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BGH, Urteil vom 8. Juli 1996 – II ZR 258/95

§ 164 BGB, § 4 Abs 2 GmbHG

1. Die Rechtsscheinhaftung wegen Fortlassung des nach GmbHG § 4 Abs 2 vorgeschriebenen Formzusatzes trifft ausschließlich den für die Gesellschaft auftretenden Vertreter.

Zutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Zeuge S. habe durch sein Handeln im Namen der TV-Hifi-Proficenter die damalige – inzwischen unter der Firma Mega TV T. GmbH in das Handelsregister eingetragene – Vorgesellschaft verpflichtet. Dies entspricht – wenn man wie das Berufungsgericht von der Richtigkeit der Bekundung des Zeugen S. ausgeht und nicht den ursprünglichen, jedenfalls nicht endgültig aufgegebenen Vortrag der früheren Kläger zugrunde legt, der Beklagte persönlich habe am 12. Februar 1991 den Bauauftrag erteilt – der gefestigten Rechtsprechung des Senats zu den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Vertreterhandelns (vgl. SenUrt. v. 15. Januar 1990 – II ZR 311/88, WM 1990, 600 m.w.N.; SenUrt. v. 24. Juni 1991 – II ZR 293/90, ZIP 1991, 1004 = NJW 1991, 2627 m. Anm. Canaris). Von seinem genannten Ausgangspunkt unzutreffend ist jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte persönlich habe aus dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinhaftung für das Verhalten S.s einzustehen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt SenUrt. v. 24. Juni 1991 aaO m.w.N.) haftet der für eine GmbH im Geschäftsverkehr Auftretende – gleichgültig, ob der Geschäftsführer selbst oder ein anderer Vertreter für das Unternehmen handelt – wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 GmbHG dann, wenn er durch sein Zeichnen der Firma ohne Formzusatz das berechtigte Vertrauen des Geschäftsgegners auf die Haftung mindestens einer natürlichen Person hervorgerufen hat. Dieselben Grundsätze sind auch auf den hier gegebenen Fall anzuwenden, daß nicht für die bereits eingetragene GmbH, sondern nach Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages für die Vorgesellschaft, deren Aktiva und Passiva mit Eintragung der GmbH in das Handelsregister ohne weiteres auf die als solche (§ 11 Abs. 1 GmbHG) entstandene Gesellschaft übergehen (vgl. BGHZ 80, 129 ff., 134-140), rechtsgeschäftlich gehandelt wird (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. § 4 RdNr. 18; Hachenburg/Heinrich, GmbHG, 8. Aufl. § 4 RdNr. 113). Auch die für eine Vorgesellschaft handelnde Person hat durch die Zeichnung deutlich zu machen, daß sie für ein Unternehmen handelt, dessen Haftungsfonds künftig beschränkt sein wird.

Diese Rechtsscheinhaftung trifft jedoch nur den für das Unternehmen handelnden Vertreter selbst. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts war dies allein der Zeuge S., so daß allenfalls für ihn eine Haftung wegen veranlaßten Rechtsscheins, nicht aber für den Beklagten in Betracht kommt, der im übrigen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts Herrn S. nicht für sich, sondern lediglich in seiner Eigenschaft als Einzelprokurist für die Gesellschaft bevollmächtigt hat.

2. Mündliche Geschäftsabschlüsse begründen nicht das die Rechtsscheinhaftung auslösende Vertrauen, vielmehr ist „Zeichnung“ des Vertreters unter Fortlassung des Formzusatzes oder die ausdrückliche mündliche Verneinung des Handelns für eine GmbH erforderlich.

Fehlt danach schon die grundlegende Voraussetzung, daß der Beklagte der im Geschäftsverkehr für die Gesellschaft Auftretende im Sinne der genannten Rechtsprechung war, so kommt es auf die von dem Berufungsgericht in den Mittelpunkt seiner Erörterungen gestellte Frage nicht entscheidend an, ob auch ein bloß mündliches rechtsgeschäftliches Handeln ohne Hinweis auf die nur beschränkte HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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des Unternehmensträgers geeignet ist, bei dem Vertragspartner das schützenswerte Vertrauen zu begründen, der Inhaber des Unternehmens hafte ihm gegenüber persönlich und unbeschränkt. Der Senat weist allerdings darauf hin, daß sein Urteil vom 24. Juni 1991 (II ZR 293/90, NJW 1991, 2627) entgegen der Meinung des Berufungsgerichts keine Abkehr von seiner gefestigten, auch an § 35 Abs. 2 und 3 GmbHG anknüpfenden Rechtsprechung (vgl. BGHZ 64, 11, 17; SenUrt. v. 1. Juni 1981 – II ZR 1/81, NJW 1981, 2569 f. <unter 3.>; zustimmend Hachenburg/Heinrich aaO, § 4 RdNr. 58) enthält, nach der mündliche Erklärungen nicht geeignet sind, das zur Rechtsscheinhaftung führende Vertrauen zu begründen.

Schlagworte: mündliche Geschäftsabschlüsse, Rechtsscheinhaftung, Vor-GmbH