgesamt 1.777.000 DM an die ITTI.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die beiden Kommanditgesellschaften 1.520.100 bzw. 57.000 DM und an die drei ausländischen Tochtergesellschaften 15.620 bzw. 32.620 bzw. 151.660 DM, insgesamt 1.777.000 DM, nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 1971 zurückzuzahlen. Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch stützt er darauf, daß die Beklagte kraft ihres Einflusses als Mehrheitsgesellschafterin der Firmengruppe deren Geschäftsleitung veranlaßt habe, mit der ITTI einen Beratungsvertrag abzuschließen, der ohne Gegenleistung einen Teil des Gewinns der Gruppe zugunsten der Beklagten abschöpfe und im Ergebnis zu einer vertragswidrigen Verteilung des Reingewinns führe.

Die Beklagte macht demgegenüber geltend, daß nicht sie, sondern die ITTI die Zahlungen erhalten habe, die allein aus dem zugrundeliegenden Dienstleistungsvertrag berechtigt und verpflichtet sei. Im übrigen sei für die auch von den anderen etwa 300 Konzernunternehmen gezahlte Umlage eine angemessene GegenleistungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
angemessene Gegenleistung
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erbracht worden, die sich zudem in einer nachdrücklichen Ertragssteigerung der Firmengruppe niedergeschlagen habe. Die gesamten Kosten für die zentralen Verwaltungen des ITT-Konzerns hätten gemessen an den Verkaufsumsätzen in den letzten drei Jahren bis 1970 nicht nur 1 % ausgemacht, sondern zwischen 1,21 % und 1,39 % gelegen. Die Konzernumlage sei überdies steuerlich anerkannt worden.

Land- und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge auf Verurteilung weiter; die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das Berufungsgericht hat die von dem Kläger geltend gemachten Ersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlungen, des Verstoßes gegen gesellschaftsrechtliche Pflichten sowie der Vorschrift des § 317 AktG geprüft und sie durchweg für unbegründet gehalten. Inwieweit seinen Ausführungen gefolgt werden könnte, kann – von einem unten zu erörternden Punkt abgesehen – dahingestellt bleiben. Die Revision hat aus anderen Gründen Erfolg.

1. Da in den Tatsacheninstanzen keine gegenteiligen Feststellungen getroffen worden sind, ist im Revisionsrechtszug von den Behauptungen des Klägers auszugehen, daß

a) der Konzernumlage, die der Kläger zurückzuzahlen verlangt, keine oder zumindest keine gleichwertigen Gegenleistungen gegenübergestanden haben, und

b) die Geschäftsführung der G Handelsgesellschaft mbH die Zahlungen der G-Gesellschaften an die ITTI aufgrund einer Anordnung der Beklagten – als der Mehrheitsgesellschafterin der GmbH – vorgenommen oder veranlaßt hat.

Trifft dieser Sachverhalt zu, dann hat es sich bei der Konzernumlage um eine einseitige verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gewinnausschüttung
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an die Beklagte (oder ihre 100%ige Tochtergesellschaft) gehandelt, und der Kläger hat einen – über die Wertminderung seines GmbH-Geschäftsanteils hinausgehenden und von ihr verschiedenen – Schaden erlitten. Dieser Schaden, dessen Ausgleich er durch Rückzahlung der Umlage verlangt, ist ihm nicht in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der GmbH entstanden, die selbst keinen Umlagebeitrag geleistet hat, sondern als Kommanditist der F G Armaturenfabrik KG und der S & Co. KG, wo der Substanzwert seiner Anteile bzw. der verteilbare Reingewinn verkürzt worden ist, und zwar unmittelbar, soweit diese beiden Gesellschaften Zahlungen geleistet, und mittelbar, soweit ihre drei Tochtergesellschaften zur Umlage beigetragen haben. Ob die Beklagte zur Wiederherstellung der Vermögenslage, wie sie vorher bestanden hatte, verpflichtet ist, mithin die an die ITTI abgeführten Beiträge an die fünf Gesellschaften, die diese geleistet haben, zurückzugewähren hat, hängt zunächst davon ab, ob die Beklagte mit der Durchsetzung der Konzernumlage in jenen Gesellschaften eine gegenüber dem Kläger in der GmbH bestehende Rechtspflicht zur Rücksichtnahme verletzt hat. Das ist zu bejahen.

Hierzu bedarf es keiner generellen Auseinandersetzung mit der umstrittenen Frage, ob und inwieweit die gesetzliche Ausgestaltung der GmbH als juristische Person Raum für die Annahme läßt, daß Rechte und Pflichten ihrer Gesellschafter nicht nur ihr zugeordnet sein, sondern auch zwischen diesen bestehen können. In Weiterführung der Senatsurteile vom 1. April 1953 (BGHZ 9, 157, 163) und vom 9. Juni 1954 (BGHZ 14, 25, 38) ist mit dem neueren Schrifttum (vgl. insbesondere Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 181 ff; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 270 ff m. w. N.; Wiedemann, Festschrift für Barz, S. 568 f) jedenfalls anzuerkennen, daß nicht nur die Beziehungen zwischen Gesellschaftern und GmbH, sondern auch die der Gesellschafter untereinander von der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht bestimmt sein können. Das hat seinen Grund darin, daß bei der GmbH unbeschadet ihrer körperschaftlichen Verfassung die nähere Ausgestaltung ihrer Organisation und ihre wirtschaftliche Betätigung oft in erheblichem Maß dem unmittelbaren Einfluß ihrer Gesellschafter unterliegen und die inneren Verhältnisse der GmbH daher auf eine deutliche Nähe zu den Personengesellschaften angelegt sein können. Zudem verlangt auch hier insbesondere die für eine Gesellschaftermehrheit bestehende Möglichkeit, durch Einflußnahme auf die Geschäftsführung die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen, als Gegengewicht die gesellschaftsrechtliche Pflicht, auf diese Interessen Rücksicht zu nehmen. Unter welchen besonderen Voraussetzungen eine Treupflichtverletzung angenommen werden kann, die als Folge einen unmittelbaren Anspruch des davon betroffenen Gesellschafters auf Ausgleich des entstandenen Schadens begründet, ist hier nicht weiter zu erörtern; dies wird davon abhängen, welche satzungsmäßigen Zwecke die GmbH verfolgt, wie sie gesellschaftsintern gestaltet ist und welchen Umfang die Mitgliedschaft hat, außerdem aber auch, ob bereits die gesetzlichen und satzungsmäßigen Regelungen den benachteiligten Mitgliedern ausreichenden Rechtsschutz gewähren und den aus einer Treupflichtverletzung abgeleiteten Ansprüchen vorgehen. Den Ansprüchen des Klägers, die er im vorliegenden Prozeß erhoben hat, stehen jedenfalls weder in dieser Hinsicht noch sonst irgendwelche Hindernisse entgegen.

Überhaupt keine Bedeutung hat die Tatsache, daß es sich bei der Zahlung der Konzernumlage und dem Abschluß des zugrundeliegenden Vertrags um eine Geschäftsführungsmaßnahme gehandelt hat, die Beklagte aber weder selbst in der Geschäftsführung tätig war noch sich nach den Regeln organschaftlicher Weisung (§ 37 Abs. 1 GmbHG), sondern rein „faktisch“ durchgesetzt hat. Für die Kommanditgesellschaft hat der Senat ausgesprochen, daß die Schadensersatzpflicht eines Gesellschafters bereits durch eine maßgebliche Beeinflussung zu einer pflichtwidrigen Geschäftsführungsmaßnahme begründet sein kann und nicht notwendig von der Geschäftsführungsbefugnis abhängt (Urt. v. 2.7.73 – II ZR 94/71, LM HGB § 105 Nr. 31); in der GmbH gibt es für die Freistellung des Mehrheitsgesellschafters, der die personelle Besetzung der Geschäftsführung bestimmt und so seine Wünsche informell leicht durchsetzen kann, ebensowenig einen sachlichen Grund.

Aus der Besonderheit des Falles, daß der Beklagten als Folge ihrer Einflußnahme auf die GmbH-Geschäftsführung der angestrebte Sondervorteil nicht aus dem GmbH-Vermögen, sondern aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaften sowie der drei zur Firmengruppe gehörenden ausländischen Gesellschaften – und zwar durch jeweils in diesen Gesellschaften getroffene Maßnahmen – zugeflossen ist, ergibt sich nichts anderes. Die gesellschaftsrechtliche Treupflicht ist zwar stets Inhalt eines bestimmten einzelnen Gesellschaftsverhältnisses und deshalb grundsätzlich auch nur auf Rechte, Pflichten und Interessen innerhalb dieser Gesellschaft bezogen. Bei einem Fall der vorliegenden Art muß aber von einer Treupflicht ausgegangen werden, die über die Gesellschaft hinausweist, deren gemeinsame Mitglieder die Beteiligten sind. Denn die GmbH ist gerade zur Leitung des Verbundes von (rechtlich selbständigen) Unternehmen eingesetzt, an denen die Parteien vermögensmäßig unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind, so daß sich der wesentliche Teil ihrer Geschäftstätigkeit in den angeschlossenen Gesellschaften verwirklicht. Die beiden Kommanditgesellschaften sind organisatorisch von der GmbH abhängig und unter deren einheitlicher Leitung in der Weise zusammengefaßt, daß die GmbH in ihnen die ausschließliche Geschäftsführungsbefugnis innehat. Diese Leitungsmacht der GmbH setzt sich in die drei ausländischen Gesellschaften dergestalt fort, daß die Anteile daran den beiden Kommanditgesellschaften zustehen. Dementsprechend verfolgt die GmbH auch satzungsmäßig den Zweck (§ 1 Abs. 3 Satz 2), „daß sie sich an der F G Armaturenfabrik und ähnlichen Kommanditgesellschaften als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt“.

Der Zweck der GmbH, die Leitungsmacht in den wirtschaftlich den beiden GmbH-Gesellschaftern gehörenden Tochtergesellschaften auszuüben, und die tatsächliche Verwirklichung dieses Zwecks in der konzernierten Firmengruppe können nicht ohne Einfluß auf den Geltungsbereich der Treupflicht des Mehrheitsgesellschafters der GmbH bleiben. Wären die einzelnen Unternehmen der Gruppe in einer Personengesellschaft oder GmbH zusammengefaßt oder hätten sich die Parteien in jeder Tochtergesellschaft unmittelbar beteiligt, wäre nicht zweifelhaft, daß der Kläger geltend machen könnte, die Beklagte habe die Konzernumlage treuwidrig durchgesetzt und diese sei daher zurückzugewähren. Die Treupflicht kann allein wegen der abweichenden organisatorischen Gestaltung und rechtlichen Einkleidung nicht anders zu beurteilen sein.

Soweit sich entgegen dieser Anerkennung der Treupflicht als Haftungsgrundlage aus dem Urteil BGHZ 31, 258 ergibt, daß Gesellschafter einer GmbH durch Weisungen an den Geschäftsführer nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB schadensersatzpflichtig werden können (S. 278 f), hält der Senat an seiner damaligen Auffassung als zu eng nicht fest.

2. Der Kläger ist nicht durch die gesellschaftsrechtliche Ordnung, insbesondere das Organisationsrecht, daran gehindert, selber den auf Rückzahlung an die Kommanditgesellschaften und ausländischen Tochtergesellschaften gerichteten Schadensersatzanspruch gegen seine Mitgesellschafterin in der GmbH einzuklagen. Jedenfalls bei einer Zweimann-GmbH wie im vorliegenden Fall wäre es ein durch keine überzeugenden Gründe gerechtfertigter Umweg, wenn der Minderheitsgesellschafter erst durchsetzen müßte, daß die GmbH in den übrigen Gesellschaften die Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen veranlaßt oder selbst Ansprüche gegen ihren Mehrheitsgesellschafter erhebt (vgl. Wiedemann in WM, Sonderbeilage 4/1975 unter A. IV. 2. b). Mögliche eigene Schadensersatzansprüche der GmbH verdrängen auch nicht – unbeschadet des Ausschlusses einer Doppelhaftung (vgl. Wiedemann aaO) – den Anspruch des Klägers.

3. Das Berufungsgericht hat eine Pflichtverletzung durch die Beklagte in objektiver Hinsicht unterstellt, die Klage aber daran scheitern lassen, daß es an einem Verschulden fehle. Da die Vereinbarung über die Zahlung der Konzernumlage den Überzeugungen und dem sonstigen Verhalten der Beklagten entspreche, sei eine feststellbare Sorgfaltsverletzung gegenüber dem Kläger zu verneinen. Im einzelnen führt das Berufungsgericht als Gründe für das fehlende Verschulden an, daß die Konzernumlage auch von den übrigen etwa 300 Unternehmen des Konzerns entrichtet werde, bei der Firmengruppe erhebliche wirtschaftliche Erfolge zu verzeichnen seien, die Unkosten der Konzernverwaltung mehr als 1 % des Umsatzes ausmachten und eine solche Umlage allgemeiner Übung entspreche. Außerdem habe die Beklagte die Umlage deshalb für berechtigt halten dürfen, weil die deutschen Finanzbehörden sie in der gezahlten Höhe als Betriebsausgaben anerkannt hätten. Diese Gründe tragen jedoch das klagabweisende Urteil nicht.

Auf den Geschäftsanstieg bei den Gruppenfirmen konnte sich das Berufungsgericht schon deshalb nicht stützen, weil es hierfür vielfältige andere Gründe als irgendwelche – der Umlage adäquate – Konzernleistungen geben konnte; außerdem hatte der Kläger vorgetragen, die Entwicklung seines von der Beklagten unabhängig gebliebenen väterlichen Unternehmens sei ebenso günstig verlaufen. Die widerspruchslose Zahlung durch 300 andere Konzernunternehmen läßt noch keine Rückschlüsse auf die Berechtigung der Umlage bei der G-Gruppe zu, die ihre eigenen, mit denen der anderen Konzernunternehmen nicht ohne weiteres vergleichbaren wirtschaftlichen Zwecke verfolgt; außerdem hat das Berufungsgericht hierzu die Behauptung des Klägers übergangen, der ITT-Konzern sei an jenen Gesellschaften durchweg mit 100 % beteiligt, so daß ein Widerspruch im Hinblick auf außenstehende Gesellschafter gar nicht in Betracht gekommen sei. Das Verhältnis der Kosten der Konzernverwaltung zur Höhe des Umsatzes sagt nichts darüber aus, sondern gibt allenfalls Anhaltspunkte, was der G-Gruppe an Leistungen zugute gekommen ist. Die Anerkennung der Umlagen durch die Finanzbehörden könnte die Beklagte, die eine selbständige kaufmännische Beurteilung vorzunehmen hatte, nicht entlasten, wenn die Umlagen objektiv nicht berechtigt waren, dies aber entweder nicht erkannt worden ist oder andere als handelsrechtliche Beurteilungsmaßstäbe zugrunde gelegt worden sind. Sollte das Berufungsgericht angenommen haben, sich hinsichtlich der von ihm verwerteten Indizien auf allgemeine Erfahrungssätze stützen zu können, hätte es dies begründen müssen.

Im übrigen hat das Berufungsgericht zu Unrecht Zweifel daran gelassen, daß die Anwendung des § 708 BGB zu keinem abgemilderten Verschuldensmaßstab führt: die Beklagte, selbst ein Großunternehmen, hatte entsprechend § 43 Abs. 1 GmbHG in bezug auf die individuellen Verhältnisse der von der GmbH geleiteten Firmengruppe die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anzuwenden, wenn sie für ihre eigenen Zwecke die Geschäftsführung der GmbH beeinflußte.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif und daher zurückzuverweisen. Bei der anderweiten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht prüfen müssen, ob in einem Falle der vorliegenden Art die Frage nach einem Verschulden der Beklagten überhaupt zuverlässig beurteilt werden kann, solange keine Feststellung darüber getroffen worden ist, welche objektive PflichtverletzungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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und welcher konkrete Schaden vorliegt.

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