Einträge nach Montat filtern

BGH, Urteile vom 17. April 2012 – II ZR 95/10, II ZR 152/10

a) Ein Gesellschafter, der noch unter der Geltung der Doppelverpflichtungstheorie einer Fondsgesellschaft beigetreten ist, haftet für die Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft beschränkt auf den seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Teilbetrag der Verbindlichkeiten. Aus Gründen des Vertrauensschutzes für die vor der Änderung der Rechtsprechung zur Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(BGH, Urteil vom 27. September 1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315; Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) geschlossenen Verträge kann sich der Gesellschafter weiterhin auf eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung unter der Voraussetzung berufen, dass die Haftungsbeschränkung dem Vertragspartner mindestens erkennbar war (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1, 5).

b) Allerdings verringern die von der GbR geleisteten Zahlungen und die aus ihrem Vermögen erzielten Erlöse die persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Haftung
persönliche Haftung
des Gesellschafters nicht; seine quotale Haftung als Gesellschafter bemisst sich nicht nach der im Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme noch offenen Darlehensschuld, sondern nach dem Nominalbetrag des ausgereichten Darlehens. Insoweit gilt, dass Zahlungen und sonstige Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen nicht kraft Gesetzes auf die Haftungsanteile anzurechnen sind (BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 – II ZR 263/09, ZIP 2011, 909 Rn. 26 ff.; Urteil vom 8. Februar 2011 – II ZR 243/09, ZIP 2011, 914 Rn. 17 ff.; Urteil vom 19. Juli 2011 – II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 45; Urteil vom 21. September 2011 – II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rn. 28). Aus der rechtlichen Einordnung der Gesellschafterhaftung als akzessorische Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 358) ergibt sich nichts Gegenteiliges.

c) Der Grundsatz der Akzessorietät von Gesellschaftsschuld und Gesellschafterhaftung besagt, dass der Bestand der Gesellschaftsschuld die Obergrenze für die jeweilige persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Haftung
persönliche Haftung
der Gesellschafter bildet. Ob und in welchem Umfang Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen oder Erlöse aus dessen Verwertung nicht nur die Schuld der Gesellschaft, sondern auch den Haftungsbetrag jedes einzelnen Gesellschafters verringern, beurteilt sich ausschließlich nach dem Inhalt der die Gesellschaftsschuld begründenden Vereinbarung.

d) Der Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft objektiv auszulegen ist (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 19. März 2007 – II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Rn. 18; Urteil vom 11. Januar 2011 – II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 12 m.w.N.; Urteil vom 19. Juli 2011 – II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46); gleiches gilt für den Fondsprospekt.

e) Hingegen ist die Auslegung einer Individualvereinbarung zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters und revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob der Tatrichter gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht gelassen hat (st. Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 8. November 2004 – II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83; Urteil vom 7. März 2005 – II ZR 194/03, ZIP 2005, 1068, 1069; Urteil vom 16. März 2009 – II ZR 68/08, ZIP 2009, 880 Rn. 12; Beschluss vom 14. Juni 2010 – II ZR 135/09, ZIP 2010, 1442 Rn. 7).

f) Die persönliche gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter entspricht dem Wesen der Personengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen, weil die Gesellschaft kein eigenes, zu Gunsten ihrer Gläubiger gebundenes garantiertes Haftkapital besitzt (BGH, Urteil vom 7. April 2003 – II ZR 56/02, BGHZ 154, 370, 373). Begnügt sich ein Kreditgeber hiervon abweichend mit der teilschuldnerischen Haftung der Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, sollen jedoch darüber hinaus Zahlungen und Erlöse aus dem Gesellschaftsvermögen die vom ursprünglichen Darlehensbetrag berechneten Haftungsbeträge der Gesellschafter vermindern, bedarf dies einer eindeutigen Vereinbarung (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 – II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 34; Urteil vom 19. Juli 2011 – II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 53; Urteil vom 27. September 2011 – II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rn. 31).

Schlagworte: Auslegung, Gesellschafterhaftung, Personengesellschaft, Publikumspersonengesellschaft