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BGH, Urteil vom 16. April 2013 – II ZR 118/11

HGB §§ 161, 122; EStG § 36, 43

a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei einer werbenden Personenhandelsgesellschaft die gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 EStG durch Abzug auf Kapitalerträge der Gesellschaft erhobene Einkommensteuer (Kapitalertragsteuer) vermögensmäßig als Abzug von Gesellschaftskapital anzusehen und durch deren steuerliche Anrechnung auf die Einkommensteuer des Gesellschafters wie eine Entnahme ihres Gesellschafters zu behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1995 II ZR 42/94, ZIP 1995, 462, 464).

b) Der Abzug der Kapitalertragsteuer von den Kapitalerträgen der ihrerseits nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Personenhandelsgesellschaft bewirkt im Hinblick auf die Anrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld der Gesellschafter als Mitunternehmer nach § 2 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, die entweder zur Minderung der Einkommensteuerschuld des Gesellschafters oder zu einer Steuererstattung nach § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG führt. Der hierdurch erlangte Vorteil kann zivilrechtlich nicht anders bewertet werden, als sei der Gesellschaft zunächst der gesamte Kapitalertrag zugeflossen und sodann von ihr im Umfang der Kapitalertragsteuer zur Leistung einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld der Gesellschafter verwendet worden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1995 II ZR 42/94, ZIP 1995, 462, 464).

c) Ob die Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter einen Anspruch darauf hat, dass er ihr den einbehaltenen Teil der Kapitalertragsteuer erstattet, richtet sich sodann nach dem Gesellschaftsvertrag (BGH, Urteil vom 30. Januar 1995 II ZR 42/94, ZIP 1995, 462, 464). Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Erhebung der Solidaritätszuschläge (§ 1 Abs. 2 SolZG 1995).

d) Der auf Erstattung einer unberechtigten Entnahme gerichtete Anspruch der Gesellschaft ist, wie sich aus § 111 HGB ergibt, mit Herausnahme des Geldes aus der Gesellschaftskasse fällig (Goette in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 111 Rn. 24 m. w. N.). Wird Vermögensverschiebung dadurch bewirkt, dass die Gesellschaft durch die Abführung von Zinsabschlägen eine Vorauszahlung auf eine Steuerschuld des Gesellschafters leistet, entsteht der Anspruch der Gesellschaft auf Erstattung des Geleisteten bereits mit der den Anrechnungsanspruch des Gesellschafters gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auslösenden Erhebung der Kapitalertragsteuer. Mit der Entstehung des Anrechnungsanspruchs ist die für den Erstattungsanspruch maßgebliche Vermögensverschiebung zu Gunsten des Gesellschafters bewirkt.

Schlagworte: Auslegung, Entnahme, Erstattung, Gesellschaftsvertrag, Kapitalertrag, Kommanditgesellschaft, Steuerrecht