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FG Köln, Urteil vom 08.10.2015 – 13 K 2932/14

§ 57 FGO, § 58 FGO, § 62 FGO, § 66 Abs 5 GmbHG, § 273 Abs 4 AktG, § 35 Abs 1 S 2 GmbHG, § 15 HGB, § 13e Abs 2 S 4 HGB, § 122 Abs 1 AO, § 166 AO

1. Eine britische Limited ist auch nach Löschung im britischen Handelsregister beteiligtenfähig im Sinne der Finanzgerichtsordnung. Dies gilt unabhängig von der Frage, wie sich die im englischen Handelsregister konstitutiv wirkende Löschung der Limited auf das Vermögen in Deutschland auswirkt. Für die Beteiligtenfähigkeit ist insbesondere unerheblich, ob die Limited noch Vermögen in Deutschland hat und ob dadurch nach zivilrechtlicher Rechtsprechung eine sog. Restgesellschaft oder Spaltgesellschaft entsteht.

2. Auch eine ausländische KapitalgesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
ausländische Kapitalgesellschaft
Kapitalgesellschaft
ist nach ihrer Löschung im Handelsregister und ihrer Abwicklung solange als fortbestehend anzusehen, wie sie steuerliche Pflichten zu erfüllen hat oder gegen sie ergangene Steuerbescheide angreift.

3. Das Finanzamt kann gegenüber einer gelöschten Limited, deren Zweigniederlassung im deutschen Handelsregister angemeldet und eingetragen ist, aber deren Erlöschen der (frühere) Geschäftsführers, der weiterhin als Empfangsbevollmächtigter eingetragen ist, gegenüber dem deutschen Handelsregister nicht angezeigt hat, wirksam Steuerbescheide erlassen und an den (früheren) Geschäftsführer bekannt geben (Rechtsscheinhaftung § 15 HGB).

4. Die im britischen Handelsregister gelöschte Limited ist nicht durch den Geschäftsführer als früherem Vertretungsorgan prozessfähig; die von ihm erhobene Klage für die Limited ist unzulässig. Eine aktive Vertretungsmacht des Geschäftsführers nach Löschung der Limited ergibt sich weder aus britischem noch deutschem Recht oder der zivilrechtlichen Rechtsprechung zur sog. „Rest- oder Spaltgesellschaft“ oder der „Rechtsscheinhaftung“ nach § 15 HGB.

5. Der Gesetzgeber hat eine eigenständige Rechtsgrundlage zur steuerrechtlichen Vertretung einer gelöschten britischen Limited (oder anderer ausländischer Kapitalgesellschaften) nicht geschaffen. Eine analoge Anwendung von § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, der lediglich eine passive Vertretungsmacht regelt, oder §§ 66 Abs. 5 GmbHG, 273 Abs. 4 AktG ist ausgeschlossen.

6. Ein „Fortwirken“ einer Vollmacht nach § 62 FGO über das Erlöschen der Limited hinaus, käme für den (früheren) Geschäftsführer nur in Betracht, wenn ihm eine über die (frühere) organschaftliche Stellung hinausgehende Bevollmächtigung erteilt worden wäre.

7. Bei einer etwaigen Haftungsinanspruchnahme des zwar passiv aber nicht aktiv vertretungsberechtigten früheren Geschäftsführers der gelöschten Limited kommt der Finanzbehörde § 166 AO  nicht zugute. Die wirksame Steuerfestsetzung gegenüber der Limited hat keine Drittwirkung gegenüber dem ehemaligen Geschäftsführer.

8. Soweit die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 6. Januar 2014 (IV C 2 – S 2701/10/10002, BStBl I 2014, 111, Rn. 6; zuvor bereits Verfügung der OFD Hannover vom 3. Juli 2009, DStR 2009, 1585; kritisch hierzu bereits Gerichtsbescheid des FG Münster vom 26. Juli 2011 9 K 3871/10 K, EFG 2012, 533) sowie Teile der zivilrechtlichen Rechtsprechung (so wohl Thüringer OLG vom 22. August 2007 6 W 244/07, NZI 2008, 260) eine grundsätzliche Vertretungsmacht durch die bisherigen Vertretungsorgane annehmen, überzeugt dies nicht, da eine Rechtsgrundlage nicht genannt wird und auch nicht ersichtlich ist.

Schlagworte: Limited